"Diese Bildungsexpansion sieht man aus der heutigen Perspektive natürlich viel klarer. Mitte der 60er Jahre ist in den Zeitungen und Zeitschriften ganz viel darüber geschrieben worden und ich kann mich noch daran erinnern, dass ich das damals auch selbst gelesen habe. Aber ich glaube, viele aus meiner Generation haben dann schon einen eigenen Weg gefunden. Ich habe damals z. B. festgestellt, dass ich die Mittlere Reife nachmachen kann, was ich an einer Abendschule dann auch gemacht habe. Das waren Wege, die sich da für uns Frauen geöffnet haben, weil die Ausbildungs- und Bildungsinstitutionen auch bereits entsprechend geschaffen und ausgebaut worden waren. Man konnte das halt nur machen, weil das inzwischen möglich geworden war. Das waren wirklich gute und intensive Jahre. In der Gesamtheit glaube ich, dass diese damalige Bildungsdiskussion gerade für Mädchen, gerade für Kinder aus sogenannten einfachen Schichten ganz, ganz wichtig und entscheidend gewesen ist, weil sie Wege geöffnet hat. Wir Mädchen, wir jungen Frauen damals hatten dadurch nicht nur einen Ansporn, mehr zu lernen, sondern es war uns auch möglich, dadurch in andere berufliche Ebenen vorzustoßen, als das noch bei der Elterngeneration der Fall gewesen war."

Hildegard Kronawitter