"Das war in den Proben außerordentlich schwierig, denn jede kleinste Veränderung, vor allem jede kleinste metrische Veränderung brachte Karajan zur Weißglut. Aber am Abend bei der Aufführung war es dann ein wahres Paradies mit ihm zu spielen. (...)  Bei Lenny, also bei Leonard Bernstein, war es das genaue Gegenteil. Für Lenny war die Musik das, was er dabei empfand. Bei Karajan waren es kosmische Gesetze und der Mikrokosmos Mensch hatte da nicht viel mitzureden: Er hatte nur diesen kosmischen Gesetzen zu gehorchen. Bei Lenny war es umgekehrt: Kosmische Gesetze oder dergleichen interessierten ihn überhaupt nicht. Das hingegen, was er erlebte, das war die Wahrheit. Und die erlebte er natürlich jeden Tag anders. Insofern war es also das Schönste, mit ihm zu proben. Jede Probe war etwas ganz anderes, war immer neu und gespickt mit Überraschungen. Leider war das auch manchmal in den Konzerten so."

Justus Frantz