Handzuginstrumentenmacher/-in Handwerklicher Alleskönner
Ein großes Akkordeon besteht aus über 2.000 Einzelteilen, die der Handzuginstrumentenmacher zuerst anfertigen und in nahezu doppelt so vielen Arbeitsschritten zusammenbauen muss. Ob Metall, Holz oder Eisen - viele verschiedene Arbeitstechniken sind hier gefragt, um dieses riesige Instrumentenpuzzle zusammensetzen zu können.
Andreas Schertel ist ein Virtuose auf dem Akkordeon und ein leidenschaftlicher Tüftler an diesem kompliziertem Instrument. Schon viele Ziehharmonikas hat er zerlegt, die einzelnen Bauteile studiert und anschließend wieder zusammengebaut. Eigentlich wollte er einmal Lehrer werden, aber seine Begeisterung für dieses Instrument hat sich durchgesetzt und jetzt sitzt er in einem mit Ersatzteilen und Werkzeugen vollgestopften Raum bei der Firma Harmona im sächsischen Klingenthal. Dort repariert und überarbeitet er Instrumente, die Musiker aus aller Welt hier vorbeibringen.
Andreas Schertel kennt alle Produktionsschritte in seiner Firma, die noch selbst fast alle Bauteile herstellt: in der Metallwerkstatt beispielsweise das Zusammenschweißen von Drähten zu Wellen mit Mitführstiften - wichtig für die Bassmechanik -, in der Holzabteilung das Aussägen und Zusammenleimen von Gehäusen und Stimmstöcken, bei den Papierspezialisten das aufwendige Fertigen von Bälgen, mit denen im Akkordeon der Luftstrom erzeugt wird. Überall in diesem industriellen Betrieb sind Handzuginstrumentenmacher beschäftigt. Sie haben die vielen verschiedenen Arbeitsschritte im Hause in ihrer Ausbildung kennengelernt, sich aber danach auf eine ganz bestimmte Tätigkeit spezialisiert.
Wichtig für diesen Beruf ist, vor allem mit großer Sorgfalt zu arbeiten. Denn ein falsches Puzzleteil macht sofort Probleme beim nächsten Arbeitsschritt. Nicht jede Tätigkeit im Betrieb ist unbedingt angenehm: der Umgang mit Celluloid verlangt den Einsatz von Leim und Lösungsmitteln, abgeschliffene Kunststoffteilchen können die Atemwege reizen und Allergien auslösen, dazu ist es oft sehr laut, wenn Sägen und Poliermaschinen im Einsatz sind.
"Man kann vor allem beim Aufwachsen Fehler machen - indem man zu viel oder zu wenig Wachs nimmt, so dass es dann nicht richtig dicht wird. Oder manchmal, wenn man zu zittrig ist, dann läuft auch das Wachs über die Stimmplatten drüber, dass am Ende die Zunge auch nicht schwingen kann und die Ventile verklebt sind, also da muss man eine ruhige Hand auch haben."
Linda Schilde (21), 2.Lehrjahr: beim Aufkleben der Stimmplatten in den Stimmstock.
Andreas Schertel hat ein sehr gutes Gehör und weiß sofort, welche Töne falsch sind. Das ist bei diesem Beruf von Vorteil. Er staunt über die ausgetüftelte Mechanik, die sich Instrumentenbauer vor fast 200 Jahren einmal ausgedacht haben und die bis heute stetig verbessert wurde. Er selbst hat schon Pläne im Kopf, wie er dem Akkordeon zu neuen Klang- und Spielmöglichkeiten verhelfen könnte. Verraten will er aber noch nichts. Denn demnächst möchte er erst einmal seine Meisterprüfung ablegen.
"Meine Zukunft sehe ich hier im Werk, ich könnte natürlich mich auch selbstständig machen als Reparateur, das wäre kein Problem, als Akkordeonbauer kann man das. Aber hier im Werk, ich habe immer vielseitige Aufgaben, bei unterschiedlichen Akkordeons habe ich immer unterschiedliche Aufgabenstellungen, einfach das ganze Umfeld, das ganze Klima, das passt mir sehr gut."
Andreas Schertel, angehender Meister
Die wichtigsten Fakten zur Ausbildung
- Offizielle Berufsbezeichnung: Handzuginstrumentenmacher/-in
- Ausbildungsdauer: 3 Jahre
- Ausbildungsform: dual: Schule und Betrieb, aber auch eine rein schulische Ausbildung an einer Berufsfachschule möglich
- Ausbildungsorte: Industrie- und Handwerksbetrieb, Berufsschule, Berufsfachschule
- Prüfung: Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer
- Zugangsvoraussetzungen: Für Duale Ausbildung keine bestimmte Schulbildung vorgeschrieben, an Berufsfachschulen Hauptschulabschluss und Aufnahmeprüfung
- Eignung: handwerkliches Geschick, Sorgfalt, Musikinstrument spielen, gute Kunden- und Serviceorientierung
- Perspektiven: Beschäftigung in Industrie- und Handwerksbetrieben, in den Reparaturabteilungen von Musikgeschäften, Weiterbildung zum Handwerksmeister, Selbstständigkeit auch ohne Meisterprüfung und Berufserfahrung möglich.
- Alternativen: Ausbildung zum Zupfinstrumentenmacher, Geigenbauer, Bogenmacher, Holzblasinstrumentenmacher
Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten der Arbeitsagentur:
Die wichtigsten Infos zum Beruf
Geschick
Ein großes Akkordeon besteht aus mehr als 2.000 Einzelteilen. Handzuginstrumentenmacher müssen deshalb als Handwerker mit ganz unterschiedlichen Materialien umgehen können: Ob aus Holz, Metall, Pappe oder anderen Materialien - sie müssen mit ganz unterschiedlichen Werkstoffen umgehen, daraus Einzelteile fertigen und sie anschließend zusammenbauen können.
Genauigkeit
Viele Arbeitsschritte verlangen eine ruhige Hand und Präzision. Sollte ein Bauteil wie eine Stimmplatte im Stimmstock nicht exakt an ihrem Platz eingebaut sein, dann erzeugt der Spieler einen falschen Ton oder ungewolltes Pfeifen. Ein einmal eingebauter Fehler lässt sich nur mit viel Aufwand wieder korrigieren.
Gefahr
Vorbereitende Arbeiten wie das Aussägen von Hölzern bringen wie alle Schreinertätigkeiten dieser Art auch Gefahren mit sich: Vorsichtiger Umgang mit der Kreissäge ist ratsam. In der Metallabteilung sollte der Handzuginstrumentenmacher ebenfalls auf seine Hände aufpassen: das Ausstanzen von Ziermustern aus Abdeckblechen ist gefährlich. Und auch der Umgang mit Celluloid-Verkleiden, Lösungsmitteln und Kunststoff - Stäuben birgt Gefahren für die Gesundheit.