Destillateur/-in Sie sorgen für den Geist in Flaschen
Destillateure erzeugen Essenzen, Grundstoffe und ätherische Öle und mischen sie nach Rezept mit hochprozentigem Alkohol, Zucker und Wasser. Das Ergebnis: Spirituosen. Etwa Liköre, Weinbrände, Rum. Ausserdem sorgen Destillateure dafür, dass die edlen Spirituosen nicht nur gut riechen und schmecken, sondern auch gut aussehen.
Silas Fischer hat eine feine Nase. Der 21-Jährige macht eine Ausbildung zum Destillateur im oberbayerischen Hausham am Schliersee. Destillateure müssen kräftig zupacken können. Es gibt immer etwas zu schleppen, zu schieben und zu wuchten. Und: Lehrlinge dürfen nicht zu temperaturempfindlich sein. In der Brennerei herrscht eine Bullenhitze, in den Hallen und Kellern ist es stattdessen oft kalt. In großen Unternehmen ist Schichtdienst die Regel. Die Lehre dauert drei Jahre. Die Ausbildung findet meist in Produktionshallen, Lagern und Laboren industrieller Destillationsbetriebe statt. Vereinzelt bieten auch Unternehmen, die Aromen herstellen, Lehrstellen an.
Hochwertiges aus dem Mittellauf
Silas steht kurz vor dem Ende der Ausbildung. Sobald er den Gesellenbrief in der Tasche hat, kann es weitergehen auf der Karriereleiter. Techniker? Meister? Ein eigener Betrieb? Oder ein Studium - etwa zum Lebensmitteltechnologen? Das ist alles drin. Vorher drückt Silas wie alle Lehrlinge aber noch die Schulbank - zusätzlich zur Ausbildung im Betrieb. Die einzige Berufsschule für Destillateure steht in Dortmund. Für Silas heißt das: zwei Mal im Jahr packt er für sechs bis sieben Wochen die Koffer und fährt vom Schliersee fast siebenhundert Kilometer gen Norden. Obwohl die Freunde daheim bleiben, die Fahrerei teuer und anstrengend und die Wohnungssuche in Dortmund schwierig ist: Der Blockunterricht bringt ein Menge und macht Silas Spaß. Denn Theorie und Praxis stehen im Fritz-Henßler-Berufskolleg gleichermaßen auf dem Stundenplan. Silas und die anderen Lehrlinge lernen hier etwa, warum sich die Qualität des Destillats während des Brennens stark verändert. Besonders hochwertige Alkohole und Aromen befinden sich im Mittellauf. Was davor und danach aus der Brennblase kommt taugt nicht für Spirituosen. Da stecken etwa die sogenannten Fuselalkohole drin. Die schmecken nicht und machen einen dicken Kopf. Daher kommt der Ausdruck Fusel für einen schlechten Schnaps. Eine typische Aufgabe der Azubis: sie müssen den guten, den Mittellauf, herausriechen und schmecken. Nur rund 20 Lehrlinge fangen Jahr für Jahr mit der Ausbildung an. Mal mehr, mal weniger. Lehrlinge unter 18 Jahre brauchen übrigens das Okay ihrer Eltern, um in Berufsschule und Ausbildungsbetrieb Alkohol trinken zu dürfen.
"Die Lehrlinge brauchen eine gute Nase! Sensorik ist ganz entscheidend in diesem Beruf. Die jungen Leute müssen eine Nase haben, um bestimmte Kräuter zu erkennen, um zu erkennen, welche Zutaten genommen werden, sie müssen darüber hinaus natürlich auch naturwissenschaftliche und mathematische Grundlagen mitbringen. Zudem darf ein allgemeines Verständnis für technische Abläufe nicht fehlen."
Sabine Droste, Berufsschullehrerin
Mit allen Sinnen genießen
Von Dortmund zurück nach Oberbayern. In Neuhaus am Schliersee lagert ein Schatz: hunderte Fässer voller Single Malt Whisky. Made in Bavaria. Rarität und Spezialität gleichermaßen. Ganz in der Nähe von Silas Ausbildungsbetrieb. Er hat sich deshalb mit Theresa Ransberger verabredet, um ein bisschen mehr über die Kunst des Whiskymachens zu erfahren. Ein Besuch unter Kollegen. Theresa hat den Gesellenbrief als Destillateurin schon in der Tasche. Whisky herzustellen - in Deutschland ist das noch sehr exotisch. Deshalb brennt Silas darauf, mehr zu erfahren. Und natürlich: sensorisch zu prüfen. Sprich: mal ein Fass aufzumachen und den Whisky zu probieren. Übrigens: erst nach drei Jahren im Fass darf sich der Whisky überhaupt Whisky nennen. Die Iren rühmen sich, den Whiskey (die Iren schreiben Whiskey mit "e") erfunden zu haben. Doch geschützt ist der Begriff nicht. Whisky ist längst international. In Japan etwa steht die größte Malt-Whisky-Destille der Welt. Und kein Volk trinkt mehr Whisky pro Kopf als die Franzosen. Apropos international: Die deutschen Destillateure genießen im Ausland einen guten Ruf. Für Silas könnte es also durchaus drin sein einen Job in einer Destille in Europa oder Übersee zu finden. Theresa aber bleibt bestimmt in Neuhaus am Schliersee. Hier verwirklicht sie ihren Traum: Whisky zu brennen, original oberbayerisch. Die Herstellung von Whisky ähnelt übrigens dem Bierbrauen: Geschrotetes Malz wird mit warmen Wasser vermischt. Die Temperatur dieser Maische wird in festgelegten Schritten erhöht. Dabei entsteht Zucker. Auf den sind sowohl die Brauer als auch die Destillateure scharf. Denn aus ihm wird später Alkohol. Kurzum: es dreht sich alles um Zucker. Ganz gleich ob bei Bier, Obstbränden oder Whisky. Und Silas gehört zu den Experten, die die Kunst verstehen, edle Spirituosen herzustellen. Der 21-Jährige jedenfalls hat seinen Traumberuf gefunden. Er kann als Destillateur seine Kreativität ausleben, mit neuen Rezepten experimentieren und schließlich wird er sogar noch dafür bezahlt, mit allen Sinnen zu genießen.
Die wichtigsten Fakten zur Ausbildung:
- Offizielle Berufsbezeichnung: Destillateur/-in
- Ausbildungsdauer: Drei Jahre
- Ausbildungsform: Die Ausbildung ist bundesweit geregelt und wird in Betrieben der Industrie angeboten.
- Prüfung: Die Abschlussprüfung besteht aus einem praktischen und einem schriftlichen Teil. Der praktische Teil besteht aus drei Arbeitsproben, etwa der Bestimmung handelsüblicher Rohstoffe, Herstellen von Halbfabrikaten und Klären und Filtrieren. Der schriftliche Teil umfasst die Fächer Technologie, technische Mathematik sowie Wirtschafts- und Sozialkunde.
- Ausbildungsorte: Destillateure/Destillateurinnen werden im Betrieb und in der Berufsschule ausgebildet. Überwiegend absolvieren Lehrlinge ihre Ausbildung in Produktionshallen, Lagern und Laboren von industriellen Destillationsbetrieben. Der Berufsschulunterricht findet in Blockform in Fachklassen statt. Einzige Berufsschule: Dortmund.
- Zugang: Grundsätzlich wird - wie bei allen anerkannten, nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelten Ausbildungsberufen - keine bestimmte schulische oder berufliche Vorbildung rechtlich vorgeschrieben. Jugendliche unter 18 Jahre benötigen jedoch eine Einverständniserklärung der Eltern, dass sie im Betrieb und in der Berufsschule Alkohol trinken dürfen. Eignung: Destillateure und Destillateurinnen benötigen einen ausgeprägten Geschmackssinn, guten Geruchssinn, naturwissenschaftliches Verständnis und müssen präzise arbeiten.
- Perspektiven: Destillateure und Destillateurinnen produzieren Alkohol und Spirituosen bei Branntwein- und Likörherstellern sowie in Brennereien. Darüber hinaus können ihre Fachkenntnisse auch in Gaststätten mit Hausbrennerei von Nutzen sein. Auch Unternehmen der Aromenindustrie bieten Arbeitsplätze an. In den vergangenen Jahren hat das Stellenangebot zugenommen. Es bewegt sich aber insgesamt auf niedrigem Niveau. Pro Jahr beginnen deutschlandweit nur etwa 20 Jugendliche mit der Ausbildung. Eine Existenzgründung ist schwierig. Der Investitionsbedarf ist sehr hoch und in den ersten Jahren können Jungunternehmer nur mit wenig Einkommen rechnen, weil viele Erzeugnisse erst einige Jahre lagern müssen, bevor sie in den Verkauf kommen.
- Alternativen: Brenner/-in, Weinküfer/-in, Brauer/-in und Mälzer/-in, Fachkraft für Fruchtsafttechnik, Milchtechnologe/Milchtechnologin
Genaue Informationen finden Sie auf den Webseiten der Arbeitsagentur:
Die wichtigsten Infos zum Beruf
Team
Die Arbeit in einer Destille ist immer auch Teamarbeit. Die sensorische Prüfung einer Spirituose, also die Beurteilung des Geruchs, des Geschmacks, des Aussehens, nehmen immer mehrere Destillateure gemeinsam vor. Einer der Gründe: Geschmackssinn und Geruchssinn unterscheiden sich je nach Tagesform. Etwa wenn einer der Mitarbeiter eine Erkältung hat.
Genauigkeit
Die Auszubildenden lernen, einzelne Bestandteile einer Spirituose zu erschmecken, um dann das Original möglichst exakt nach zu mischen. Präzisionsarbeit! Nur ein Tropfen eines Aromas zu viel und die Arbeit ist vergebens. Ist der Destillateur mit dem Mischungsverhältnis im Labor zufrieden, rechnet er das Ergebnis in ein Rezept für große Mengen um. Dieses Verfahren nutzen die Profis der Spirituosen-Industrie, um besonders erfolgreiche Produkte von Mitbewerben zu kopieren.