Pferdewirt/-in Spezialreitweisen Vom Mädchentraum zum Knochenjob
Sie sind auf Western- und Gangpferde wie Isländer spezialisiert und bilden nicht nur Pferde, sondern auch Reiter aus: Pferdewirte der Fachrichtung Spezialreitweisen füttern, misten und pflegen die Tiere. Wer diesen Beruf erlernen will, muss gut reiten können.
Eine dünne Schneedecke liegt über der Landschaft, das Thermometer zeigt drei Grad über Null, doch Alexandra Konitzer lässt sich von den frostigen Temperaturen nicht aus der Ruhe bringen. Konzentriert trainiert sie mit der Isländer-Stute Bimbolina auf der Ovalbahn im Freien. Isländer sind Gangpferde und können somit neben Schritt, Trab und Galopp mindestens eine weitere Gangart wie Tölt oder Pass.
Der Tag beginnt mit Stall- und Hofarbeit
Alexandra reitet seit mehr als zehn Jahren. Trotzdem: "Es ist ein großer Unterschied, ob du ein paar Mal in der Woche aufs Pferd steigst, weil es dein Hobby ist - oder ob du dein Hobby zum Beruf gemacht hast", sagt die 18-Jährige, die ihre Ausbildung vor einem halben Jahr auf dem Lipperthof im oberpfälzischen Wurz begonnen hat. Was sich für viele erst einmal wie ein Traum anhört, ist ein richtig harter Job: Alexandras Tag startet morgens um 8 Uhr mit Stall- und Hofarbeit - egal bei welchem Wetter, egal ob Werk- oder Feiertag. Anschließend bewegt sie die Isländer unterm Sattel oder an der Longe. Den Hufschmied oder den Tierarzt zu unterstützen, gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben.
"Ich habe vor der Ausbildung ein halbes Jahr lang Praktikum hier auf dem Lipperthof gemacht. Einfach damit ich weiß, worauf ich mich einlasse. Denn in diesem Beruf muss man weit mehr tun als nur reiten, zum Beispiel misten und den Hof sauber halten. Das ist natürlich anstrengend, aber trotzdem macht es mir sehr viel Spaß."
Alexandra Konitzer, 1. Lehrjahr (18 Jahre)
Geduld und ein gutes Auge
Pferdewirte der Fachrichtung Spezialreitweisen müssen auch Reitunterricht geben. Dafür brauchen sie viel Geduld und ein gutes Auge. "Ich muss erkennen, warum das Pferd nicht das macht, was es soll. Oft liegt es daran, dass der Reiter die falschen Hilfen gibt." Dann ist Alexandras Einfühlungsvermögen gefragt: "Ich muss den Schülern erklären, wie sie es richtig machen und zwar so, dass sie es auch umsetzen können."
Caroline Drümecker und Katharina Müller machen ihre Ausbildung auf der Chrom-Ranch im schwäbischen Memmingen. Gemeinsam reiten sie eine junge Western-Stute an: Caroline hält das Pferd an der Longe fest, Katharina legt behutsam den Sattel auf und belastet dann vorsichtig die Steigbügel. Die dreijährige Stute lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Deshalb geht Katharina heute einen Schritt weiter und steigt auf. Das Pferd spitzt neugierig die Ohren und bleibt brav stehen. Die Auszubildenden loben sie deshalb ausgiebig.
"Im Winter ist der Job schon hart, weil es einfach fürchterlich kalt draußen ist. Manchmal habe ich drei oder vier Hosen gleichzeitig an, aber zum Glück bewegt man sich ja viel. Da wird einem schnell wieder warm."
Caroline Drümecker, 1. Lehrjahr (19 Jahre)
Eine Kundin interessiert sich für Jack, ein 14-jähriges Quarterhorse. Katharina reitet den Hengst in allen drei Gangarten vor und zeigt westerntypische Elemente wie Drehungen, Stopps und Rückwärtsrichten. "Welche Erfolge hat er denn vorzuweisen?", will die Kundin wissen. Katharina erzählt von Jacks Siegen und Platzierungen auf verschiedenen Turnieren. Auch über mögliche Krankheiten oder Eigenarten muss die Auszubildende Bescheid wissen und Auskunft geben können.
Die wichtigsten Fakten zur Ausbildung
- Offizielle Berufsbezeichnung: Pferdewirt/-in Fachrichtung Spezialreitweisen
- Ausbildungsdauer: 3 Jahre
- Ausbildungsform: Duale Ausbildung im Betrieb und an der Berufsschule. Der Blockunterricht dauert jeweils zwei bis drei Wochen. In Bayern werden Pferdewirte an zwei Berufsschulen ausgebildet: in Ansbach und München.
- Zugang: Grundsätzlich wird keine bestimmte schulische oder berufliche Vorbildung vorgeschrieben, die Schulpflicht muss jedoch erfüllt sein. Die Betriebe stellen überwiegend Bewerber mit Mittlerer Reife oder Abitur ein.
- Eignung: Angehende Pferdewirte der Fachrichtung Spezialreitweisen müssen gut reiten können - und zwar auf Western- oder Gangreitpferden wie Isländern. Wer diesen Beruf erlernen möchte, braucht viel Geduld und Einfühlungsvermögen und muss sowohl selbständig als auch im Team arbeiten können. Außerdem wichtig: Kommunikationsfähigkeit. Denn Pferdewirte bilden nicht nur Tiere, sondern auch Reiter aus.
- Wichtige Schulfächer: Wer in Biologie fit ist, bringt gute Voraussetzungen mit für eine erfolgreiche Ausbildung. Von Vorteil sind außerdem gute Mathematik-Kenntnisse, denn Pferdewirte müssen zum Beispiel Futterrationen berechnen.
- Perspektiven: Nach bestandener Abschlussprüfung können Pferdewirte sich selbständig machen, eine Weiterbildung als Pferdewirtschaftsmeister/-in absolvieren oder studieren.
Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten der Arbeitsagentur:
Die wichtigsten Infos zum Beruf
Info
Bereits vor Beginn der Ausbildung müssen sich angehende Pferdewirte für eine von fünf Fachrichtungen entscheiden: Klassische Reitausbildung, Pferdehaltung und Service, Pferderennen, Pferdezucht oder Spezialreitweisen.
Verdienstmöglichkeiten
Auszubildende bekommen ein durchschnittliches Azubigehalt – im Schnitt zwischen 500 und 700 Euro brutto im Monat.
Kraft
Boxen ausmisten, Heu- und Strohballen transportieren, auf- und absatteln: Pferdewirte brauchen Kraft und Ausdauer. Die schwere körperliche Arbeit wird von Berufseinsteigern oft unterschätzt.
Arbeitszeiten
Pferde müssen auch an Feiertagen und Wochenenden gefüttert und bewegt werden. Ab dem Frühjahr finden außerdem viele Turniere statt – meist von Freitag bis Sonntag. Haben die Tiere eine akute Erkrankung, zum Beispiel eine Kolik, müssen sie unter Umständen rund um die Uhr betreut werden.