#kunstjagd Wo steckt das verschollene Gemälde?
Im Sommer 2015 begaben sich die vier Reporter Carolyn Braun, Fredy Gareis, Marcus Pfeil und Christian Salewski auf einen mehrwöchigen Roadtrip quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz – auf den Spuren eines verschollenen Gemäldes...
Wenn sich heute die deutschstämmige Familie Engelberg bei ihrem Großvater Edward in Portland, Oregon, versammelt, sitzen sie zusammen im Wohnzimmer und blicken auf das Gemälde, das sie nur "unsere Mona Lisa" nennen. Es zeigt das Porträt einer Frau, die ein Buch hält. Eigentlich müsste dort ein zweites Gemälde des Künstlers Otto Theodor W. Stein hängen – eine leichte Variation desselben Motivs. Aber dieses zweite Bild, das nicht mehr im Familienbesitz ist, ist der Grund, dass sie überhaupt am Leben sind – die vier Generationen der Engelbergs – mit mehr als 30 Personen.
München 1938: Am Morgen nach der Reichspogromnacht kommt die Gestapo, um den jüdischen Kaufmann Jakob Engelberg ins KZ Dachau zu verschleppen. Daraufhin verlässt seine Frau Paula mit einem der beiden Gemälde die Wohnung und kommt noch am selben Tag mit einem Visum für die Schweiz zurück. Mit ihm erreicht sie die Entlassung ihres Mannes, und die Engelbergs fliehen über die Schweiz in die USA, wo sie in Sicherheit sind. Was aber wurde aus dem lebensrettenden Bild? Wo ist es heute?
Diese Geschichte bildet den Ausgangspunkt für das bislang beispiellose journalistische Experiment #Kunstjagd. Entscheidende Frage: Was passiert, wenn man sich heute, nach fast acht Jahrzehnten auf die Suche nach dem verschollenen Gemälde macht?
Im Sommer 2015 begaben sich die vier Reporter Carolyn Braun, Fredy Gareis, Marcus Pfeil und Christian Salewski auf einen mehrwöchigen Roadtrip quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz – immer auf den Spuren des verschollenen Gemäldes. In einem Radio-Podcast, auf der Film-Plattform Vimeo, in den sozialen Netzwerken und auf der Onlineseite www.kunstjagd.com berichteten sie parallel über den Verlauf ihrer ungewöhnlichen Recherche, bei der sie nicht lange allein blieben. Denn über WhatsApp beteiligten sich mehr als 1.000 Menschen an der Suche. Über eine Viertelmillion Besucher zählte schließlich die Website www.kunstjagd.com.
Dabei steht das verschollene Gemälde des heute weitgehend unbekannten Künstlers Stein stellvertretend für Millionen anderer Wert- und Kunstgegenstände, die während des Nationalsozialismus unter Verfolgungsdruck oder durch Raub den Besitzer wechselten und die noch heute unter uns sind. So dient der Ansatz der #Kunstjagd auch dazu, den Themenkomplex Raub- bzw. Fluchtkunst einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Fachlich begleitet wurde das Projekt von Wissenschaftlern des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München. Dem historischen Kontext widmeten sich in zahlreichen Beiträgen neben dem BR auch die Medienpartner SRF, ORF, Deutschlandradio Kultur, Süddeutsche Zeitung, Rheinische Post und Der Standard. Der Film „#Kunstjagd“ bildet das Finale des transmedialen Projekts.
Regie: Christian Salewski
Redaktion: Bettina Hausler