Schule: Gabriel-von-Seidl-Gymnasium Bad Tölz     
Schülerin: Tatjana Hoter - Jahrgangsstufe 12 im Schuljahr 2022/23

Der Film mit dem mehrdeutigen Titel "Reflection" zeigt Nahaufnahmen einer jungen Frau: erst aufwachen, dann gelangweilt in ihrem Bett durch Instagram scrollen mit atmosphärischem Audio und den Nachrichten ihres Weckers im Hintergrund. In gekonnter Schuss-Gegenschuss- Montage sieht man sie unentschlossen den Kühlschrank schließen, dann im Bad nach Schminke kramen und nach einem kritischen Blick in den Spiegel missmutig auf die Waage steigen.

Plötzlich scheint ihr Spiegelbild für einen Moment nicht mehr die Reflexion ihres Abbilds zu sein, sondern in eine andere Richtung zu blicken. "Just woke up like this" lautet der Insta-Post mit dem "Paris"-Filter ihrer geschönten Scheinwelt, wo man sie geschminkt im Bett liegen sieht. Der Plot kippt dann ab Filmmitte, als sich die Reflektion ihrer selbst im prüfenden Blick in den Spiegel letztlich als virtuelles Eigenwesen entkoppelt. In nonverbalem Blickdialog großer Augenpaare spitzt sich der Konflikt zu, man hört einen Hund bellen, sie schlägt die Tür zu, eine Uhr tickt im Off und die Protagonistin macht in hellem Aufruhr nervös auf ihrem Handy die Spiegel-App an, auf der sie fassungslos nur den Hintergrund der leeren Wand sehen kann. Sie selbst ist auf dem Selfie verschwunden, der Platz vor der Wand ist leer. Ihr entgeisterter Blick fällt auf einen achtlos abgehängten kleinen Bilderrahmen am Boden, der zwei Portraits zeigt.

Emotionale Ruhe und wohlbekannte Resonanz ihrer selbst erreicht sie dann am Schluss des Films, als sie ihre beiden Freunde aufsucht, klingelt, und erleichtert in der vertrauten Umarmung sich selbst wieder im Spiegel erkennen kann. Der Film lebt von emotional expressivem Spiel der begnadeten Schauspielerin, die auch Regie und Kamera gemacht hat, und es ist ein filmisch beachtliches Werk, das die Jury mit einem Preis würdigen will.