Medienkompetenzprojekte - Jugendliche und Medien


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ARD-Diversity-Tag am 18. Mai 2021 Medienkompetenz went diversity

Zum ARD-Diversity-Tag haben die Medienkompetenzprojekte einen Talk veranstaltet: Mit Claudia Stamm diskutierten Özlem Sarikaya, Eva Apfl, Patrick Wolf, Kathi Roeb und Wilson Pearce. So vielfältig die Geschichten der Gäste auch sind, alle haben Diskriminierung erfahren. Im Webtalk teilten sie ihre Erfahrungen und beantworteten die interessierten Fragen der Schülerinnen und Schüler.

Von: Julia Forndran

Stand: 22.05.2021

Webtalk zum ARD-Diversity-Tag 2021: Medienkompetenz goes diversity

Wir alle sind verschieden, aber das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, danach, einen Platz in der Gesellschaft zu haben und nicht ausgegrenzt zu werden, das haben wir alle gemeinsam, sagt Özlem Sarikaya, Moderatorin beim Bayerischen Rundfunk. Fragen nach ihrer Herkunft oder ob sie denn allein das Haus verlassen dürfe, hat die Moderatorin schon oft gehört. Als händchenhaltendes lesbisches Paar im Bus nicht mitgenommen zu werden oder sich für ihre Schwerhörigkeit rechtfertigen müssen, sind Erfahrungen, von denen die Auszubildende Eva Apfl erzählt. Und auch Patrick Wolf vom Bayerischen Jugendring kennt das Gefühl, wenn man sich auf offener Straße lieber nicht als gleichgeschlechtliches Paar zu erkennen gibt.

Besser nicht auffallen

So unterschiedlich die Gäste und ihre Erfahrungen sind, das Gefühl, anders zu sein, kennen sie alle. Gerade im Jugendalter kann das besonders belastend sein, wie die BR-Journalistin Kathi Roeb erzählt. Ihre Schulzeit war begleitet von der Angst, jemand könnte herausfinden, dass sie lesbisch ist. Also gewöhnt man sich an, sich zu verstecken und anzupassen. Auch der Sportvermarkter Wilson Pearce habe bereits als Kind gelernt, sich anzupassen, um nicht negativ aufzufallen oder am besten überhaupt nicht aufzufallen. Denn das tat er als Person of Color im Bayern der 1970er Jahre eh schon.

Die Gäste unseres Webtalks zum ARD-Diversity-Tag 2021

Özlem Sarikaya

Özlem Sarikaya ist Journalistin beim Bayerischen Rundfunk und entwickelte und moderiert im Bayerischen Fernsehen das Inter-Kultur-Magazin "puzzle". Sie ist Mitbegründerin der Initiative Neue Deutsche Medienmacher.

"Diversität ist kein Konzept, keine Ideologie sondern: Realität. Wir können sie nicht ausblenden, aber als Chance nutzen."

Kathi Roeb

Kathi Roeb ist Autorin und Moderatorin beim Bayerischen Rundfunk und hostet unter anderem (mit Julian Wenzel) den Podcast "Willkommen im Club". Dabei geht es um die Fragen aus der queeren Lebenswelt der LGBTIQ*-Community.

"In der LGBTIQ*-Community brodeln viele kleine Süppchen und sind für die Außenwelt meistens nicht wirklich sichtbar. Ziel unseres Podcasts ist es, von einander zu erfahren und zu lernen - und unterm Strich geht es um Solidarität miteinander."

Eva Apfl

Eva Apfl ist Auszubildende, lesbisch, kommt vom Land in Bayern und hat eine Hörbehinderung. Ihre Biografie brachte Eva dazu, Aktivistin zu werden - für queere Rechte (im Vorstand von diversity) und für Menschen, die, weil sie kaum oder nichts hören, schlecht bis gar nicht am öffentlichen Leben teilnehmen können.

"Meine Reise hat sehr plötzlich und unerwartet begonnen, aber sie hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ich bin nicht nur ein Mensch mit Behinderung, sondern ein behinderter Mensch: Mich gibt es nicht ohne und wird es auch niemals geben. Meine Behinderung ist nicht alles, was mich ausmacht, aber sie ist ein wichtiger Teil von mir und ich schäme mich nicht für sie oder versuche sie zu verstecken!"

Wilson Pearce

Wilson Pearce ist Sportvermarkter, Papa von zwei jungen Kids und Sohn einer bayerischen Schauspielerin und eines nigerianischen Gastronoms.

"1976 in Bayern geboren und immer noch hier. Ich fühle mich als Münchener durch und durch und bin auf die Besonderheit meiner Herkunft absolut stolz. Meine Vision ist, dass Unterschiede zwischen Menschen, vorhandene Herabwürdigungen und Verallgemeinerungen an Bedeutung verlieren und nur noch als das wahrgenommen werden was sie sind: pure Vielfalt." 

Patrick Wolf

Patrick Wolf ist ehemaliger Koordinator von "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" und Queerbeauftragter des BJR, des Bayerischen Jugendrings.

"Diversity endet nicht am Schultor. Die bayerischen "Schule-ohne-Rassismus - Schulen-mit-Courage"-Schulen engagieren sich für ein vielfältiges und diskriminierungsfreies Schulklima."

Claudia Stamm

Claudia Stamm ist Journalistin beim Bayerischen Rundfunk, ihre Wurzeln liegen in der Nachrichten- und Politikwelt. Bei ihrer Zwischenstation im Landtag war es ihr stets ein Herzensanliegen, für die Rechte von "Minderheiten" zu kämpfen.

"Groß geworden bin ich mit Menschen mit Behinderung, aus bildungsfernen Schichten und mit Migrationshintergrund - und zwar in allernächster Umgebung. Erfahrungen, die mein Leben ausmachen. Diversität ist für mich also kein abstraktes Konzept, sondern ganz natürlich und immer dabei."

Diversität als Chance und Bereicherung

Doch Diversität muss als Chance und Bereicherung begriffen werden. Menschen mit verschiedensten Hintergründen und ganz individuellen Geschichten können ihre persönlichen Erfahrungen einbringen, sei es am Arbeitsplatz, in der Schule oder eben überall, betont Özlem Sarikaya. Wichtig sei es auch, anzuerkennen, dass jeder Mensch individuelle Voraussetzungen und es deshalb schwerer oder leichter hat, wie Eva Apfl hinzufügt. Dass zum Beispiel das Maskentragen in der aktuellen Pandemie Menschen mit Hörbehinderung, die auf das Lippenlesen angewiesen sind, vor neue Herausforderungen stellt, wird völlig vergessen.

Es zählt der respektvolle Umgang!

Patrick Wolf setzt sich als Queerbeauftragter des BJR für Anti-Diskriminierungsprojekte ein. Seine Arbeit ist sehr wichtig, denn es gibt noch einiges zu verbessern. Der BJR fordert beispielsweise eine Person in der bayerischen Staatsregierung, die ausschließlich für Antidiskriminierungsarbeit verantwortlich ist. Im Alltag gibt es vor allem bei politisch korrekter Sprache noch Unsicherheiten. Welchen Begriff darf oder soll ich verwenden? LGBTQ+ oder doch LGBTQIA*? Hier sind sich die Talkgäste jedoch einig: Natürlich sei Sprache wichtig, aber die Haltung der Person dahinter noch viel mehr. Ob Sternchen oder Plus, ein respektvoller Umgang miteinander ist das, was zählt.


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