Bewegende Trauerfeier in Amatrice Eine unerträglich lange Liste
Im vom Erdbeben verwüsteten Ort Amatrice in Mittelitalien haben Trauernde am Dienstag Abschied vom Großteil der 292 Opfer genommen. Der Bischof von Rieti, Domenico Pompili, verlas zu Beginn der Messe die Namen jener 242 Menschen, die in Amatrice und Accumoli ums Leben gekommen waren.
In aller Eile wure ein Zeltdach zwischen die Trümmer von Amatrice gesetzt - mit Platz für die 37 Särge, die vorne standen und für rund 1.000 Trauernde. Mitten drin: Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella und Regierungschef Matteo Renzi. Angesichts der Trauer trat die Politik in den Hintergrund.
Viele Angehörige wollten lieber eine private Bestattung für ihre Toten, aber dennoch nahm an dieser Feier ein ganzes Dorf teil. Domenico Pompili sprach eher hilflose Worte - über Erdbeben, die es schon lange gab, bevor es den Menschen gab. Und er wusste auch, dass der Wiederaufbau lange dauert.
"Das geht nicht in Tagen, das braucht Jahre. Vor allem brauchen, wir, was Jesus uns vorgelebt hat: Sanftmut. Das heißt, eine sanfte und gleichzeitig zähe Betroffenheit, eine kräftige und taktvolle Umarmung. Einsatz, auf die Schnelle, aber auch in der näheren und ferneren Zukunft. Nur so wird der Wiederaufbau nicht zum politischen Streit oder zur wie auch immer gearteten rücksichtslosen Ausnutzung."
Domenico Pompili, Bischof von Rieti
Sorge vor Symbolpolitik
Davor haben viele der Überlebenden Sorge, dass die Politik jetzt nur Symbolik betreibt, und dass, wenn die Aufmerksamkeit nachlässt, die Erdbebenregion allein gelassen wird. Die Menschen von Amatrice und Umgebung brauchen Hilfe, sagte einer der Anwohner:
"Wir sind hier auf 1.000 Meter. In einem Monat kommt der erste Frost. In den Zelten kann man dann nicht sein, wenn draußen, null Grad, minus drei, bis zu minus 12 Grad sind. Wenn sie nicht jetzt anfangen, etwas zu tun, dann nie. Es braucht den totalen Neubeginn - sofort, ohne Zeit zu verlieren. Das darf nicht sein wie in L'Aquila, das 40 Kilometer von hier ist."
Anwohner
Negativbeispiel L'Aquila
L'Aquila, die Hauptstadt der Region Abbruzzen, ist das Negativbeispiel. Dort sind viele Menschen nach dem Erdbeben von 2009 noch immer nicht in Ihre Häuser zurückgekehrt, obwohl es auch damals viele Versprechen gab. Deshalb sprach auch der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, vielen aus der Seele.
Nun Überlebende im Mittelpunkt
Rund 2.900 Menschen haben in der Erdbebenregion ihre Wohnung verloren. Noch immer sind nicht alle Toten geborgen, deshalb ist die Zahl der 292 ums Leben Gekommenen immer noch vorläufig. Aber auch der Pfarrer von Amatrice, Don Savino D'Amelio, meinte, dass von nun an die Überlebenden im Mittelpunkt stehen müssen.
"Nach dieser Feier heute Abend müssen wir ab morgen konkret daran denken, die Menschen wieder aufzubauen, auch spirituell, und was die Gemeinschaft angeht. Dann müssen wir anfangen zu reparieren, was durch dieses entsetzliche Unglück zerstört wurde."
Savino D'Amelio
In dem Zelt von Amatrice vor der Kulisse der eingestürzten Häuser hängte man eine Figur des gekreuzigten Jesus auf, die ihre Kreuzesbalken verloren hat. Dieser Jesus und diese Feier gaben den Menschen Trost ließen sie für einen Moment innehalten.