Wie alles begann 60 Jahre deutsches Atomprogramm
Die Tage der Atomkraft sind in Deutschland gezählt. In sechs Jahren geht das letzte Kernkraftwerk vom Netz. Heute genau vor 60 Jahren hat das Kapitel begonnen.
Am 25. Juli 1956 stellte Atomminister Franz-Josef Strauß einen Gesetzentwurf zur "Erzeugung und Nutzung der Kernenergie" vor.
Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Schock über die Zerstörungskraft der Atombombe noch frisch. Gleichzeitig ist aber auch der Optimismus über die Nutzung der Kernkraft, wie sie genannt wurde, grenzenlos. Sogar der Papst Pius XII. hatte sich eingeschaltet. Er bat die Völker dieser Welt, die Atomenergie friedlich zu nutzen.
In Großbritannien weiht 1956 die noch junge Königin Elisabeth II. das erste kommerziell zur Stromerzeugung eingesetzte Kernkraftwerk der Welt ein - in Calder Hall.
Ein veritabler Nobelpreisträger spricht
Wir machen hier Geschichte, sagte die Königin. Der nukleare Komplex von Sellafield, zu dem Calder Hall gehört, hat sich später auch mit unrühmlichen Störfällen in die Geschichte eingeschrieben. Von den Gefahren durch Atomkraftwerke war jedoch in der damaligen Diskussion wenig die Rede.
Vor dem Bayerischen Landtag spricht dafür 1956 ein veritabler Nobelpreisträger von den wichtigen Aufgaben, die Deutschland bei der Kernforschung zu bewältigen habe – der Physiker Werner Heisenberg. Mit Schlagworten nannte er die vier Betätigungsgebiete: Benutzung kleiner gekaufter Reaktoren, Reaktorbau und Reaktorentwicklung, Grundlagenforschung über Elementarteilchen, Studium der thermonuklearen Reaktionen.
Atom-Forschungsstandort Bayern
Wo in Deutschland diese scheinbar so zukunftsträchtige Forschung stattfinden sollte, darüber gab es einen intensiven Wettbewerb. Franz-Josef Strauß, der bayerische "Bundesatomminister", musste im Juli 1956 verkünden, dass die zentrale Forschungseinrichtung für Atomtechnik nach Baden-Württemberg ging. Aber Strauß versprach ebenfalls die Errichtung einer weiteren Forschungseinrichtung – nach dem System der wissenschaftlichen Konkurrenz und der gegenseitigen Leistungssteigerung.
Was natürlich hieß: Auch Bayern wurde Atom-Forschungsstandort. 1957 trafen dann im frisch gebauten Atom-Ei des Forschungsreaktors Garching bei München die ersten Brennstäbe aus den USA ein. Auch der erste Garchinger Reaktor kam aus Amerika. Heute steht das silberne Reaktorgebäude unter Denkmalschutz.
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Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Lise Meitner (1878-1968), Montag, 25.Juli 2016, 12:27 Uhr
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(österr. Kernphysikerin; zusammen mit Otto Frisch erste physikalisch-theoretische Erklärung der von Otto Hahn und Fritz Straßmann entdeckten Kernspaltung; erste weibliche Physik-Professur Deutschlands; das chemische Element 109 "Meitnerium" wurde nach ihr benannt)
Zu ergänzen wäre vielleicht folgendes: 55 Jahre Netzsynchronisation (Energieeinspeisung in das öffentliche Netz) des ersten deutschen kommerziellen Kernkraftwerks Kahl (Landkreis Aschaffenburg) am 17.6.1961. Damit war Deutschland die fünfte Nation, die Atomstrom produzierte. Am gleichen Standort stand auch das Kernkraftwerk Großwelzheim, das bis 1998 rückgebaut wurde. Der Rückbau des KKW Kahl wurde 2010 abgeschlossen. Damit ist dieser Standort der erste in Deutschland, an dem 2 Kernkraftwerke (Blöcke) vollständig beseitigt wurden.