Der Oberbayer Weltoffen und heimatverbunden
Dank Heimatfilm und Tourismuswerbung ist der Oberbayer wohl der bekannteste Vertreter aller bayerischen Volksstämme. Doch wird er dem Klischee des Paradebayern auch gerecht? Die "BR-Bayernstudie 2012" hat das untersucht.
Von außen betrachtet sind die Oberbayern ja diejenigen, die gerne als Inbegriff des Bayerischen gesehen werden. Die einschlägigen Requisiten, die man mit ihnen verknüpft – Gamsbart, Dirndl, Krachlederne und Maßkrug – kennt man nicht zuletzt aus Heimatfilmen, dem Komödienstadel und der Fremdenverkehrswerbung.
Und umgekehrt gilt das natürlich auch: Die Oberbayern verstehen sich gerne als "einzig richtige Bayern". Da verwundert es dann schon ein wenig, dass der Oberbayer im Vergleich zum statistischen Durchschnittsbayern kaum vom Landesdurchschnitt abweicht und sogar etwas weniger inbrünstig sagt: "Hier fühle ich mich zu Hause" und "Ich bin stolz auf meine Region".
Höchster Anteil an Zugezogenen
Um das zu erklären, muss man diesen Oberbayern etwas genauer unter die Lupe nehmen: "Aha – ein Münchner!" seufzte vielsagend der liebe Gott schon bei Ludwig Thoma angesichts des Engels Aloisius und deutete damit an, dass die Landeshauptstädter ein besonderes Gewächs seien. Und dabei musste er seinerzeit eine weitere Subspezies noch gar nicht in Betracht ziehen: die Zugereisten. Gerade von denen finden sich nämlich in Oberbayern am meisten. Für den Durchschnitts-Oberbayern wiederum heißt das: Er ist nur zu drei Viertel ein Bayer! Den Münchner trifft es noch schlimmer, er ist bloß ein Zwei-Drittel-Bayer. Aber das hat der Rest von Oberbayern ja schon immer geahnt!
Bindung an die Region hängt von der Herkunft ab
Wenn man diese gespaltenen Identitäten berücksichtigt, ist das Weltbild wieder in Ordnung. Denn Oberbayern fühlen sich hier natürlich besonders zu Hause, während die Zugereisten etwas stärker fremdeln. Gleiches gilt beim Stolz auf Bayern und die Region: Auch hier tun sich die Eingeborenen weitaus stärker hervor, ebenso wie beim Festhalten an typischen Bräuchen wie dem Maibaumaufstellen. Genauer gesagt, tun sich insbesondere die zugezogenen Deutschen mit dem südbayerischen Lokalkolorit schwer – die aus dem Ausland Zugezogenen fühlen sich hier schneller heimisch.
Deutliche Unterschiede zwischen "Eingeborenen" und Zugereisten tun sich zudem auf, wenn man fragt, warum sie sich in ihrer Gegend wohlfühlen. Die gebürtigen Bayern führen hier bevorzugt emotionale Gründe an: Sie schätzen ganz allgemein das Lebensgefühl, die Nähe zu Freunden und Familie, das soziale Miteinander und die Mentalität der Menschen, die hier leben. Mentalität und kulinarische Besonderheiten erscheinen den Neu-Bayern dagegen eher gewöhnungsbedürftig. Sie führen verstärkt rationale Argumente ins Feld: Ihnen sind die Freizeitmöglichkeiten, die Bildungseinrichtungen sowie die ortsansässigen Unternehmen und Firmen deutlich wichtiger. Übereinstimmungen in der Wertschätzung gibt es in zwei Punkten: Der Arbeitsplatz ist für beide Gruppen gleichermaßen bedeutsam und man ist sich einig, dass die oberbayerische Landschaft den Wohlfühlfaktor Nummer 1 darstellt.
Was denken die Oberbayern über ihre Heimat?
Was ist in der Region lebenswert?
"Es ist eine Schau. Man hat in seiner Freizeit viele Möglichkeiten vor der Tür. Alles was man sich bei den Bergen vorstellen kann, die Seen sind vor der Haustüre. Man schnappt sich nach der Arbeit das Rad." – Sebastian (32) aus Lenggries
Was ist typisch für die hier lebenden Menschen?
Wie haben sich die Lebensumstände verändert?
Wie steht es mit der Verbundenheit zu Bayern?
Wo steht Bayern in zehn Jahren?
Unterschiede beim Selbst- und Fremdbild
Es zeigt sich auch, dass Selbstbild und Fremdbild doch auseinanderklaffen können. Die gebürtigen Bayern schreiben sich selbst die Attribute bodenständig, heimat- und naturverbunden, traditionsbewusst und gesellig zu (gilt auch für Münchner in abgeschwächter Form). Dass die Oberbayern aktiv, religiös und wertkonservativ sind, ist in ihrer Selbstbeschreibung eher nachrangig. In der Wahrnehmung der Zuwanderer haben diese Eigenschaften aber ein deutlich stärkeres Gewicht. Nur was Toleranz und Herzlichkeit betrifft, sind die Zuwanderer skeptischer - im Gegensatz zu den Eingeborenen.
Ausgeprägte Vorliebe für Tracht
Übrigens hat das eingangs erwähnte Stereotyp schon eine gewisse Berechtigung: Rund ein Fünftel der Oberbayern trägt immer noch gerne Dirndl und Lederhosen. Diese Vorliebe für die Tracht haben sie aber nicht exklusiv gepachtet: In dieser Hinsicht werden sie von den Niederbayern sogar noch übertroffen.
Fotoaktion: Ihre Lieblingsplätze in Oberbayern
Bayerntypologie mit Karikaturen von Dieter Hanitzsch
Urbayern | 24 Prozent |
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Traditionell-Bodenständige | 21 Prozent |
Modern-Bodenständige | 21 Prozent |
Freizeit- & Feuilleton-Bayern | 17 Prozent |
Kritisch-Distanzierte | 12 Prozent |
Entwurzelte | 5 Prozent |
Weitere Informationen
Nicht alle Ergebnisse der BR-Bayernstudie 2012 für Oberbayern konnten hier dargestellt werden. Weitere Daten und Fakten können Sie hier herunterladen:
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