Der Schwabe Sparsam und naturverbunden
Ausgerechnet die Schwaben selbst bestätigen das gängigste Klischee: Sie halten sich für die sparsamsten Bayern. Was sie außerdem auszeichnet und wie sie sich von den anderen Bayern unterscheiden, zeigt die "BR-Bayernstudie 2012".
Offensichtlich sind die Schwaben selber der Meinung, dass das über sie verbreitete Stereotyp einen wahren Kern hat: Fast doppelt so oft wie die übrigen Bayern bezeichnen sie sich als sparsam, wenn man sie bittet, die Menschen in der Region zu charakterisieren. Auch in puncto Bescheidenheit und Zurückhaltung liegen sie etwas weiter vorn. Und leicht über dem bayerischen Durchschnitt sehen sich die Schwaben bei den Eigenschaften wertkonservativ und religiös. Dominierend sind aber, wie im Rest von Bayern, die Eigenschaften traditionsbewusst, naturverbunden, bodenständig und heimatverbunden.
Erst Bayer, dann Schwabe
Umfrage
Allerdings – und hier unterscheiden sich die Schwaben wieder von den anderen Bewohnern des Freistaats – bezieht sich die Heimatverbundenheit vor allem auf den engeren Umkreis, auf die eigene Gemeinde oder Stadt. Mit der Region fühlt man sich weniger verwurzelt und vor allem die Bindung an den Regierungsbezirk fällt hier besonders gering aus: Vor die Wahl gestellt, ob sie sich eher als Schwabe oder als Bayer fühlen, entscheiden sich 62 Prozent für Bayern (in den übrigen Regionen sind das zwischen 20 und 40 Prozent weniger). Mutmaßlich identifiziert man sich da lieber mit dem Freistaat, ehe man in die Gefahr gerät, mit den württembergischen Schwaben verwechselt zu werden. Und augenscheinlich ist man hier auch ganz gut aufgehoben, entsprechen doch die meisten Aussagen der Schwaben denen des "statistischen Durchschnitts-Bayern".
Was denken die Schwaben über ihre Heimat?
Was ist in der Region lebenswert?
"Man ist schnell überall – in Suttgart, Nürnberg oder München, in den Bergen, am Bodensee. Es ist super zentral hier. Die Leute sind immer freundlich, außer wenn man sie nach dem Weg fragt." – Andreas (30) aus Leipheim
Was ist typisch für die hier lebenden Menschen?
"Den Schwaben macht aus, dass er sparsam ist von seiner Grundeinstellung. Jeder macht so sein Ding, die meisten machen keine großen Sprünge. Ich kenne sehr viele sehr nette Menschen." – Anna (26) aus Augsburg
Wie haben sich die Lebensumstände verändert?
"Aufgefallen ist mir die Landflucht. Der Wohnungsmarkt in Kempten ist sehr schwierig geworden, wenn man eine Wohnung sucht. Da könnte man wieder mehr in den privaten Wohnungsbau investieren. Das ist in den letzten Jahren zu kurz gekommen. Man hat nicht damit gerechnet, dass in der Stadt so viele Wohnungen gesucht werden." – Thomas (42) aus Kempten
Wie steht es mit der Verbundenheit zu Bayern?
"Als Augsburger meint man, dass die Bayern sagen, dass wir Schwaben sind, die Baden-Württemberger sagen, dass wir Bayern sind. Keiner will uns so wirklich haben, aber trotzdem fühlen wir uns als Bayern." – Steffi (33) aus Wulfertshausen
Wo steht Bayern in zehn Jahren?
"Es muss gelingen, die Landschaft am Bodensee, das Heimatgefühl und das Brauchtum zu erhalten. Man muss auch den jungen Leuten bewusst machen, wie schön es hier ist, damit sie ihre Heimat lieben und schätzen lernen. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Geschichte der Stadt auch in den Schulen gelehrt wird." – Wilfried (60) aus Lindau
Landschaft bestimmt die Lebensqualität
Ausschlaggebend dafür, dass man sich in der Region wohlfühlt, sind in erster Linie Landschaft und Natur. Dabei wird vor allem die Vielfalt – vom Krater im Ries bis zu den Allgäuer Bergen – als besonders charakteristisch genannt. Und das gute Klima wird doppelt so oft wie im Landesdurchschnitt gerühmt. Da liegt es nahe, dass bei den Freizeitangeboten häufiger als anderswo Sport, vor allem Wintersport, angeführt wird. In der Relation etwas weniger wichtig ist den Schwaben die Mentalität der Mitbewohner und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Und auch der Dialekt ist weniger identitätsstiftend als anderswo in Bayern.
Feiern, Fasching und Fronleichnam
Typische Traditionen und Bräuche fallen den Befragten insgesamt zwar etwas seltener ein, aber in zwei Sparten sind sie dennoch führend: Nirgendwo anders in Bayern werden häufiger religiöse Feste und Anlässe erwähnt. So öffnen zum Beispiel in der Weihnachtszeit viele Schwaben ihre Wohnung zum "Krippleschauen". Und ganz offensichtlich befindet sich hier die bayerische Hochburg des närrischen Frohsinns, denn nirgendwo sonst wird so oft auf den Fasching (der hier auch Fastnacht heißt) verwiesen. Dass die Schwaben auch sonst dem Feiern nicht abgeneigt sind, zeigt die erhöhte Präsenz von Stadt- und Dorffesten. Das Stadtfest in Nördlingen sei hier nur als ein Beispiel genannt.
Bayerntypologie mit Karikaturen von Dieter Hanitzsch
Urbayern | 24 Prozent |
---|---|
Traditionell-Bodenständige | 20 Prozent |
Modern-Bodenständige | 22 Prozent |
Freizeit- & Feuilleton-Bayern | 11 Prozent |
Kritisch-Distanzierte | 15 Prozent |
Entwurzelte | 9 Prozent |
Weitere Informationen
Nicht alle Ergebnisse der BR-Bayernstudie 2012 für Schwaben konnten hier dargestellt werden. Weitere Daten und Fakten können Sie hier herunterladen:
Kommentieren
Weber Karl, Montag, 10.Dezember 2012, 06:48 Uhr
1. Schwaben am attraktivsten
Schwaben ist sicher was die Attraktivität anbelangt die No. 1 in Bayern. Ich selbst komm aus dem schönen Unterfranken, habe lange in München gewohnt (damals gerne, heute würden mich keine 10 Pferde mehr in diesen Moloch mehr bringen)
Ich wohne nicht weit von Ulm/Neuulm entfernt. Bin in einer Stunde in den Bergen, am Bodensee und hab eine Super Anbindung mit Bahn und Auto an Stuttgart, München, Würzburg, Nürnberg, Frankfurt. Selbst in die Schweiz ist's nur ein Katzensprung.
Ich liebe das Allgäu. Die Menschen dort sind bescheiden, fleißig anständig und trotzdem weltoffen.
Nur den Dialekt verstehen - das fällt immer noch schwer.
Antworten