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Neues Elektroschrott-Gesetz Größere Fachhändler müssen Altgeräte zurücknehmen

Weniger als die Hälfte der Elektrogeräte in Deutschland wird recycelt. Oft landet Elektroschrott immer noch in der Mülltonne. Eine Verschwendung zum Teil wertvoller Ressourcen. Und auch Schadstoffe werden dadurch nicht sicher entsorgt. Das Bundesumweltministerium will gegensteuern mit einer Rücknahmepflicht für Elektro-Altgeräte. Die gilt nun erstmals auch für den Online-Handel. Eine verbraucherunfreundliche und wirkungslose Regelung, kritisieren Umweltschützer.

Von: Nadine Bader

Stand: 24.07.2016

Alte Bildschirme | Bild: picture-alliance/dpa

Egal ob kaputter Fön, Toaster oder Computer - neben größeren Einzelhändlern ist ab Montag auch der Online-Versand in der Pflicht, Elektroschrott kostenlos zurücknehmen. Diese Pflicht gilt für alle Läden, deren Lager- und Versandfläche 400 Quadratmeter übersteigt. Beim stationären Handel ist die Verkaufsfläche für Elektrogeräte ausschlaggebend. Laut Verbraucherzentrale dürften die Branchengrößen damit alle in der Rücknahmepflicht sein. Vorsicht gilt bei Dritthändlern, die über Portale wie Amazon online ihre Waren verkaufen: Die können durchaus kleiner sein und sind dann nicht in der Pflicht.

Grundregeln für die Rücknahmepflicht

Für größere Geräte, also zum Beispiel Fernseher, Kühlschränke oder Waschmaschinen gilt: Wird ein neues Gerät gekauft, muss das alte kostenfrei zurückgenommen werden. Zum Beispiel bei der Auslieferung des neuen Geräts oder über Sammelpunkte beim stationären Handel. Kleinere Geräte wie zum Beispiel Handys, elektrische Zahnbürsten oder Rasierer müssen auch ohne Neukauf zurückgenommen werden. Die Verbraucher müssen sich aber selbst um die Rücksendung mit einem entsprechenden Rücksende-Etikett kümmern. Wem das zu kompliziert ist, der kann Elektroschrott auch weiterhin kostenfrei bei einem Recyclinghof abgeben.

Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks verspricht sich von der neuen Regelung und den erweiterten Rückgabemöglichkeiten vor allem mehr Umweltschutz. In Zukunft soll deutlich mehr Elektroschrott fachgerecht entsorgt werden. Die Zielvorgabe der EU: Ab 2019 sollen EU-weit mindestens 65 Prozent aller Elektro-Altgeräte gesammelt und wenn möglich auch wiederaufbereitet und recycelt werden.

"Elektrogeräte zu entsorgen, wird jetzt einfacher, umweltfreundlicher und größtenteils kostenlos. Es wird wesentlich mehr Sammelstellen als bisher geben, auch der Onlinehandel muss die Rücknahme organisieren. Damit schaffen wir jetzt eine Sammelstruktur, mit der wir mehr Elektrogeräte hochwertig recyceln lassen können. Das verringert Abfälle, spart Rohstoffe und Energie."

Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin

Kritik aus der Branche

Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) wirbt für die Einhaltung der neuen Vorgaben und bietet Hilfe bei der Umsetzung an. Der Verband bezweifelt aber, dass das neue Gesetz seine Ziele erreichen und einen großen Schub für das Recycling auslösen wird.

Außerdem seien bei einigen Händlern Einbußen zu erwarten. Schon jetzt sei zu beobachten, dass Online- und Versandhändler einzelne Produkte aus ihrem Angebot streichen. Der von der Branche zu leistende Aufwand stehe zu den tatsächlich eintretenden Effekten der Gesetzesnovelle in keinem Verhältnis.

"Denn ob durch die verpflichtende Handelsrücknahme tatsächlich eine signifikante Erhöhung der Rücknahmequote erreicht werden wird, ist keineswegs ausgemacht. Im Gegenteil wird es nach überwiegender Einschätzung allenfalls zu Verlagerungseffekten kommen, weg vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, hin zum Handel. Demgegenüber steht die extrem anspruchsvolle und kostenintensive Verpflichtung eines jeden Online- und Versandhändlers, ein feinmaschiges Rückgabenetz von ca. 1.500 Rückgabestellen dauerhaft vorhalten zu müssen."

Sebastian Schulz, Leiter Rechtspolitik & Datenschutz, Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V.

Mehr Umweltschutz oder Neuregelung ohne Wirkung?

Umweltschützer halten die neue Regelung für verbraucherunfreundlich und wirkungslos. Zum Beispiel der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch. Er bemängelt, dass das Rücknahmeverfahren für Verbraucher abschreckend sei. Viele Internethändler würden eine Rücknahme nur durch einen Paketversand anbieten, sodass das Gerät aufwendig verpackt werden müsse.

Jürgen Resch vom Verein "Deutsche Umwelthilfe"

Resch findet es außerdem absurd, dass "Discounter wie Lidl und Aldi, die Elektrogeräte massenhaft als Aktionsware verkaufen" von der Rücknahmepflicht ausgenommen sind. Die Umwelthilfe fordert, die gesamte Verkaufsfläche eines Händlers als Bemessungsgrundlage für dessen Rücknahmepflicht heranzuziehen. Dadurch würden auch Geschäfte mit wechselndem Angebot einbezogen. Ähnlich argumentiert der Sprecher für Umweltpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, Peter Meiwald.

"Es kann nicht sein, dass wesentliche Inverkehrbringer von Elektro- und Elektronikgeräten, insbesondere die Discounter, von der Rücknahmepflicht verschont bleiben, da sie weniger als 400 Quadratmeter Verkaufsfläche für Elektroartikel pro Standort haben. Die Bundesregierung hat ohne jegliche sachliche Begründung den Discountern einen Marktvorteil gegenüber dem Fachhandel verschafft."

Sprecher für Umweltpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, Peter Meiwald

Umsetzung in der Praxis? Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) befürchtet eine schlechte Umsetzung der neuen Regelung in der Praxis. Der Nabu hat nach eigenen Angaben die bisherigen Hinweise der Großhändler auf die neue Rücknahme-Pflicht untersucht. Das Ergebnis: Unternehmen bieten entweder eine kostenpflichtige Rücknahme an oder verweisen auf kommunale Sammelstellen. In einigen Fällen habe es auch gar keine Informationen zu Rückgabemöglichkeiten gegeben. Bei Testanrufen beim Kundenservice konnten die Mitarbeiter keine Auskunft darüber geben, wie Altgeräte künftig beim Händler zurückgegeben werden sollen. Es sei deshalb zweifelhaft, ob die Online-Händler diese Informationspolitik am 25.7.2016 schnell ändern werden.

Rücksender zahlt Verpackung, Händler das Porto

Der Nabu fordert von Online-Händlern, schon auf der Startseite auf die Rückgabemöglichkeit hinzuweisen. Die Verbraucherzentrale rät dazu, vor dem Kauf eines neuen Geräts die Rücknahmemodalitäten des Altgeräts genau zu klären. Zum Beispiel die Abholung von zu Hause, wenn ein schweres Altgerät nicht zu einer Sammelstelle gebracht werden kann. Bei Kleingeräten seien Lösungen mit Retouren-Gutscheinen wünschenswert. Das Porto muss so der Händler übernehmen, die Verpackungskosten bleiben beim Verbraucher. Und wenn Händler eine Rücknahme verweigern? Dann sollten Kunden sich an die zuständige Ordnungsbehörde oder an die Verbraucherzentrale wenden.


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