Beitrittsverhandlungen mit Türkei Immer noch weit weg von der EU
Der Flüchtlingsdeal sollte die Türkei der EU eigentlich ein Stück näher bringen - und gerade werden die Beitrittsgespräche in der Tat ausgeweitet. Doch bei den Themen Visa-Freiheit und Antiterrorgesetze kommen beide Seiten nicht weiter. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte nun den sofortigen Stopp der Verhandlungen.
Teil des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei war das Versprechen, den stockenden Beitrittsverhandlungen mit dem Land am Bosporus neues Leben einzuhauchen. Dieses Versprechen löst die EU nun ein.
Doch Beobachter hegen Zweifel, ob die Türkei damit wirklich einen entscheidenden Schritt zu auf die Eingangstür der EU macht. Gerade eröffnete die Europäische Union einen neuen Verhandlungsbereich in den Beitrittsgesprächen mit Ankara - mit dem Kapitel 33 des EU-Beitrittskatalogs, das Finanz- und Haushaltsbestimmungen gewidmet ist. Ganz bewusst hat man sich also ein komplett unverfängliches Thema gesucht. Vom Öffnen heiklerer Kapitel ist man derzeit weit entfernt.
Knackpunkte Visa-Freiheit und Antiterrorgesetze
Beide Seiten wissen: Es gibt zwar einen Flüchtlingsdeal zwischen der EU und Ankara. Doch der türkische Präsident höchstpersönlich hatte zuletzt mehr als einmal gedroht, ihn platzen zu lassen. Hauptstreitpunkt: Ankara will Visa-freies Reisen für seine Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Die EU besteht darauf, dass die Türkei erst ihre Antiterrorgesetze ändert, weil die Erdogan-Regierung den Begriff "Terrorist" auch etwa für kritische Journalisten verwendet.
"Neue Forderungen an die Adresse der Türkei, hier etwas zu ändern, bestärkt doch nur die Terroristen. Daher haben wir unseren Partnern auf der EU-Seite gesagt, dass wir die Anti-Terrorgesetze nicht ändern können - vielleicht eines Tages, wenn die Zeit dafür reif ist."
Mevlüt Cavusoglu, türkischer Außenminister
Gerade erst wurde das Land von einem erneuten, schweren Anschlag erschüttert. Nach dem Blutvergießen am Flughafen Istanbul, vermutlich durch Terroristen des sogenannten "Islamischen Staat" ausgelöst, begann das Treffen in Brüssel mit einer Schweigeminute - und der Solidaritätsabotschaft von Seiten der EU: Wir stehen zusammen im Kampf gegen den Terrorismus.
Türkei selbstbewusst
Was ihre europäische Zukunft angeht, so gibt sich die türkische Seite durchaus selbstbewusst.
"Nach dem Brexit, nach dem Austritt der Briten aus der EU, wir die Position der Türkei gestärkt. Jedes Szenario, das die Türkei dann nicht in die Überlegungen mit einbezieht, ist ein schwaches Szenario."
Ömer Celik, Europaminister und Hauptverhandler Türkei
Präsident Erdogan hingegen hatte zuletzt nicht den Eindruck erweckt, er lege besonders viel Wert auf die EU-Mitgliedschaft - und hatte sogar angekündigt, seine Bevölkerung darüber abstimmen zu lassen, ob man die überhaupt noch wolle.
Scheuer: Beitrittsgespräche sofort einstellen
Wenn es nach dem CSU-Generalsekretär geht, bräuchte es eine Abstimmung in der Türkei gar nicht. Scheuer kritisierte die aktuelle Ausweitung der Beitrittsgespräche mit Ankara: "Brüssel hat den Weckruf wohl nicht gehört", so der CSU-Politiker. Er forderte stattdessen, dass die EU sich nach dem Brexit-Votum auf ein zukünftiges gutes Verhältnis zu Großbritannien konzentrieren solle.