Neue Erkenntnisse Der Attentäter und der Therapeut
Der Attentäter von Ansbach war in Lindau in psychologischer Behandlung. Nach BR-Recherchen ist die Einrichtung "Exilio" jedoch im Landkreis stark umstritten - die Zusammenarbeit wurde seitens des Landratsamtes bereits 2015 aufgekündigt.
Der Attentäter von Ansbach war nach Angaben des Lindauer Therapeuten und Heilpraktikers, Axel von Maltitz, "schwer traumatisiert". Der 27-Jährige war etwa ein halbes Jahr bei "Exilio", einem gemeinnützigen Verein, der nach eigenen Angaben "ganzheitliche Hilfe für Migranten, Flüchtlinge und Folterüberlebende" anbietet. Zentrale Personen im Verein sind nach BR-Recherchen das Ehepaar Gisela und Axel von Maltitz. In ihrem Haus ist die Einrichtung "Exilio" untergebracht. Dort praktizieren auch beide. In der Einrichtung arbeiten Sozialpädagogen und Heilpraktiker für Psychotherapie.
Im BR-Interview sagt von Maltitz, dass in seinen Augen eine drohende Abschiebung nach Bulgarien der unmittelbare Auslöser für die Tat gewesen sein könnte. Den Ämtern sei das "ganz klar bekannt" gewesen.
"Ich habe ganz klar gewarnt, dass ihm dieser spektakuläre Suizid zuzutrauen ist, in dem Moment, wo man ihn nach Bulgarien abschieben möchte. Wenn diese Androhung kommt, dann ist das möglich, so habe ich das formuliert - und zwar anderthalb Jahre vorher."
Axel von Maltitz, Exilio Heilpraktiker
Der 27-Jährige spätere Attentäter sei jemand gewesen, der "Aufmerksamkeit erringen wollte". Seiner Einschätzung nach wurde er nicht vom IS gesteuert. "Er hat sich in Therapie begeben, weil es ihm sehr schlecht gegangen ist. Das spricht zum Beispiel auch dagegen, dass er IS-gesteuert wäre. Ein Soldat des IS würde nicht in Psychotherapie kommen."
"Exilio" ist im Landkreis umstritten
Axel von Maltitz, Heilpraktiker für Psychotherapie, der den Attentäter von Ansbach in Behandlung hatte.
Die Einrichtung "Exilio" ist im Landkreis umstritten. Das Landratsamt Lindau arbeitet seit längerem nicht mehr mit dem Verein zusammen. Zudem vergibt das Landratsamt Aufträge für psychiatrische Gutachten ausschließlich an Fachärzte. Eine Sprecherin des Landratsamtes erklärte auf BR-Anfrage, dass der Ansbach-Attentäter dem Landkreis Lindau nicht zugewiesen und dort auch nie gemeldet war. Nicht bekannt war dem Landratsamt demnach, dass der Mann in Lindau eine therapeutische Behandlung bekommen hat.
Bereits im Mai 2015 hatte das Landratsamt erklärt, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Verein "Exilio" bei der Betreuung von zwei Gemeinschaftsunterkünften beendet haben. Hintergrund waren Probleme in der Zusammenarbeit. Das Landratsamt hatte Exilio vor gut einem Jahr als Partner "mit intransparenter Projektaquise und -durchführung" bezeichnet, bei dem "keine verlässliche Absprache und Zusammenarbeit" erkennbar war.
Müller: "Exilio" von Seiten der Fachkräfte geeignet
Diese Bedenken gegenüber der Lindauer Einrichtung sind anscheinend nicht überall vorhanden. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU) sagte am Donnerstag, dass "Exilio" von Seiten der Fachkräfte und Experten als Einrichtung für eine Therapie geeignet war. Müller bestätigte, dass der 27-Jährige Syrer, der zwei Selbstmordversuche hinter sich hatte, zunächst stationär im Bezirkskrankenhaus Ansbach behandelt wurde und anschließend eine Traumatherapie begann. Diese verlief bis Januar 2016.
Müller sagte, dass der Antrag auf Fortsetzung der Therapie zehn Tage nach Beendigung gestellt wurde. Das zuständige Sozialamt in Ansbach habe diesen auch bewilligt, unmittelbar nachdem das dafür notwendige ärztliche Gutachten eingetroffen war. Darin heißt es nach BR-Informationen wörtlich: "Deshalb wird empfohlen, die Psychotherapie entsprechend dem Vorschlag von Exilio fortzusetzen."
"Allerdings hat sich dieses Gutachten enorm hinausgezögert."
Emilia Müller, Bayerns Sozialministerin (CSU)
Attentäter wollte Therapietermin verschieben
Axel von Maltitz sagte im BR-Interview, dass er den Antrag auf Weiterführung der Therapie im Februar gestellt habe. Im Juli sei die Fortsetzung bewilligt worden. Von Maltitz sagte, er habe eine Woche vor dem Attentat mit dem 27-Jährigen telefoniert und einen Termin ausgemacht. Der Syrer habe den Termin jedoch nicht, wie vorgeschlagen, am 25. Juli wahrnehmen wollen, sondern eine Woche später.
"Es steht noch bei mir im Kalender, der 1. August. Da hatte ich ihn erwartet."
Axel von Maltitz, Exilio Heilpraktiker
Auf die Frage nach der Suizidgefährdung verweist von Maltitz auf die Entlassungspapiere der Klinik in Ansbach. "Das ist für mich auch eine Absicherung, das niemand hier Suizid begeht. Insofern war eine Garantie da. Ich habe die Suizidalität auch nur insofern diagnostiziert, als eine Abschiebung angedroht wird.“
Das Landratsamt Lindau verweist am Donnerstag darauf, dass nach den Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zum Beispiel bei der Beurteilung der Reiseunfähigkeit eines vollziehbar ausreisepflichtigen Asylbewerbers ein fachärztliches Attest vorgelegt werden muss, das gewisse Mindestanforderungen erfüllen muss. Eine Bescheinigung eines approbierten psychologischen Psychotherapeuten oder Psychotherapeuten erfüllt demnach zum Beispiel bei Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung nicht die gesetzlichen Anforderungen. Weiter heißt es in den Vorgaben des Ministeriums, dass auch bei einer Begutachtung auf eine posttraumatische Belastungsstörung als Mindeststandard die Anerkennung als Fachärztin bzw. Facharzt für Psychiatrie, für Psychiatrie und Psychotherapie oder als Nervenärztin, bzw. Nervenarzt zu fordern ist.
Rückblick auf den Ansbacher Anschlag
Am Sonntagabend hatte der Syrer den bisherigen Erkenntnissen zufolge versucht, auf das Gelände eines Open-Air-Festivals zu gelangen. Er war allerdings nicht eingelassen worden, da er keine Karte hatte. Anschließend detonierte der Sprengsatz vor einem der Zugänge. Insgesamt wurden 15 Menschen verletzt, vier davon schwer.
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Eva Martin, Donnerstag, 28.Juli 2016, 17:49 Uhr
5. Bitte mehr Hintergründe
Weshalb hat sich der Landkreis von Exilio distanziert? In dem folgenden Artikel steht dazu mehr: http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Landkreis-distanziert-sich-von-Exilio-_arid,10226134_toid,441.ht
" Es hat Zeiten gegeben, da hat der Landkreis Unterstützerbriefe für Exilio geschrieben. Damit der Verein für seine Flüchtlingsarbeit leichter an Fördergelder und Zuschüsse kommt. Doch die Zeiten sind vorbei. Endgültig, seit im Herbst 2012 Exilio von Jugendamtsleiter Patrick Zobel eine Unterlassungserklärung unterschrieben haben wollte: Er hatte damals, wie auch ein Ausschussmitglied, kritische Fragen zur Arbeitsweise des Vereins gestellt. Heute heißt es: „Der Landkreis arbeitet mit Exilio in der Betreuung von Flüchtlingen strukturell nicht (mehr) zusammen.“ Man sehe keine vertrauensvolle Basis für eine gemeinsame Arbeit. ..." Gerne auch was Kritisches zum Landratsamt/Jugendamt und der allgemeinen Gutachtermisere: Behörden ziehen nämlich die schlechteren den besseren vor.
LiFe, Donnerstag, 28.Juli 2016, 17:27 Uhr
4. Axel von Maltitz
Auf der Homepage sieht Axel von Maltitz anders aus. Jünger schaut er aus, als der obig abgebildete Herr! Oder?
Antwort von Gruber, Samstag, 30.Juli, 13:21 Uhr anzeigen
na ja, der war halt auch mal jung :-)
Wanda, Donnerstag, 28.Juli 2016, 16:47 Uhr
3. Warum schauen wir nur zu ?
- es ist jeder Weichmacher recht, um die islamistische Gefahr klein zureden. Dass Politiker, denen die Felle wegschwimmen, so reagieren ist normal. Dass sich aber auch unsere Medien dazu hergeben, ist bedenklich. Vor allem die Öffentlich-Rechtlichen sind zu quasi merkelkonformen Regierungslautsprechern mutiert. Die Presse hat sich da bisher besser positioniert und übt wieder Kritik, je nach Ausrichtung.
Beispiel: die inzwischen bundesweit zu häufigen sexuellen "Übergriffe" junger Muslime (kürzlich in Weilheim/Teck, Xanten, Bremen) in den Schwimmbädern, bei open-air-Konzerten und sonstigen Fest-Veranstaltungen finden überhaupt keine Beachtung mehr.
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Antwort von Truderinger, Donnerstag, 28.Juli, 22:09 Uhr anzeigen
Ihre Quellen, Wanda? Nein, sagen Sie nichts: pi-news? Compact? Die wahre Lügenpresse halt! Übrigens, auch von Ihnen muss jeder Beitrag überarbeitet werden. Seien Sie mal etwas weniger "besorgt"!
Antwort von weiß, Donnerstag, 28.Juli, 23:25 Uhr anzeigen
"seien sie mal etas weniger besorgt" -- ziemlich überheblich und arrogant, herr oberlehrer
Antwort von Lechinger Thomas, Freitag, 29.Juli, 07:23 Uhr anzeigen
Sagen Sie mal, was erlauben Sie sich eigentlich Truderinger?
Das ist nicht nur überheblich, sondern selbstherrlich und überheblich.
Stellen Sie sich mal in die rechte Ecke, Herr Oberlehrer.
Antwort von Gruber, Samstag, 30.Juli, 13:22 Uhr anzeigen
@Truderinger. Wenn ich sowas lese, checke ich die Nachricht in der örtlichen Zeitung, und siehe da: es steht auch dort geschrieben. Ich kann Ihnen diese Methode auch empfehlen!
CCS, Donnerstag, 28.Juli 2016, 16:03 Uhr
2. Dubiose Therapie, na ja...
In diesem Beitrag gerät aber vorschnell ein ganzer Berufsstand in Verruf. Darf man mal pietätvoll an den Germanwings-Co-Piloten Andreas L. erinnern, der jahrelang in Behandlung sog. approbierter Ärzte war und auch nicht zu kontrollieren war...
Antwort von Eska Peter, Donnerstag, 28.Juli, 16:22 Uhr anzeigen
"...Darf man ... an den Germanwings-Co-Piloten Andreas L. erinnern...
Man muß!
Aus dem Beipackzettel eines gängigen Antidepressiva:
"...Wenn Sie depressiv sind oder unter Angststörungen leiden, können Sie manchmal Gedanken daran haben, sich selbst zu verletzen oder Suizid zu begehen.
Solche Gedanken können bei der erstmaligen Anwendung von Antidepressiva verstärkt sein, denn alle diese Arzneimittel brauchen einige Zeit bis sie wirken, gewöhnlich etwa zwei Wochen, manchmal auch länger.
Das Auftreten derartiger Gedanken ist wahrscheinlicher,
• wenn Sie bereits früher einmal Gedanken daran hatten, sich das Leben zu nehmen oder daran gedacht haben, sich selbst zu verletzen,
• wenn Sie ein junger Erwachsener sind. Ergebnisse aus klinischen Studien haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Suizidverhalten bei jungen Erwachsenen im Alter bis 25 Jahre gezeigt, die unter einer psychiatrischen Erkrankung litten und mit einem Antidepressivum behandelt wurden..."
Antwort von Hans Eisele, Donnerstag, 28.Juli, 16:48 Uhr anzeigen
Auch der junge Mann in Winnenden war in Behandlung.....
Antwort von dem komplexen menschlichen Gehirn, Donnerstag, 28.Juli, 17:12 Uhr anzeigen
Ja und zig tausende Patienten mehr, die aber eben nicht Amok laufen/Terrorakte begehen.
Antwort von Nachdenker, Donnerstag, 28.Juli, 18:13 Uhr anzeigen
Und zig tausende fahren alkoholisiert Auto. Was nützt das wenn tausendmal nichts passiert? Man muss auch Medikamente hinterfragen, auch wenn es der Pharmalobby nicht passt.
Antwort von dem komplexen menschlichen Gehirn, Donnerstag, 28.Juli, 19:27 Uhr anzeigen
Als würde alle nur mit Psychopharmaka arbeiten. Schon mal was von Gesprächs- und anderen Therapien gehört? Grüße
Antwort von Eska Peter, Donnerstag, 28.Juli, 21:07 Uhr anzeigen
@d.k.m.G.:
Die gängige Therapie verläuft zweigleisig: SSRI(evtl. dazu noch Lithium und Neuroleptikum) plus Verhaltenstherapie. Beides auch nur Symptom-Behandlung.
Die Wechselwirkungen der eingenommenen Medikamente sind jedenfalls nicht vorhersehbar!
Gerhard, Donnerstag, 28.Juli 2016, 15:46 Uhr
1. Traumatisiert
Wie sicherlich viele andere bin auch ich derzeit hin und her gerissen. Nach all dem, was viele der Flüchtlinge erleben mussten, werden sie trotz bester therapeutischer Betreuung sicherlich noch für sehr lange traumatisiert sein. Leider müssen wir auch erkennen, dass diese Menschen zur tickenden Zeitbombe werden können. Dies bereitet sicherlich nicht nur mir Angst.
Gleichzeitig muss ich im Freundeskreis erleben, dass 2 Heranwachsende dringend psychologische Hilfe benötigen, leider aber keine bekommen, weil alle Therapeuten in unserem Großraum bis mindestens Ende d.J. ausgebucht sind. Ob sich unsere Kanzlerin vorstellen kann, was die betroffenen Eltern derzeit denken und fühlen wenn sie hören, warum sie für ihre Kinder derzeit keine therapeutische Hilfe bekommen? Hauptsache wir schaffen das!
Antwort von Manfred, Donnerstag, 28.Juli, 16:18 Uhr anzeigen
Gerhard, zu Ihrem 2. Absatz:
LEIDER ist das schon lange so, dass man - je nach Wohngegend - bis zu 2 Jahre auf einen Therapieplatz warten muss. Das ist absoluter Irrsinn aber leider Tatsache. Ich glaube aber nicht, dass das jetzt sich irgendwie verschärft hat durch Therapien für Flüchtlinge.
DENN: (Zumindest hier) ist es nämlich so: Es gibt eigentlich genug Therapeuten, wenn man privat versichert ist, bekommt man auch schnell einen Platz. Aber es gibt zu wenig Kassen-Zulassungen bzw. zu wenig zugelassene Stunden. - Da die Therapien für Flüchtlinge aber vermutlich auf anderen Wegen organisiert werden, sollte sich das nicht "in die Quere" kommen.
Antwort von Gruber, Samstag, 30.Juli, 13:29 Uhr anzeigen
die Behandlung von "Flüchtlingen" bringt dem Arzt mehr Geld ein, als die von einem Kassenpatienten. Im Übrigen, müßen doch die Ansässigen bevorzugt werden. erstens , sie erwirtschaften das Gut, mit dem die anderen durchgeschleppt werden , und 2..... und 3......usw.