Anonymous-Aktion Facebook-Nutzer trickst die Flüchtlingshetzer aus
Geschenkte Smartphones, Gutscheine für's Bordell - so lautet eine von unzähligen Meldungen, die bei Facebook über Flüchtlinge kursieren. Oft sind die Posts allerdings sogenannte Honeypots - bewusste Falschmeldungen, welche die Leichtgläubigkeit vieler Nutzer bloßstellen sollen.
Flüchtlinge wohnen im Luxushotel, tragen Designerklamotten und – die neueste "Meldung": Flüchtlinge bekommen gegen Eintauschen eines Gutscheins ein Smartphone. Das kommt ihnen bekannt vor? Klar, denn Falschmeldungen wie diese kursieren derzeit zu hunderten in den Sozialen Netzwerken. Die "Besorgten Bürger", wie sich Neonazis und Ausländerfeinde gern nennen, um ihre Einstellungen zu verharmlosen, teilen und kommentieren diese Unwahrheiten. Entlarvt oder gar sanktioniert werden sie nur in den seltensten Fällen.
200-Euro Smartphone kostenlos - angeblich
Ein Aktivist hat nun mit einer inszenierten Falschmeldung die Flüchtlingsgegner entlarvt: Er postete ein Bild mit einem vermeintlichen Gutschein des Sozialamts Chemnitz. Den sollten Flüchtlinge angeblich kostenlos gegen ein Smartphone im Wert von 200 Euro eintauschen können. "Bekommen die jetzt schon alles vom Staat in den Arsch geschoben?", stand über dem Posting.
"Dummer Nazi" – statt Hetzparolen
Dann passierte das übliche: Hunderte Male wurde das Bild geteilt, versehen mit noch rassistischeren Kommentaren als der des Verfassers. Als die Empörungswelle gerade so richtig über Facebook zu schwappen begann, änderte Micha Gerlach den Inhalt seiner Statusmeldung - und plötzlich war in den Facebook-Timelines keine Flüchtlingshetze, sondern ein entlarvender Satz zu lesen: "Ich bin ein strohdummer Nazi". Die "Besorgten Bürger" waren damit auf einen Honeypot, einen Köder hereingefallen.
Anonymous steckt wohl dahinter
Wer den ausgelegt hat? Wer genau der Post-Verfasser Micha Gerlach ist, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Spannender als seine Identität ist ohnehin die Aktion: Gerlach gehört wohl zu einem Chemnitzer Anonymous-Ableger. Hinter Anonymous steckt ein globales Netzwerk aus Hackern und Aktivisten.
Umsonst ins Bordell
Und einem von ihnen – der eben kurzzeitig mit einem Micha-Gerlach-Facebook-Profil in Erscheinung trat, schien es nach den fremdenfeindlichen Attacken in Sachsen zu reichen. Den Rechtspopulisten eine Lektion zu erteilen, das ist dem User jedenfalls gelungen.
Verein deckt Falschmeldungen auf
Allerdings ist die Smartphone-Falschmeldung nur eine unter vielen: Anfang des Monats ging ein Gutschein für einen Gratis-Bordellbesuch für Flüchtlinge viral. Der sich ebenfalls als Fake herausstellte. Oft sind es Details, die solche Posts enttarnen – und die eigentlich auch den "Besorgten Bürgern" auffallen könnten: Bei der Bordell-Freikarte war "Sozialamt des Freistaates Bayern" aufgedruckt – eine Institution die es überhaupt nicht gibt.
Derartige Facebook-Lügen enttarnen, das hat sich der Verein Mimikama zur Aufgabe gemacht: Drei feste Mitarbeiter recherchieren, was es mit den fragwürdigen Nachrichten auf sich hat, und jeder Nutzer kann dem Verein eine Meldung machen, wenn er auf fragwürdige Inhalte im Netz gestoßen ist. Zumindest eine kleine Rettungsmaßnahme, wenn mal wieder Falschmeldungswellen durch Facebook wabern.