15

Fidel Castro ist tot Staatstrauer in Kuba

Er war einer der ganz großen Revolutionäre: Fidel Castros Guerilleros fegten eine korrupte Diktatur weg - und das kleine Kuba bot den mächtigen USA die Stirn. Mit seinem Tod endet auf Kuba eine Ära, auch wenn er seine Regierungsämter schon vor Jahren niedergelegt hatte. Die kubanische Führung rief eine neuntägige Staatstrauer aus.

Von: Ernst Eisenbichler

Stand: 26.11.2016

Staatstrauer in Kuba: Dort, wo Fidel Castro die ersten Revolutionsversuche unternahm, soll der legendäre Ex-Präsident auch bestattet werden. Die Beerdigung ist für den 4. Dezember in Santiago de Cuba im Osten der Karibikinsel geplant, wie die sozialistische Regierung mitteilte. Zudem ordnete sie eine neuntägige Staatstrauer an.

"Ich werde 100 Jahre weinen"

Für die einen ist Fidel Castro ein Held, für die anderen ein brutaler Diktator. Während Exil-Kubaner in Miami sich spontan zu Freudenkundgebungen versammelten, löste die Todesnachricht auf Kuba meist Bestürzung aus. "Ich werde 100 Jahre weinen", so eine Verwaltungsangestellte in Havanna. "Für mich ist Fidel alles, er hat eine Revolution für die Armen gemacht. Wir Armen schulden ihm alles." Politiker aus aller Welt würdigten Castro als große Persönlichkeit der Zeitgeschichte.

Reaktionen aus aller Welt

Federica Mogherini, EU-Außenbeauftragte

"Fidel Castro war ein entschlossener Mann und eine historische Gestalt. Er stirbt in Zeiten großer Herausforderungen und Unsicherheiten. Und großer Veränderungen in seinem Land." Die EU wolle weiter eng mit Kuba zusammenarbeiten.

Gabi Zimmer, Chefin der Linksfraktion im Europaparlament

"Wir werden uns an Fidel Castro als heroischen Staatsmann des 20. Jahrhunderts erinnern, der an der Seite Che Gueveras gegen den Diktator Fulgencio Batista kämpfte. Wir werden uns auch an Castro erinnern als jemanden, der an sozialistische Ideale glaubte und die Selbstbestimmung der Völker unterstützt hat."

Wladimir Putin, Präsident Russland

"Er gilt zurecht als Symbol einer ganzen Ära der Zeitgeschichte. Fidel Castro war ein aufrechter und zuverlässiger Freund Russlands."

Nicolás Maduro, Regierungschef Venezuela

"Fidel hat sich auf den Weg in die Unsterblichkeit jener gemacht, die ihr ganzes Leben kämpfen. Immer bis zum Sieg."

Rafael Correa, Staatschef Ecuador

"Ein Großer ist von uns gegangen. Fidel ist gestorben. Es lebe Kuba. Es lebe Lateinamerika."

Salvador Sánchez Cerén, Präsident Salvador

"Fidel wird für immer im Herzen der solidarischen Völker leben, die wir für Gerechtigkeit, Würde und Brüderlichkeit kämpfen."

US-Präsident Barack Obama

"Die Geschichte wird den enormen Einfluss dieser einzigartigen Figur auf die Menschen und die Welt um ihn herum beurteilen."

Donald Trump, zukünftiger US-Präsident

"Ein brutaler Diktator ist tot. Sein Vermächtnis ist eines von Schießkommandos, Diebstahl, unvorstellbarem Leid, Armut und der Verweigerung fundamentaler Menschenrechte."

Papst Franzikus

"Ich bete zum Herrn, dass Castro in Frieden ruhen möge und vertraue die kubanische Bevölkerung der mütterlichen Fürsprache der Barmherzigen Jungfrau von Cobre an, der Schutzpatronin des Landes."

Leben einer Legende

So mancher antikapitalistische Revolutionär stammte aus wohlhabenden Verhältnissen - so auch Fidel Castro. Sein Vater war erfolgreicher Zuckerrohrplantagen-Besitzer, den Fidel später einen "Ausbeuter" schimpfte. Der hatte das karibische Licht der Welt in Birán erblickt, einem Dorf im äußersten Osten der Insel - in einer Gegend wie geschaffen für kubanische Rebellen. Dort hatte einst auch der Unabhängigkeitskrieg gegen die Kolonialmacht Spanien begonnen. Geboren wurde Castro an einem 13. August - offiziell 1926, in Wahrheit wohl eher 1927.

Undatierte Jugendaufnahme

Castro ging bei den Jesuiten zur Schule - zunächst in Santiago de Cuba, dann in Havanna. Danach studierte er an der Universität der Hauptstadt Rechtswissenschaften, 1950 wurde er zum Dr. jur. promoviert. Im selben Jahr begann er - wenig erfolgreich - als Rechtsanwalt zu arbeiten. Mehr Interesse zeigte er für die Politik, 1947 schloss er sich einer links-nationalen Partei an, die gegen die korrupte Regierung agitierte. 1952 wollte Castro für einen Parlamentssitz kandidieren, doch der Putsch des Generals Fulgencio Batista vereitelte das.

1953: Proberevolution gescheitert

Dass Castro gewillt war, es mit jedem Gegner aufzunehmen, zeigte sich kurz darauf: Der Jurist strengte eine Klage auf Verfassungsbruch gegen Batista an, der rasch zum Diktator mutiert war. Die Klage wurde abgewiesen, Castro ging - unter Berufung auf das Widerstandsrecht in der Verfassung von 1940 - zum bewaffneten Kampf über. Am 26. Juli 1953 versuchte er mit 128 Mitstreitern die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba zu stürmen. Die Revolte scheiterte. Den wenigen Überlebenden - unter ihnen auch Fidels jüngerer Bruder Raúl - wurde der Prozess gemacht. Das Gericht verurteilte die Brüder zu langjährigen Freiheitsstrafen. Fidel Castro verteidigte sich während der Verhandlung selbst und sprach dabei den berühmt gewordenen Satz:

"Die Geschichte wird mich freisprechen!"

Fidel Castro

1959: Revolution eigentlich chancenlos, aber erfolgreich

Der Volksmund nannte die Revolutionäre "los barbudos" (die Bärtigen): Fidel Castro und Ernesto "Che" Guevara im August 1960.

Nach knapp zwei Jahren kamen die Brüder aufgrund einer Generalamnestie Batistas frei - aus der Sicht des Diktators ein folgenschwerer Fehler. Im mexikanischen Exil baute Castro eine Gruppe von Revolutionären auf - unter ihnen der Argentinier Ernesto "Che" Guevara. Im Dezember 1956 landeten sie mit der Yacht "Granma" an der Ostküste Kubas. "Vaterland oder Tod" war ihr Motto, das später in "Sozialismus oder Tod" abgewandelt wurde. In der Tat wurden fast alle der 82 Männer sofort von Regierungstruppen getötet, aber zwölf entkamen in die unzugänglichen Berge der Sierra Maestra - der Beginn einer unwahrscheinlichen Revolutionsstory.

Kuba war inzwischen zu einer Art Hinterhof-Bordell der USA geworden, Havanna zur Vergnügungsmetropole nordamerikanischer Touristen. Batista fungierte quasi als Lobbyist US-amerikanischer Mafiosi, die auf der Insel ungehindert ihren kriminellen Machenschaften nachgehen konnten. Immer mehr Kubaner sympathisierten mit den Guerilleros in den Bergen und unterstützten sie. Als "Comandante en Jefe" organisierte der geschickte Stratege Castro mehr als zwei Jahre lang den Widerstand. Am Ende gelang die Revolution - und das gegen eine zahlenmäßig weit überlegene Armee. Der Gewaltherrschaft Batistas war das Ende bereitet, er floh am 1. Januar 1959 ins Exil.

Umfassende Verstaatlichungen, vorbildliches Gesundheitssystem

In der Folge präsentierte sich "Maximo Líder" Castro als Schöpfer eines selbstbewussten und sozial gerechten Kubas. In der Tat wurde ein Bildungs- und Gesundheitssystem entwickelt, das bis heute in den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern seinesgleichen sucht. So sind kubanische Ärzte seit Jahrzehnten ein Exportschlager. Schon kurz nach der Revolution ließ Castro privaten Großgrundbesitz und die Industrie verstaatlichen. Unter anderem viele US-amerikanische Firmen gingen dadurch in kubanischen Besitz über. Die USA antworten 1962 mit einer jahrzehntelang wirkenden Handels- und Finanzblockade.

Am Rand des Atomkriegs - die Kuba-Krise

Castro fand in der Sowjetunion den dringend benötigten Sponsor, der den Kubanern etwa Zuckerrohr zu Preisen über dem Weltmarktniveau abkaufte. In Zeiten des Kalten Kriegs näherte sich Castro immer mehr dem kommunistischen Block an. Die UdSSR durfte Mittelstreckenraketen auf der Insel stationieren - eine Provokation für die davon nur wenige Hundert Kilometer entfernten USA. Deren Präsident Kennedy verhängte eine Seeblockade gegen Kuba. Ein Atomkrieg gegen die Sowjetunion drohte, doch Kreml-Chef Chruschtschow ließ die Raketen wieder abziehen. Im Falle eines Angriffs auf Kuba soll Castro angeblich einen nuklearen Erstschlag gegen die USA befürwortet haben - "Sozialismus oder Tod". Am Ende war die Kuba-Krise ein Erfolg für die Amerikaner, nachdem sie 1961 das Fiasko der missglückten Invasion in der sogenannten Schweinebucht erlebt hatten.

Mangelverwaltung, demokratische Defizite

Trotz der Unterstützung der Sowjets blieb Kuba wirtschaftlich weitgehend ein Mangelstaat. Längst war die kubanische Revolution in Bürokratismus erstarrt. Das war auch einer der Gründe, warum es bereits in den 1960er Jahren zum Zerwürfnis zwischen Castro und Guevara gekommen war. Mangel gab es auch an demokratischen Standards: keine freien Wahlen, keine Pressefreiheit, keine andere Partei außer Castros kommunistischer, Inhaftierungen von politisch Andersdenkenden. Richtig prekär wurde die Lage Anfang der 1990er Jahre nach dem Zusammenbruch der UdSSR, der auf der Insel zum Teil zu gravierenden Versorgungsnotständen führte. 1994 kam es in Havanna zu den bis dato schwersten Unruhen auf Kuba.

Im Amt zehn US-Präsidenten erlebt

Fidel Castro auf dem Krankenbett 2006

Wie einige Krisen zuvor, überstand Castro auch diese. Ein erstes Anzeichen für eine Fidel-Dämmerung gab es im Oktober 2004, als er bei einem öffentlichen Auftritt stolperte und sich mehrere Brüche zuzog. In westlichen Medien wurde bereits "Castro gestürzt" getitelt. Doch so weit war es noch nicht. Erst 2006, nach schweren Darmblutungen, begann er sich zurückzuziehen. 2008 trat er von seinen politischen Ämtern zurück. An der Macht war er 49 Jahre gewesen, während der er zehn US-Präsidenten erlebte.

Neue Ära: März 2016, historischer Handschlag in Havanna - Raúl Castro und US-Präsident Barack Obama

Nach Fidels Rückzug übernahm sein Bruder Raúl Staats- und Parteivorsitz. Der Pragmatiker leitete Reformen ein und ließ teilweise Privatisierungen zu. Ein historischer Schritt war die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Erzfeind USA. Wie Fidel zum neuen Kurs seines Bruders stand, wissen nur Insider. Fragen kann man den Revolutionär, der längst zum Mythos geworden ist, nicht mehr. Castro starb im Alter von 90 Jahren am 25. November 2016.


15

Kommentieren

Andrea , Samstag, 26.November 2016, 23:13 Uhr

16. Was ist das nur für eine Gerechtigkeit?

Castro fand in der Sowjetunion den dringend benötigten Sponsor, der den Kubanern etwa Zuckerrohr zu Preisen über dem Weltmarktniveau abkaufte. In Zeiten des Kalten Kriegs näherte sich Castro immer mehr dem kommunistischen Block an. Die UdSSR durfte 1962 Mittelstreckenraketen auf der Insel stationieren - eine Provokation für die davon nur wenige Hundert Kilometer entfernten USA. Deren Präsident Kennedy verhängte eine Seeblockade gegen Kuba. Ein Atomkrieg gegen die Sowjetunion drohte, doch Kreml-Chef Chruschtschow ließ die Raketen wieder abziehen.
Jetzt muß Russland eine Einkreisung mit US-Militärbasen mit Raketen und Manöver entlang seiner Grenzen erdulden. Was ist das für eine Gerechtigkeit?

Elke, Samstag, 26.November 2016, 22:44 Uhr

15. Castro sollte eigentlich schon längst tot sein.

Warum erwähnt man hier die 60 kleine und größere Mordversuche an ihm nicht? Trotz der vielen Mordvesuche bis 90 zu leben ist schon ein bemerkenswerter Rekord. Eine wirklich freie Presse sollte das schon wenigstens kurz erwähnen. Manchmal ist das wahre Leben spannender als langweilige Krimis.

  • Antwort von Elvira, Samstag, 26.November, 23:20 Uhr

    Bedauerlicherweise hatte keiner Erfolg.
    Dieser "Revolutionär" hatte genug Blut von Unschuldigen an den Händen.

  • Antwort von BR-Fan, Sonntag, 27.November, 17:49 Uhr

    @Elvira
    Mag ja sein was sie da schreiben
    Aber dem Drohnenmörder huldigen sie.
    Ja er ist doch ein "Friedensnobelpreisträger"

Anja, Samstag, 26.November 2016, 20:37 Uhr

14. Unter dem Wort "Demokratie" vesteht man eine

von den USA gelenkte Marionetten-Regierung und US-Soldaten im Lande. Castro hatte Glück, er hat unzählige von der CIA organisierte Attentate überlebt. Andere Kommunisten wie Salvador Allende, Hugo Chaves und Che Guevara hatten Pech.

birkhahn, Samstag, 26.November 2016, 18:19 Uhr

13. Castro

Er war ein mutiger, entschlossener und unbeugsamer Mann, wie es so viele nicht gibt. Das macht ihn sympatisch.

  • Antwort von Schorsch, Samstag, 26.November, 18:36 Uhr

    Mutig, entschlossen und unbeugsam waren Lenin, Stalin, Mao, Ulbricht, Honecker und die anderen aus der Kommunistenmischpoke auch. Und Mörder und Folterer waren sie genauso. Was soll an denen allen sympathisch sein?

  • Antwort von Truderinger, Samstag, 26.November, 19:13 Uhr

    Dass Sie eine gewisse Affinität zu Despoten haben, war klar. Ob es rechte oder linke sind, spielt eh keine Rolle bei Demokratiehassern wie Ihnen!

  • Antwort von Andreas Hofer, Sonntag, 27.November, 06:28 Uhr

    Wenn die Welt gerecht wäre, würde es keine Kommunisten geben. Die Welt wird nie gerecht werden (die Gier) und deswegen wird es auch immer Freiheitskämpfer, Kommunisten u.s.w. geben.

Paulus Fritz, Samstag, 26.November 2016, 16:49 Uhr

12. Tod Fidel Castro

Adios Comandante Fidel. Estoy muy triste.