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Schlichten, schützen, schulen Wie Flüchtlinge die Polizeiarbeit verändern

Etwa vor einem Jahr begann die massive Einreise von Flüchtlingen nach Bayern. Das hat sich auch auf die Polizeiarbeit ausgewirkt: mehr Streifen, aber auch mehr Beamte mit Migrationshintergrund und Dolmetscher, um Konflikte zu schlichten.

Von: Lena Deutsch

Stand: 30.08.2016

Ein Dolmetscher hilft einem Flüchtlingspaar  in einer Aufnahmeeinrichtung | Bild: picture-alliance/dpa

"Die Arbeit ist sehr viel mehr geworden. Gerade im letzten Herbst bis in den Winter hinein war das kaum zu bewältigen. Bei uns muss wirklich jeder jedem helfen, damit wir das noch hinkriegen."

Stefan Sonntag, Polizeipräsididium Oberbayern Süd

Stefan Sonntag betreute im Herbst 2015 die Flüchtlinge in einer Kfz-Halle in Piding, einer kleinen Gemeinde im Berchtesgadener Land. Mittlerweile hat die Flüchtlingswelle nachgelassen, trotzdem hat die Polizei viel zu tun. In den ersten Wochen ging es vor allem um die Versorgung. An einzelne Kontrollen war aufgrund der vielen Flüchtlinge gar nicht zu denken. Das ist seitdem anders, erklärt Thomas Baumann von der Münchner Polizei.

"Jeder Flüchtling, der jetzt hier ankommt, wird von der Bundespolizei oder - wenn er direkt zum Polizeipräsidium München kommt - hier in München identifiziert. Auch die Fingerabdrücke werden genommen."

Thomas Baumann, Münchner Polizei

Enge Zusammenarbeit der Polizei mit Behörden

Von Vorteil ist, dass Landes- und Bundespolizei eng mit den Behörden in Bayern zusammenarbeiten. Das hilft nicht nur bei der Koordination der Flüchtlinge, sondern auch bei kleineren Streitigkeiten - etwa wenn es mal wieder laut wird zwischen verschiedenen Gruppen in den Flüchtlingsheimen. Denn das kommt häufig vor.

"Oftmals ist da strafrechtlich wenig dahinter, aber es bindet Polizeikräfte. Deswegen sprechen wir uns da mit der Regierung von Oberbayern, mit dem Bundesamt für Migration ab und suchen kurzfristige Lösungen. Dann wird eben eine Familie in ein anderes Heim gebracht und die Situation hat sich entschärft."

Thomas Baumann, Münchner Polizei

Mehr Konflikte, verstärkte Streife

Trotzdem: Die Anzahl der Konflikte zwischen den Flüchtlingen ist hoch. In einigen Gegenden in Bayern, etwa in Rosenheim, fährt die Polizei deshalb im Bereich der Flüchtlingsunterkünfte verstärkt Streife, sagt Stefan Sonntag.

"Von einigen wenigen Einsätzen bei solchen Wohnunterkünften von vor zwei, drei Jahren sind das jetzt weiter über 1.000 pro Jahr, die wir hier in unserem Bereich fahren müssen. Da wohnen verschiedene Kulturen, Ethnien, Religionen in einem Haus und da gibt es Spannungen und die entladen sich eben mal in Körperverletzungsdelikten, in Streitigkeiten. Aber wir hatten auch schon versuchte Tötungsdelikte."

Stefan Sonntag, Polizeipräsidium Oberbayern Süd

Deutsche selten Opfer von ausländischen Straftätern

Gesicherte Zahlen darüber, wie viele Straftaten Flüchtlinge verüben, gibt es nicht. Denn in der aktuellen polizeilichen Kriminalstatistik von 2015 wurde noch nicht zwischen Flüchtlingen und Ausländern unterschieden, die ja auch beispielsweise Touristen sein können. Doch die Polizei stellt bei ihrer täglichen Arbeit fest: Deutsche sind selten die Opfer von Straftaten.

"Die allermeisten Fälle - ich schätze mal: um die 90 Prozent - sind Probleme, die in den Gemeinschaftsunterkünften untereinander entstehen."

Stefan Sonntag, Polizeipräsidium Oberbayern Süd

Schwierige Aufklärung

Schwierig ist die Aufklärung von Gewalttaten, bei denen Flüchtlinge betroffen sind - schließlich sprechen nur wenige Deutsch. In München wählt die Polizei deshalb mittlerweile ganz gezielt Beamte aus, erklärt Thomas Baumann.

"Wir haben etliche Kollegen mit Migrationshintergrund. Die Sprachen, die hier vorhanden sind, versuchen wir natürlich einzusetzen bei unserem täglichen Dienst. All das wird von der Einsatzzentrale organisiert."

Thomas Baumann, Münchner Polizei

Aber die beherrschen natürlich nicht alle Sprachen. Außerdem zählt bei der Aufklärung einer Straftat jedes Detail. Deswegen sind jetzt häufig auch Dolmetscher mit den Beamten im Einsatz.

"Das ist nicht ganz einfach, die zu jeder Tages- und Nachtzeit aufzutreiben - für verschiedene Sprachen, für verschiedene Dialekte. Diese Zahl ist immens angestiegen."

Stefan Sonntag, Polizeipräsidium Oberbayern Süd

Interkulturelle Schulungen

Außerdem erhalten die Beamten mittlerweile Schulungen im interkulturellen Bereich. Dadurch lernen sie, wie sie mit den verschiedenen Mentalitäten umgehen sollen.

Schutz auch für Flüchtlinge vor Deutschen

Die Polizei ist aber nicht nur verstärkt unterwegs, weil die Flüchtlinge gegenseitig aneinander geraten, sondern auch um sie zu schützen.

"Meistens sind das Schmierereien oder Hetzschriften, die irgendwo verteilt werden. 2015 hat sich das im Vergleich zum Vorjahr um rund 50 Prozent gesteigert."

Stefan Sonntag, Polizeipräsidium Oberbayern Süd

Es sind nicht nur die Flüchtlinge, die der Polizei mehr Arbeit machen, sondern auch Deutsche.


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Süddeutscher und gleich weg, Dienstag, 30.August 2016, 18:08 Uhr

7.

Danke nochmals für den Hinweis, Frau Deutsch:
Es sind nicht nur die Flüchtlinge, die der Polizei mehr Arbeit machen, sondern auch Deutsche.

Und die Beamten erhalten Schulungen, damit sie mit den neuen Mentalitäten umgehen können, das ist gelungene Integration und Umgang.
Und Stefan Sonntag weiß genau wovon er spricht, eh schätzt...Alles bestens im Griff, hihi!

Und nochmals schön, daß die BRD hier mit diesen Weltenbummlern zurecht kommen muss, obwohl dieser Staat gar keine Außengrenze von der EU bildet (außer zu den wirtschaftlich schwachen Schweizern)

Otto, Dienstag, 30.August 2016, 13:33 Uhr

6. Wachsendes Missverhältnis der Zahlen Flüchtlinge/Polizisten

Wie wollen wenige Tausend Polizisten mehrere Millionen Flüchtlinge überprüfen, überwachen und bei Auständen beherrschen? Der Flüchtling-Deal mit Erdogan endet vermutlich kurz nach der Bundestagwahl. Die Schlepper "betreuen" zunehmend die Schifftransporte Libyen-Italien. Die Asylflut wird wieder ansteigen. Die enttäuschten unzufriedenen Flüchtlinge könnten randalieren. Bei der Übermacht der Flüchtlinge könnte sie die Polizisten sprichwörtlich mit bloßen Mützen totschlagen. Die Straßen werden den Flüchlingen gehören. Die Politiker und Betuchte werden hinter hohen Zäunen geschützt von privaten Wachdiensten wohnen. Einige haben schon ihre Fluchtburgen im fernen Ausland. Einige Immobilienmakler machen im Internet mit ihren bisherigen Kunden sogar Werbung (siehe z.B. Paraguay, Referenzen, meine zufriedene Kunden).

  • Antwort von Süddeutscher und gleich weg, Dienstag, 30.August, 19:27 Uhr

    Schleuser, Blödsinn, die sind nur willkommener Vorwand. Genauso, Transallmaschinen, die schon längst die Heimreise erledigen sollten, da braucht es schon Containerschiffe. Warum eigentlich teure Heimreise organisieren, die ist seitens der Regierenden gar nicht gewollt, jeder kann bleiben. Früher oder später beugt er sich dem Großkapital und arbeitet für billiges Geld.

Wer ist hier daheim? , Dienstag, 30.August 2016, 12:13 Uhr

5. Umgekehrt waere richtig

Wieso muessen deutsche Behörden sich "anpassen"?
Wenn ich im Ausland bin, "passt" sich mir doch auch keine dortige Behörde "an".

Wer hat sich denn hier "anzupassen"?

  • Antwort von winfried, Dienstag, 30.August, 14:39 Uhr

    Die Gruppe "DIE INDENTITÄREN" ist gegen anpassen, weil sie einen "Bevölkerungsaustausch" befürchtet. ... Ich denke z.Zt. über diesen Denkansatz nach. Bisheriges Ergebnis: ... Die könnten recht haben ... leider..

KSLL, Dienstag, 30.August 2016, 11:34 Uhr

4. Touristen?

"Denn in der aktuellen polizeilichen Kriminalstatistik von 2015 wurde noch nicht zwischen Flüchtlingen und Ausländern unterschieden, die ja auch beispielsweise Touristen sein können."

Ach ja, da war doch was neulich mit Touristen und Gewalttaten, sowas mit einer Axt im Regionalzug bei Würzburg...

  • Antwort von Truderinger, Dienstag, 30.August, 13:06 Uhr

    Das wissen wir! Und was wollen Sie uns damit jetzt sagen?

winfried, Dienstag, 30.August 2016, 10:38 Uhr

3. Es is alles gar ncht so schlimm ?

Einige Passagen in diesem BR-Artikel sind aufschlussreich. Da steht u.a.: "Deutsche sind selten die Opfer von Straftaten.". Selten ist also, wenn 10% aller Straftaten(ca. 90 % in Flüchtlingsunterkünften) an Deutschen verübt werden ? ... UND ... durch Deutsche verursacht: "Meistens sind das Schmierereien oder Hetzschriften ...", also sog. "Propagandadelikte".

  • Antwort von Truderinger, Dienstag, 30.August, 11:05 Uhr

    Winfried, vielleicht durchdenken Sie Ihre "logischen Schlüsse" noch einmal. Sie haben nämlich die Statistik total falsch interpretiert! Ob aus Unwissenheit oder Vorsätzlichkeit, kann ich nicht beurteilen.

  • Antwort von winfried, Dienstag, 30.August, 12:34 Uhr

    @Truderinger ... Sie verwechseln etwas. Ich beziehe mich ausschließlich auf den BR-Artikel. Sie verweisen auf eine Statistik, welche auch immer. ... Nochmals, ich meine "Äpfel" und nicht "Birnen".