Haushalt 2017 Wie sozial gerecht sind Steuersenkungen?
Der Bundestag hat mit den Beratungen über den Haushalt 2017 begonnen. Finanzminister Schäuble peilt zum vierten Mal in Folge die schwarze Null an - und Steuersenkungen von 15 Milliarden Euro. Von Charlie Grüneberg
Gerechtigkeit, Entlastung der Bürger und sozialer Zusammenhalt – das waren die großen Themen zum Auftakt der Haushaltsdebatte. Wobei die Meinungen, was gerecht ist und wer entlastet werden soll, natürlich weit auseinander gingen.
"Die Regierung spaltet unsere Gesellschaft weiter, statt die Spaltung aufzuheben. Die Vermögenden werden weiter geschont."
Gesine Lötzsch, Linkspartei
Gesine Lötzsch, die Haushaltsexpertin der Linken, nannte das Zahlenwerk einen "Nach-mir-die-Sintflut"-Haushalt. Dabei hatte Finanzminister Schäuble zuvor dargestellt, warum der Haushalt in seinen Augen ein "Zukunftshaushalt" ist:
"Dieser Bundeshaushalt ist ein Programm zur Bewahrung und Erneuerung von Wohlstand und Sicherheit in unserem Land. In einer unsicheren Zeit ein gangbarer Weg, eine Chance, dass wir auch morgen noch so leben können, wie wir uns das vorstellen."
Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister
50 Minuten sprach Schäuble bei der Haushaltsberatung über fast alle großen außen- und innenpolitischen Themen, und er übernahm die Führung in der seit Wochen laufenden Steuersenkungsdebatte. Zum Jahreswechsel will er die Bürger entlasten, um etwa zwei Milliarden Euro. Allerdings nicht freiwillig, denn die Regierung muss Grundfreibetrag, Steuertarif, Kindergeld und Kinderfreibetrag anpassen. Großzügiger gibt sich Schäuble erst für die kommende Legislaturperiode.
"Dann haben wir nach 2017 in der nächsten Legislaturperiode einen Steuersenkungsspielraum von etwa 15 Milliarden Euro. Den können und den sollten wir nutzen, bei der Korrektur von Lohn- und Einkommenssteuer, insbesondere von kleinen und mittleren Einkommen, auch für den Abbau des sogenannten Mittelstandsbauchs."
Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister
Der Koalitionspartner will allerdings weniger die Steuern senken, vielmehr fordert der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carsten Schneider niedrigere Sozialbeiträge:
"Insbesondere diejenigen, die gar keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, weil sie so geringe Einkommen haben, dass sie von einer Einkommensteuersenkung gar nicht profitieren würden, die brauchen eine Entlastung."
Carsten Schneider, stv. SPD-Fraktionsvorsitzender
Während die SPD vor allem Geringverdiener entlasten möchte, will die Linke Gutverdiener belasten. Für den Grünen Haushaltsexperten Sven-Christian Kindler geht die ganze Diskussion in eine falsche Richtung. Er fordert eine Investitionsoffensive, die der Mittelschicht diene:
"Wenn ich mit meinen Freunden in Hannover, in Berlin oder München rede, dann treibt die nicht die Einkommensteuer um. Dann treibt die um: Finde ich noch eine bezahlbare Wohnung in der Innenstadt oder muss ich an den Stadtrand ziehen, weil die Mieten so explodieren in den Städten. Und deswegen: Auch da ist es sinnvoll die öffentliche Förderung für den Wohnungsbau, für den sozialen Wohnungsbau, deutlich zu erhöhen. Wir fordern die Verdoppelung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau! So kann man gezielt Menschen unterstützen mit kleinen und mittleren Einkommen."
Sven-Christian Kindler, Grüne
In den nächsten Tagen geht es bei den Debatten um die Einzeletats weniger um mögliche Entlastungen, sondern um die Verwendung der Steuermittel. Insgesamt sieht der Haushaltsentwurf des Finanzministers Ausgaben in Höhe von knapp 330 Milliarden Euro vor. Neben höheren Sozialausgaben soll es auch mehr Geld geben für Bildung und Forschung, Verkehr, Infrastruktur, Innere Sicherheit und Verteidigung. Verabschiedet wird der Haushalt 2017 dann im Dezember.