Der Präsident der autonomen Kurdenregion im Irak, Massud Barsani, rechnet mit einem Zerfall des Irak. Deshalb arbeite das kurdische Parlament bereits an einem Referendum. Die Bevölkerung soll über die Loslösung vom Irak und einen eigenen Staat abstimmen. Unabhängigkeit sei das natürliche Recht einer Nation, sagte Barsani in einem Interview mit der "Welt am Sonntag".

Kurdenstaat soll der Türkei "ein guter Nachbar" sein

Barsani rechnet nach eigenen Angaben nicht mit internationalem Widerstand gegen dieses Vorhaben: Nicht von den USA, und auch nicht von der Türkei. Man werde der Türkei "ein guter Nachbar" sein sagte der Präsident des Autonomiegebiets. Das Verhältnis habe sich in den vergangenen zehn Jahren enorm verbessert.

Der Vormarsch der sunnitischen ISIS-Terrormiliz sei bedrohlich, so Barsani weiter, und das Ergebnis einer verfehlten Politik des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Dieser - ein Schiit - hatte Kurden und Sunniten nicht an der Regierung beteiligt. Auch auf starken internationalen Druck - etwa von Seiten der USA - reagierte er nicht.

ISIS-Terroristen zerstören Moscheen und richten Kurden hin

Die ISIS-Milizen demonstrieren derweil im Norden des Irak ihr unbarmherziges Vorgehen: in Mossul und Umgebung sprengten sie zehn Gebetsstätten und Grabmäler oder machten sie mit Bulldozern dem Erdboden gleich. In einem mehrheitlich von Kurden bewohnten Ort töteten sie zehn Menschen. Einige der Opfer wurden erhängt und an einer Kreuzung öffentlich zur Schau gestellt, um die Bevölkerung einzuschüchtern.

Im Norden und Westen des Irak kontrolliert ISIS inzwischen große Gebiete. Zudem hat sie ihren Machtbereich auch im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien ausgedehnt. Vor einer Woche riefen sie bereits das Islamische Kalifat in den beiden Ländern - das Kürzel ISIS, das für "Islamischer Staat Irak und Syrien" steht, wurde damit erstmals mit Leben erfüllt.