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Einst auf der Flucht, jetzt bei Ikea Obajdullah hat es geschafft

In Deutschland Arbeit finden, das ist das Ziel zahlreicher Flüchtlinge. Doch die Hürden dafür sind hoch. Einer der es geschafft hat, ist Obajdullah Amani aus Afghanistan. Vom Gefängnis über ein Kirchenasyl bis zum Job im Möbelhaus: Wir haben den Flüchtling bei IKEA München-Eching getroffen.

Von: Johannes Reichart

Stand: 13.09.2015 | Archiv

Porträt über Flüchtling und IKEA-Mitarbeiter Obajd | Bild: BR/Johannes Reichart

Vor einem Regal mit dicken Paketen tippt Obajdullah Amani zielsicher auf dem Display seines Scanners. Er zieht zwei Kartons auf sein Wägelchen und bringt es zur Warenausgabe. Seit einem Monat arbeitet der Afghane hier im Möbelhaus und ist dankbar für den Aushilfsjob.

"Ohne Arbeit ganzen Tag sitzen zu Hause, nur essen, gehen Toilette oder schlafen, das ist nicht leben, das ist wie ein Tier."

Obajdullah Amani

Familie wohnt in kleinem Zimmer

Seine Frau und seine zwei kleinen Kinder wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft im niederbayerischen Grafenau, 200 Kilometer von München entfernt. Er selbst kommt momentan in einem Haus der Jesuiten in München unter. Wenn er zwei Tage hintereinander frei hat, besucht er seine Familie. Diese wohnt immer noch prekär in einem kleinen Zimmer, Bad und Küche sind in einem anderen Stockwerk.

"Mein Sohn ist geboren hier in Niederbayern und wir haben nur ein Zimmer, das ist das Problem, ein Kind schläft, das andere will spielen, aber können nicht spielen.  Bisweilen müssen wir sagen ‚sei ruhig‘. Ja, sie sind Kinder, sie verstehen nicht das."

Obajdullah Amani

Hilfe vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst

Darum will der afghanische Flüchtling so bald wie möglich eine kleine Wohnung in der Nähe von München mieten. Vor zwei Jahren flüchtete die Familie aus Kabul, der Weg nach Deutschland war gefährlich, immer wieder mussten sie im Wald schlafen und auch nachts laufen. Als sie in Passau ankamen, wurde die Familie von der Bundespolizei aufgegriffen und getrennt. Obajdullah kam in Haft, weil er keine Dokumente dabei hatte.

"Ich war ungefähr 29 Tage in Stadelheim Gefängnis. Und meine Frau mit meiner Tochter sie waren im Asylheim in Passau. Ja, das war sehr schwer. Besonders einmal, habe ich meine Frau und meine Tochter in Stadelheim im Gefängnis getroffen. Das war die schwierigste, ja, schlimmste Zeit für mich."

Obajdullah Amani

Im Gefängnis lernte er  den Geistlichen Dieter Müller vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst kennen. Er gab der Familie für ein halbes Jahr Kirchenasyl in München und schützte sie so vor der Abschiebung in die Slowakei. Dort hatten die Amanis als Erstes europäischen Boden betreten. Nach dem Kirchenasyl ging es wieder zurück in die Asylunterkunft nach Grafenau. Den Job im Lager hat er über eine Sprachlehrerin aus der Zeit des Kirchenasyls bekommen. Am Arbeitsplatz spricht er gerne Deutsch.

"Auch die Ausländer, sie sprechen hier Deutsch und das ist gut. Seit wann bin ich hier, arbeite hier bei IKEA, ich habe verbessert mein Deutsch. Im Asylheim dort, die Flüchtlinge sprechen nicht sehr gut deutsch, seit drei vier Jahren sind dort und manchmal sie wollen nicht. Ich glaube, das ist nicht gut."

Obajdullah Amani

Warten auf das Bundesamt und hoffen auf die Festanstellung

Auf die Entscheidung über seinen Asylantrag warten Obajdullah und seine Familie immer noch. Seit einem Jahr haben sie nichts mehr vom Bundesamt für Migration gehört, noch nicht einmal die Befragung fand statt.

Jetzt hofft der Afghane, dass er fest bei IKEA angestellt wird. Seine Chancen dafür stehen nicht schlecht, sagt der Personalleiter Stefan Schulte.

Die IKEA-Filiale in Eching

"Derzeit prüfen wir gerade die Möglichkeiten, das heißt also, wir schauen einfach, wo wir die Möglichkeiten im Bereich der Lagerlogistik haben und insofern haben wir da die Augen offen, dass wir da das richtige Angebot haben. Es gibt einfach Menschen wie Obajd zum Beispiel, die sich integrieren wollen,  die Deutsch lernen wollen, die Abläufe kennenlernen wollen, das sind die Menschen, die wir suchen und für die sind wir durchaus eine berufliche Heimat."

 IKEA Personalleiter Stefan Schulte

Bis dahin spart Obajdullah jeden Cent seines Gehalts, um irgendwann seiner Familie eine gute Zukunft in Deutschland bieten zu können.


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