NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter Der achte Verhandlungstag

Vor dem Oberlandesgericht München hat der achte Verhandlungstag im NSU-Prozess stattgefunden. Gab es durch den NSU einen weiteren Anschlag? Das legt zumindest eine Aussage von Carsten S. nahe.

Von: Tim Aßmann

Stand: 11.06.2013 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

11 Juni

Dienstag, 11. Juni 2013

Überraschung im NSU-Prozess. Laut Aussage von Carsten S. hat es im Juni 1999 einen weiteren, bislang nicht dem NSU zugeordneten Bombenanschlag in Nürnberg gegeben. Der mitangeklagte Aussteiger aus der rechten Szene war an diesem Gerichtstag sehr viel gesprächiger als bisher.

Bewegende Aussage

Rund zwei Stunden lang hatte man den Eindruck: Heute ist alles anders. Heute wirkt Carsten S. aufgeräumter, schildert glaubwürdiger, berichtet ohne schwer nachvollziehbare Erinnerungslücken. Die Einlassungen des 33-Jährigen Szeneaussteigers waren teils bewegend. Unter Tränen berichtete er davon, wie der Angeklagte Wohlleben ihm erzählte, das Terrortrio habe jemanden angeschossen. Hoffentlich nicht mit der Pistole, die ich geliefert habe. Das sei ihm durch den Kopf geschossen, sagte Carsten S. und auf der Zuschauertribüne hatte man den Eindruck, einen anderen Angeklagten zu erleben, als den der in der letzten Woche oft unglaubwürdig gewirkt hatte.

Weiterer NSU-Anschlag?

Doch dieser Angeklagte, dieser andere Carsten S. war dann am Nachmittag wieder da – als Richter Manfred Götzl Fragen stellte. Da kamen die Gedächtnislücken wieder und auch wieder an Stellen, wo man sie nicht zwingend erwarten würde. Dabei ließen die Aussagen durchaus aufhorchen: Die NSU-Terroristen Mundlos und Böhnhardt hätten ihm davon berichtet eine Taschenlampe in ein Geschäft gestellt zu haben. Er habe später dann einen Sprengstoffanschlag vermutet sagte Carsten S. nun vor Gericht. Gibt es also möglicherweise einen weiteren, bisher nicht bekannten NSU-Anschlag? Oder vermischt Carsten S. dreizehn Jahre später einfach Dinge in seinem Kopf? Und warum sagten Böhnhardt und Mundlos auf einmal „Psst“ als sie die Taschenlampen-Geschichte erzählten und Beate Zschäpe dazu kam? Weil sie davon nichts wissen sollte oder weil sie etwas dagegen gehabt hätte, dass ihre Kompagnons plaudern? Morgen wird Carsten S. weiter vernommen – die Fragen an ihn sind durch den heutigen Tag eher mehr als weniger geworden.


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