Tagebuch der Gerichtsreporter Carsten S. spricht Angehörigen Mitgefühl aus
Am zwölften Verhandlungstag entschuldigte sich Carsten S. dafür, dass er die NSU-Terroristen im Untergrund unterstützt hat.
19. Juni
Mittwoch, 19. Juni 2013
Der Mann im blauen Oberhemd zögert lange, starrt das rot leuchtende Mikrofon vor sich an, sucht nach den richtigen Worten:
"Ich, ich kann nicht ermessen, was ihren Angehörigen für unglaubliches Leid, Unrecht angetan wurde." sagt der 33-Jährige Carsten S. am siebten Tag seiner Vernehmung im NSU-Prozess an die Adresse der Opfer-Angehörigen "Sie als Angehörige… mir fehlen die Worte um zu beschreiben, wie ich dafür empfinde, dass, da finde ich nicht die passenden Worte, was es in mir ausdrückt, auslöst. Ich bin mir auch absolut nicht sicher. Ich denke mir, eine Entschuldigung wäre zu wenig. Eine Entschuldigung klingt für mich wie ein Sorry und dann ist es vorbei. Aber es ist noch lange nicht vorbei. Ich wollte ihnen mein tiefes Mitgefühl ausdrücken."
Stundenlange Befragungen
Zuvor hatte sich Carsten S. erneut stundenlang den Fragen der Opferanwälte gestellt. Erneut waren die Auftritte einiger Nebenklage-Anwälte, nun ja, nicht unbedingt juristische Sternstunden. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl bewies zunächst Geduld, bat dann aber immer wieder deutlich darum doch bitte zur Sache zu fragen. Für Heiterkeit bei allen Prozessbeteiligten sorgte der Anwalt des Polizeibeamten der beim Mord an der Polizistin Kiesewetter in Heilbronn lebensgefährlich verletzt wurde. Sein Anwalt fragte Carsten S. zunächst wie die Rechtsextremen so über Polizisten gedacht hätten und wollte dann wissen ob S. denn Neonazis gekannt habe, die zur Polizei gewollt hätten. Dabei präzisierte der Anwalt: "Ich mein jetzt natürlich nicht als V-Mann". Gelächter im Saal.