Tagebuch der Gerichtsreporter Der 42. Verhandlungstag
"Denken Sie bitte immer an mich, wenn Sie sich ins Bett legen. Denken Sie bitte immer daran, dass ich nicht schlafen kann." So eindringlich appellierte Ayse Yozgat am 42. Verhandlungstag an Beate Zschäpe.
02. Oktober
Mittwoch, 02. Oktober 2013
"Jeder kann Straftaten begehen, aber ich bitte Sie um Aufklärung", sagte die Mutter des NSU-Mordopfers Halit Yozgat an die Adresse der Hauptangeklagten. "Weil Sie eine Frau sind, denke ich, dass die Frauen sich gegenseitig verstehen", sagte Ayse Yozgat in ihrem Wunsch nach Antworten auf all die offenen Fragen, die die Opfer-Familie seit Jahren quälen. Verstanden hat Beate Zschäpe den Appell auch ganz sicher. Akustisch zumindest. Aber erfüllen will sie die Bitte weiterhin nicht. Während der emotional sehr bewegenden Bitte von Ayse Yozgat starrte Zschäpe nur stur geradeaus. Wann immer das Grauen der NSU-Morde Einzug im Gerichtssaal hält - mindestens eine Anwesende ist äußerlich immer ungerührt.
Bisher quälendste Zeugenaussage
Am Nachmittag folgte dann die für Zuhörer bisher quälendste Zeugenaussage des gesamten Prozesses. Geladen: der Ehemann der sogenannten "Zeugin vom Dachfenster". Die Erwartung: Kann er die Angaben seiner Frau vielleicht untermauern? Kann er eventuell die Zweifel an ihrer Aussage zerstreuen? Daran, dass sie wirklich 2006 Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in ihrem Nachbargarten in Dortmund sah, kurz bevor der Kioskbetreiber Kubasik ermordet wurde. Nein, konnte er nicht.
Der Mann trug stockend und langatmig vor. Man hatte zeitweise Angst, er schläft beim Reden ein. Der Ehemann will zwar auf dem Nachbargrundstück auch mysteriöse "Grabungsarbeiten" beobachtet haben, wie seine Frau, und auch ihm kamen sie konspirativ vor. Warum er diesen Eindruck hatte, konnte er aber nicht schlüssig erklären. Und auch seine Begründungen dafür, warum seine Frau nicht zur Polizei ging, als ihr klar wurde, dass sie Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gesehen hatte, waren nicht schlüssig.