NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 84. Verhandlungstag, 5.2.2014

Am 84. Verhandlungstag muss der Thüringer Rechtsextremist André K. zum zweiten mal vor dem Gericht aussagen. Der Zeuge erinnert sich an nichts Relevantes mehr.

Von: Eckhart Querner, Tim Aßmann, Holger Schmidt

Stand: 05.02.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Die Verteidigung der Hauptangeklagten Zschäpe stellt einen weiteren Befangenheitsantrag, da ein beisitzender Richter einen Ordner mit "HV NSU" beschriftet hatte und dies eine Vorverurteilung sei. Nach kurzer Unterbrechung wird der Antrag aber zurückgestellt und die Verhandlung fortgesetzt.

Zeuge:

André K. (Aktivist des Thüringer Heimatschutzes, mutmaßlicher NSU-Unterstützer)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal


(Holger Schmidt, SWR und Tim Aßmann, BR)
10:17 Uhr
Zeuge André K. ist da.
Götzl: Rufe Belehrung in Erinnerung (also dass K. die Wahrheit sagen muss)
G: Wie haben Sie von der Flucht Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe erfahren?
K: An dem Morgen der Hausdurchsuchung hat mich Herr Böhnhardt angerufen und von der Hausdurchsuchung erzählt, habe ja nur ein paar hundert Meter weiter gewohnt. Bin hingelaufen und er hat mir gesagt, dass er sich ins Auto setzen und wegfahren wird, sobald sich die Gelegenheit ergibt.
G: Hat er gesagt, was mit Zschäpe und Mundlos ist?
K: Kann ich mich nicht dran erinnern, könnte ihnen auch nicht mehr sagen, was er genau gesagt hat.
G: Dass sie den Wortlaut nicht mehr wissen, kann ich verstehen. Aber sinngemäß?
K: Nee.
G: Dass er sich absetzten wollte, was bedeutet das?
K: Kann ich Ihnen gar nicht sagen. Was er mit Absetzen meinte. Hausdurchsuchungen waren ja üblich, nur an dem Tag war bei mir keine.
G: Hat er gesagt, das sie kommen sollen?
K: Weiß ich nicht mehr
G: Warum sind sie dann gekommen?
K: War ja nur 150-200 Meter weg, bei 10 Kilometern wäre ich vielleicht nicht gekommen
G: Aber warum denn hin?
K: Hausdurchsuchung war ja nicht so selten. Normalerweise wurden wir alle in ein Auto gepackt und mussten mitfahren. Die meisten Hausdurchsuchungen, die ich erlebt habe, liefen ja nicht gerade nett ab. Meistens war es so, dass sehr viele von den Hausdurchsuchungen betroffen waren.
G: Sie müssen mir die Grade der Betroffenheit erklären, sonst kann ich das nicht nachvollziehen
K: Das war doch immer nur so, man hat durchsucht und dann ist danach nichts passiert. Das war doch nur, um uns zu drangsalieren. Und die Hausdurchsuchungen sind ja nicht korrekt abgelaufen, nicht nach dem Gesetz, dann war es gut, wenn man Zeugen hatte.
G: Haben sie sich als Zeuge zur Verfügung gestellt?
K: Nein, war ja schon rum.
G: Warum erwähnen sie es dann? Sie weichen mir aus!
K: Ich kann Ihnen nicht mal mehr die Uhrzeit sagen.
G: Darauf kommt es doch gar nicht an!
K: Sie können mir ja ein paar Sätze vorformulieren, dann kann ich es ihnen so bestätigen.
G: Ich formuliere hier gar nichts vor!
K: Bisher kann ich aus dem Gespräch mit Böhnhardt nur entnehmen, dass er gesagt hat, dass er losfahren will. Von einem Gespräch kann da ja keine Rede sein.
K. (lacht): Nur das ist mir noch in Erinnerung, was soll ich denn machen?
G: Fahren sie bitte fort.
K: Ich kann es Ihnen nicht mehr sagen, wirklich.
G: Und das Thema, in wie fern sie noch Kontakt hatten, haben wir ja schon erörtert. Mir fehlt das Stück dazwischen.
K: Nehmen Sie es mir nicht übel, mir fehlt Einiges.
G: Haben Sie denn bei der Polizei dazu Angaben gemacht?
K: Ich habe nie bei der Polizei Angaben gemacht, außer jetzt einmal beim BKA.
G. hält ihm Polizeivernehmung vor: K. wollte nichts zu Kontakten nach dem Untertauchen sagen.
G: Hier haben sie ja was anderes gesagt
K: Ich habe ja gar nichts gesagt!
G: Ja dann schauen wir doch mal, dass wir heute von Ihnen erfahren, wie es war. Wie kam es am Morgen nach der Durchsuchung zum Kontakt mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe?
K: Ich habe dazu keine konkreten Bilder, keine Abläufe.
G: Es geht um den ersten Kontakt danach!
K: Wir haben Telefonzellen genutzt, aber ich kann ihnen nicht sagen, wie der erste Kontakt zustande gekommen ist. Ich weiß es nicht. Ich habe es nicht da. Ich kann ihnen keinen genauen Ort sagen. Ich weiß die Telefonzellen, die wir gebraucht haben, die wir auch für andere Sachen, Veranstaltungen und so genutzt haben. Für mich ist das ein Ablauf, der halt da ist aber.
G: Sie müssen mir ja sagen können, wann es das nächste Mal einen Kontakt zu einem der Drei gegeben hat.
K: Nein, das kann ich nicht. Für mich ist logisch, dass es so war, aber genauer kann ich nicht…..
G: Hat ihnen denn mal jemand was über das Abtauchen gesagt?
K: Nein, da habe ich keine Erinnerung. Es ist nicht so, dass ich ihnen sagen kann, da haben fünf Leute in einem Hinterzimmer gesessen. Natürlich war es Thema, auch in der Szene. Aber ich habe keine konkreten Erinnerungen.

G: Pässe - wie ist das im Einzelnen abgelaufen? Für wen sollten Sie Pässe besorgen?
K: Ich nehme an, für alle drei.
G: Hatten Sie Lichtbilder?
K: Irgendwann wohl schon. Über die Abläufe hab ich versucht, mir Gedanken zu machen. Ich hab extrem große Lücken. Detailfragen…. - Lücken fülle ich mit dem, was für mich logisch erscheint.
G: (schweigt sekundenlang, denkt nach): Wie ist das abgelaufen? Haben Sie die Passbilder weitergegeben?
K: Dazu kam es ja nicht mehr. Ich meine, dass die Bilder übergeben werden sollten. Ich sollte die leeren Pässe kaufen. Ich weiß dass ich auf einmal die drei Pässe hatte. Mit denen konnte ich nichts anfangen, weil die leer waren. Weder Namen noch Lichtbilder. Das erste Treffen mit Vermittler war nur zum Verhandeln gedacht. Verabredung war auch Telefonzelle auszuwählen (für weitere Kontaktaufnahmen). Beim nächsten Termin sollten Namen durchgegeben werden. Ich weiß, dass es relativ lange gedauert hat. Beim nächsten Treffen hatte ich Lichtbilder dabei. Aber Vermittler sagte: du kannst nur die Pässe haben (also leere Pässe). Wir haben Preis runtergehandelt. 1000 Mark pro Pass waren vereinbart.
G. Was war bestellt von Ihrer Seite?
K: Erstes Treffen: es ging darum, alles nur grob abzuklopfen, ob das überhaupt machbar ist. Dann bin ich mit ihm Telefonzelle suchen gegangen. Und haben dann den nächsten Termin vereinbart. Ich meine, wir haben einen Termin vereinbart, wo ich die Passbilder übergeben wollte. Vermittler sagte: das geht jetzt nicht, ich muss weg, du kannst aber die Pässe haben.
G: Ich versetz mich in ihre Lage. Sie bekommen Dokumente ohne Inhalt, Sie zahlen.
K: Die Überlegung war doch die, dann sehen wir weiter.
G: Was waren Ihre Überlegungen? Wieso sind Sie bereit, einen erheblichen Betrag zu zahlen, ohne das zu bekommen, was Sie wollten?
K: Wenn es schnell gehen soll: ich hab gedacht, ja gut, ich nehme die Pässe, dann wird sich jemand auftreiben lassen, der den Rest besorgt.
G: Zeitablauf?
K: Zwei drei Wochen? Ich weiß es nicht genau. Können auch sechs gewesen sein.
G: Schauen Sie, Herr K.: drei sind untergetaucht. Jetzt sind Sie einer, der hier handelt, einer der die Aufgabe übernommen hat, die Pässe zu besorgen. Mit wem haben Sie sich ausgetauscht?
K: Ich meine dass ich mit Ralf (Wohlleben) drüber geredet habe, und auch mit (Tino) Brandt. Er hat mir den Typen ja vermittelt.
G: Ist dieser Stand, den Sie hatten, den Dreien mitgeteilt worden? Sie haben was vorbereitet, das ist nicht so gelaufen, wie Sie sich das gedacht haben. Das ist die Situation, wie sie sich für mich stellt.
K: Mit den Pässen war die Situation, wie sie war. Ich weiß nicht, ob ich mit den Dreien geredet habe. Bitte nehmen Sie es mir nicht übel (Stöhnen im Saal). Es ist für mich logisch, dass man darüber geredet hat, das hat sie ja betroffen, aber konkret kann ich nichts sagen.
G: Haben Sie mal abgesehen von Geld, andere Gegenstände wie Kleidung, entgegengenommen, um sie den Dreien zu übergeben?
K: Keine Erinnerung - ich hab da nichts. Ich wüsste auch nicht, mit wem ich mal da drüber reden könnte, um die Erinnerung aufzufrischen.
G: Wer waren denn Ihre engsten Freunde damals?
K: Tino Brandt, Ralf Wohlleben. Mit denen werde ich mal drüber geredet haben. Ich kann mich nicht erinnern, mal irgendwo eine Tasche abgeholt zu haben. Vielleicht hab ich es auch ausgeblendet.
G: Thema Pässe: Sie hatten geschildert, Sie hätten in Jena zwei Leute angesprochen.
K: Einen. Einen aus der Hooligan-Szene.
G: Welchen Spitznamen haben Sie verwendet?
K: Ich hab da keine Erinnerung. Namen muss ich mir auch in der Arbeit immer aufschreiben.
Pause, Fortsetzung um 11:05 Uhr
Heer will mit Mandantin etwas besprechen, deshalb dauert Pause bis 11:15 Uhr

(Eckhart Querner, BR)
11:25 Uhr
Heer: Unsere Mandantin beabsichtigt, den Richter am Oberlandesgericht Lang wegen Befangenheit abzulehnen.
Götzl: Wir setzen um 13:00 Uhr fort

(Holger Schmidt, SWR)
13:13 Uhr
Heer: Grund für den Befangenheitsantrag:
Richter Dr. Lang hat offenbar einen Ordner vor sich liegen, der mit "HV NSU" beschriftet ist (wohl: Hauptverhandlung NSU).
Argumentation: Schon von Bestehen des NSU auszugehen, ist vorverurteilend.

Kurze Pause

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 13.37 Uhr. Rechtsanwalt Heer noch nicht im Saal.

Stellungnahme Greger (Bundesanwaltschaft) zu Befangenheitsantrag: Als unbegründet abzulehnen. Beschriftung bietet bei gebotener vernünftigen Begründung keinen Anlass eine Ablehnung zu begründen.
Ordnerbezeichnung ist Verschlagwortung des Prozessgegenstandes ohne dass Wertung oder Vorverurteilung impliziert wäre.
Götzl: Entscheidung über Antrag kommt später. Hauptverhandlung  wird fortgesetzt. Unterdessen wird Stellungnahme von Richter  Lang eingeholt werden.
Heer (ist nun auch da) beanstandet die Verhandlungs-Fortsetzung und beantragt Gerichtsbeschluss. Wohlleben-Verteidigung schließt sich an.
Pause bis 13:55 Uhr

(Holger Schmidt, SWR u. Tim Aßmann, BR)
14:02 Uhr: Weiter mit dem Zeugen André K.
G: Haben Sie Blätter einer Zeitung zu einem Geburtstag bekommen?
K: Ja, ich glaube, es war 1998 zu meinem Geburtstag. Oder danach, weil ich war an meinem Geburtstag in Südafrika. Aber wie ich die bekommen habe? (lacht) keine Ahnung, vielleicht lag sie auf meinem Tisch.
G: Zu ihrem Geburtstag waren sie in Südafrika?

K: Ja.
G: Und danach haben sie sie bekommen?

K: Ja
G: Zu welchem Anlass?

K: Weiß ich nicht mehr.
G: Von wem haben sie die Zeitung bekommen?

K: Ich nehmen mal an, von der Frau A. (Jana A., jetzt Jana J.).
G: Warum nehmen Sie das an?

K: Sie war ja von Ralf und Jana gemacht. Aber wie ich sie bekommen habe, daran habe ich keine Erinnerung, das weiß ich nicht.
G: Was war denn das für eine Zeitung?

K: Eine ironisch gemachte, sarkastische Geburtstagszeitung
G: Vom Inhalt keine Erinnerung mehr?

K:Ja, doch schon. So eine Art Lebenslauf drinnen, satirisch überspitzte Geschichten.
G: Haben da Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos eine Rolle gespielt?

K: Mit Sicherheit, der engere Freundeskreis war beteiligt.
G: Beate Zschäpe auch?

K: Glaube (ja)
G: Mit Jana A. über Zeitung gesprochen?
K: Mit Sicherheit
G: Was?
K: Nehmen sie es mir nicht übel. Das ist fünfzehn Jahre her (lacht wieder)
G: Bei Wohlleben bedankt?
K: Das nehme ich mal an (wieder dieses leichte Lachen)
K: Weiß gar nicht wann ich die das letzte Mal bewusst in der Hand hatte. Welchen Stellenwert sie damals genau hatte, kann ich ihnen nicht mehr sagen.
G: Wann aus Südafrika zurück?
K: Nach meinem Geburtstag (24.8) irgendwann. Zwei, drei Wochen. Genau kann ich ihnen nicht sagen.
G: Sonstige Personen in Erinnerung die in diesen Blättern thematisiert wurden
K: Der Ralf logischerweise. Glaube G. (der Angeklagte Holger G.) noch. Tino Brandt war noch mit dabei. Jana auch, aber sonst weiß ich jetzt nicht.
G. Spielten Politiker ne Rolle
K: Schröder. Helmut Kohl in so was wie Bildcollage, irgendwas mit Kohlköpfen.
G: Ignatz Bubis?
K: Kann sein. Möglich. Glaub schon. Kann sein auch Bürgermeister von Jena? Kann ich ihnen nicht sagen. Als Kommentar glaub ich waren die drin, oder als Kommentargeber.
G: Bei welcher Gelegenheit Blätter bekommen?
K: wie gesagt. kann ich nicht mehr sagen. Vielleicht als Willkommensgruß in der Wohnung als ich zurück kam, weiß nicht mehr.
Nun wird "Zeitung" als Asservat vorgelegt. Er erkennt es wieder
G: Wie standen sie damals zu Jana A.?
K: war eine sehr gute Freundin von mir
G: Welche Personen abgebildet (in Zeitung)?
K: Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und ich
Götzl zeigt nun alle Bilder und vorgelesen wird nachgemachte Kontaktanzeige aus der Geburtstagszeitung "Uwe: Kofferbauer. Suche Partnerin, die mich daran hindert meine Koffer an abgelegenen Plätzen abzustellen"
Götzl hält ihm vor, dass Mundlos und Böhnhardt in der Reihenfolge vorne sind.

G: Warum?
K. sagt: Reihenfolge andere gemacht , können sie mir nicht vorhalten. Das ist doch Unfug.
G: Meinen Sie?
K: Ja
G: Erklären sie mir warum sie meinen, dass das Unfug ist.
Rechtsanwalt W. (Zeugenbeistand K. und Ex-NPD-Funktionär in Hessen): Der Zeuge soll zu Tatsachen bekunden. Sie können doch jetzt von ihm nicht….
Götzl (verärgert): Ich frage jetzt den Herrn K. Wenn sie etwas beizutragen haben können sie das später tun.
G: Wenn es heißt "beruflich Kofferbauer". Wie haben sie das verstanden?
K: Ja natürlich auf die Rohrbomben. War ja auch in Presse noch Thema.
K: Die Schrift kann ich relativ eindeutig zuordnen. Jana.
G: Erinnern sie, dass mit Wohlleben oder Jana A. über Einzelheiten gesprochen wurde?
K: Hat sich darüber natürlich lustig gemacht in einer gewissen Form. War schon gängig. Haben uns auch selber nicht allzu ernst genommen. Konnten auch gut über uns selber lachen.
G: "Topterrorist André K. beim Ausspähen seiner Opfer"
K: War Camouflage
G: "Bubis als einen der ersten auserkoren hat, den er brutal ermorden wollte."
K: Ist Überspitzung. Der Lächerlichkeit wegen.
K: Bubis hatte mal Vortrag in Jena. Habe ihm gesagt: Wir hätten gerne ne Gesprächsrunde mit ihm. Hat sein Büro aber abgelehnt, deswegen wird er da mit drin gewesen sein, weil darüber dass ein oder andere Späßchen gemacht wurde.
G: "Umwandlung Gedenkstätte Buchenwald in Tankstelle für Gas"
K: war Camouflage. Da sollte in der Nähe tatsächlich Tankstelle gebaut werden. Das war die Überspitzung halt. Nehme ich an.
Die ganze Zeitung ist eine Verarsche. Mehr ist es nicht.
K: Natürlich würde ich das heute auch nicht mehr lesen wollen. Ist halt totale Überspitzung.
K: Gab schon so Aussagen: Wir müssen Zelle gründen oder so. War für mich immer Blödsinn.
G: Kam das auch von Mundlos und Böhnhardt?
K: Wüsste ich jetzt nicht.
G: Kennen sie eigentlich André E. (den Angeklagten)?
K: Nein. Ich meine seinen Bruder vielleicht aber ihn? Sagt mir gar nix.
Pause bis 15:05 Uhr

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 15.14 Uhr
Greger (Bundesanwaltschaft): Mittwochsstammtische?
K: Ja.
Gr: Wer nahm daran teil?
K: Großer Personenkreis aus dem Raum Süd- und Ostthüringen
Gr: Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe?
K: kann schon so gewesen sein. Keine genaue Erinnerung.
Gr: Mittwoch ne besonderer Bedeutung.
K: Nein.
Gr: wer führte Kameradschaft Jena?
K: Gab keine Führer.
Gr: Wer bestimmte?
K: gemeinschaftlich entschieden. Im Großen und Ganzen schon der Herr Mundlos, der Herr Böhnhardt, der Ralf, ich, ab und zu auch der Herr G.
Gr: Gab es einen, der mehr bestimmte?
K: Einen, der sagte das und das wird gemacht, das gab es halt nicht.
Gr: Waren sie beteiligt an Ausspähung von Polizeidienststelle?
K: ausspähen würd ich das nicht nennen. Tor stand auf und wir sind halt rein. Der Herr Böhnhardt, Mundlos und…. ich kann es ihnen gar nicht genau sagen, ob überhaupt noch jemand dabei war.
Gr: Flugblätter Kameradschaft Jena. Inhalte?
K: kann ich ihnen beim besten Willen nicht mehr sagen, gab tagespolitische Anlässe.
Gr: Auch gegen Ausländer?
K: gegen Ausländer ist relativ. In dem Kontext wie sie es beschreiben schon. Ja.
Asylpolitik.
Gr: Wurde Nationalsozialismus bewundert?
K: Musste sich ja zwangsläufig damit auseinandersetzen. Sobald man sich ich sag mal pronational betätigt hat ist man ja gleich in einen Topf geworfen worden. Dann musste man sich zwangsläufig damit auseinandersetzen. Das eine bedingt das Andere.
Gr: Sie Mundlos, Böhnhardt Zschäpe. Gab es da Diskussionen zum Thema NS.
K: Mit Sicherheit wird das Thema gewesen sein aber ich kann ihnen dazu jetzt nichts konkretes sagen.
Götzl: Wenn sie sagen nicht explizit. Was bedeutet das?
K: Thema ist es mit Sicherheit gewesen. Kann ihnen da jetzt nicht mehr irgendwie konkret sagen.
Weingarten (Bundesanwaltschaft): Ist Ihnen Pogromly bekannt?
K: Ja
Weingarten: Mal gespielt
K: Ja, aber schon ewig her, weiß nicht wie lange.
W: Welche Haltung zu NS ist in diesem Spiel?
K: Naja (lacht ganz leicht). Kann ich konkret nicht beantworten. Mit Sicherheit eine Form… werden halt schon eher die schlechteren Seiten des Dritten Reiches verherrlicht.
W: War Spiel so ne Art Realkritik am Dritten Reich?
K: Wie sie das verstehen kann ich ihnen jetzt nicht sagen. Mir noch erinnerlich, dass Bahnhöfe durch KZs ersetzt, aber mehr kann ich ihnen dazu nicht mehr sagen.
W: SS-  oder SA-Karten
K: ach so ja das. Klar. Symbolik natürlich Thema.
W: und inhaltlich?
K: natürlich am Dritten Reich orientiert.
W: Wer hat Spiel produziert?
K: schon von den Dreien nehme ich an.
W: Machten Sie auch Heiligen Gruß, wenn sie über Los kamen?
K: Weiß ich nicht
W: Hat Zschäpe mal mitgespielt?
K: Ich nehme es mal an. Gute Frage
W: Sie haben zu keinem Zeitpunkt gewusst wo sich die Drei aufhalten?
K: definitiv.
W: Journalist der Geld bot für Interview mit den Dreien?
K: Ja es gab mal ne Anfrage. War aber mit Sicherheit nicht nur einmal.
W: In diesem Fall soll es finanzielles Angebot für Vermittlung gegeben haben.
K: Kann ich ihnen so nicht sagen
W: Betrag so erheblich, dass sie sich vielleicht doch erinnern.
K: Ich selbst hab keinen Kontakt mit Journalisten gehabt
W: Wer könnte ihnen von Interviewwunsch berichtet haben?
K: Könnte der Ralf gewesen sein, der Frank, der B. (Mario B.) vielleicht?
W. hält vor: Wohlleben habe von Stern-Angebot erzählt. Habe für Kontakt oder Interview mit den Dreien 50.000 bis 60.000 Mark in Aussicht gestellt.
K: Es gab mehrmals Anfragen, aber zu der Summe kann ich ihnen jetzt nichts sagen.
W: Was wurde zu Angebot besprochen. Erinnerung?
K: Nee
W: doch gewusst wie man mit den Dreien in Kontakt treten kann?
K: Nein. und ganz ehrlich: wenn Interviewanfragen kamen hätte man in erster Linie daran gedacht, wie man das Geld abgreifen kann.
W: Waren sie in Pogromly-Vertrieb eingebunden.
K: Im großen Stil nicht. Hab glaub ich dem Brandt mal ein paar gegeben.
W: Wer noch im Vertrieb?
K: der Ralf und sonst mal Kontakt mit Tino: Kann ihnen nichts Genaues sagen.
W: Jürgen H.?
K: Der gehörte zum Bekanntenkreis von Ralf.
W: Hatte der was mit Untergetauchten zu tun? Mit deren Unterstützung.
K: Hab das natürlich gelesen, kann ihnen das selbst aber jetzt nicht so sagen.
W. hält aus Vernehmung von Jürgen H. vor: Ich habe Spiele verkauft und Geld entweder an Ralf Wohlleben, Carsten S. oder André K. übergeben.
K: Bin mir relativ sicher, dass er mir kein Geld übergeben hat.
W: Haben sie damals nicht nur verkauft, sondern auch Geld aus dem Verkauf entgegengenommen?
K: Da hab ich jetzt keine Erinnerung.
W. hält vor: Observations-Protokoll: 1998 Treffen Wohlleben, K. und H.
K: Da war ich nach meiner Erinnerung in Südafrika.
W: Sie waren ab dem 8.8 in Südafrika
K: Kann mich nicht erinnern mit denen in Wohnung gewesen zu sein. Ist mir nicht präsent.
K: Kontakt zu H. war nur "Hallo-Sagen".
W: Ihnen ist klar dass sie unter Wahrheitspflicht stehen?
K: Wir können das jetzt auch zehnmal machen.
Ich hab es ihnen doch schon gesagt.
W: Carsten S.?
K: Ja, der sagt mir was.
W: zu dem mehr Kontakt als nur hallo?
K: den hab ich öfters mal gesehen.
W: Hat S. Rolle gespielt bei Unterstützung der Untergetauchten?
K: Für mich persönlich nicht.
W: Wissen sie, ob er was getan hat, was zur Unterstützung diente?
K: Lt. Tino kam S. diesbezüglich auf ihn zu. Das war auch Grund, warum ich gesagt habe ich möchte da außen vorgelassen werden, sind mir zu viele Leute hier.
W. hält vor aus S.-Vernehmung: Wann enger in Unterstützung eingebunden?: Dreiviertel Jahr nach Abtauchen sprachen mich Wohlleben und André K. an.
K: Kann mich nicht erinnern an Treffen.
W: Erinnerung ,dass sie ihn angesprochen haben, ob er für die Drei was tun will?
K: Nochmal. Ich kann mich an das Gespräch nicht erinnern. Punkt.
Natürlich wird es so gewesen sein dass ich mit Ralf über einige Sachen geredet hab aber ich kann ihnen nicht sagen, ob ich darüber geredet hab, wen man da noch einbinden könnte.
W: Haben sie mit Wohlleben über Einbindung eines Dritten oder Anderer in die Unterstützung gesprochen?
K: Nochmal. Ich weiß es nicht mehr.
W: Herr K. Ich glaube ihnen das nicht. Das ist nicht alltäglich. Das ist nicht wie Frühstücken.
K: Würden sie sich noch an was erinnern vor 15 Jahren?
W: Die Fragen stelle ich und wenn es umgekehrt wäre, würde ich wohl mit Ja antworten.
K: Wir drehen uns im Kreis.
W: Nein. Sie drehen sich im Kreis.
W: Aber daran, dass sie sich zurückgezogen haben, als sie gehört haben, der S. weiß auch was, können sie sich erinnern? Das wissen sie?
K: Ich hab da auch viel gelesen. Man vermischt halt Sachen.
W: Ihr Rückzug hatte das auch damit zu tun, dass da Geld verschwunden ist?
K: Hatte mit vielen Sachen zu tun. Auch damit.
W: Hat Wohlleben da lästerliche Reden geführt, schlecht über sie gesprochen?
K: Das Einzige, was ich da kenne, ist aus dem Internet dass wir Jahre nicht kommuniziert hätten. Das ist aber Quatsch. Man hat mal Höhen und Tiefen.
W: War ein Tief, dass sie Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben?
K: Das kann ich ihnen nicht sagen
W: Das hätt mich auch gewundert.
K. kann gehen - ist aber NICHT entlassen, muss wiederkommen.

Schluss für heute

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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