84. Verhandlungstag, 5.2.2014 "Daran kann ich mich nicht erinnern"
Erinnerungslücken prägten die Antworten von Andre K., der Ende der 1990er-Jahre zum engsten Umfeld von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gehörte. Außerdem sorgte ein Befangenheitsantrag für Aufregung.
05. Februar
Mittwoch, 05. Februar 2014
"Verarsche. Mehr ist es nicht". Diese Wertung nahm der Zeuge Andre K. zwar in anderem Zusammenhang vor – er meinte eine von Freunden gemachte "Geburtstagszeitung" für ihn, in der Andeutungen zum Beispiel auf Uwe Böhnhardt stehen, die das Gericht interessieren – aber viele Prozessbeteiligte dürften den Satz von Andre K. auch als passende Überschrift für seinen mittlerweile zweiten Auftritt als Zeuge im NSU-Prozess empfinden.
Erinnerungslücken prägten die Antworten des Mannes, der Ende der 90er Jahre zum engsten Umfeld von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe und auch dem angeklagten Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben gehörte. Als Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe 1998 in den Untergrund gingen, hielt Andre K. zunächst Kontakt, telefonierte mit ihnen, versuchte gefälschte Pässe zu besorgen und sammelte auch Geld. Doch immer wenn der Vorsitzende Richter nun Konkretes von Andre K. hören wollte, kamen diese Erinnerungslücken.
"Daran kann ich mich nicht erinnern"
So hatte Uwe Böhnhardts Mutter im Prozess berichtet, Andre K. habe bei ihr Geld für ihren polizeilich gesuchten Sohn abgeholt. "Daran kann ich mich nicht erinnern", sagte Andre K. nun. Einer der Bundesanwälte hielt ihm Aussagen des Angeklagten Carsten S. vor. Der hatte der Polizei von einem Treffen zwischen ihm, Ralf Wohlleben und Andre K. erzählt. Gegenstand: Carsten S. sollte mitmachen bei der Unterstützung des Trios. Auch an dieses Treffen kann sich Andre K. aber angeblich nicht erinnern. Immer wieder mahnten ihn Richter Manfred Götzl und andere an seine Wahrheitspflicht als Zeuge zu denken. Immer wieder änderte das nichts an seinem Aussageverhalten. Andre K. wird ein weiteres, ein drittes Mal als Zeuge kommen müssen.
Befangen wegen Aktenordner-Beschriftung?
Vor der Mittagspause kündigte die Zschäpe-Verteidigung dann einen Befangenheitsantrag gegen einen der Richter an. Rätselraten im Saal. Was meinen die Anwälte der Hauptangeklagten? Als der Antrag dann gestellt wurde, trauten manche ihren Ohren nicht. Auf dem Rücken eines Ordners mit Prozessakten steht: NSU. Für die Zschäpe-Anwälte bedeutet das: Die Existenz der Terrorgruppe ist für das Oberlandesgericht klar. Darin sehen die Verteidiger eine Vorverurteilung ihrer Mandantin und weil der betreffende Richter den Ordner unter dem Arm trug ist er aus ihrer Sicht nicht mehr objektiv.
Über ihre Verteidiger schlossen sich die Angeklagten Ralf Wohlleben und Andre E. dem Antrag und damit auch dieser sehr eigenen Sichtweise an. Das Gericht wird in den nächsten Tagen entscheiden. Die Erfolgsaussichten der Antragssteller tendieren gen Null. Es ist nicht der erste Befangenheitsantrag gegen das Gericht. Bisher wurden alle abgelehnt.