NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 98. Verhandlungstag, 26.03.2014
Nur eine Zeugin wird heute angehört - Juliane W., die frühere Lebensgefährtin des Angeklagten Ralf Wohlleben. Mit großen Erinnerungslücken berichtet sie über ihren Weg in die rechte Szene und ihr Verhältnis zum Trio.
Sie sei nur eine Mitläuferin gewesen und habe von den Taten und der Flucht des Trios in den Untergrund nichts mitbekommen. Am Tag des Verschwindens ist sie jedoch zu Wohlleben gefahren, um ihn zu warnen, und auch zu Zschäpes und Mundlos' Wohnung, um Kleidung für die Untergetauchten zu besorgen. Richter Götzl wird an diesem Tag mehrfach ungehalten, da sich die Zeugin an vieles nicht erinnert oder sich in Widersprüche verstrickt.
Zeugin:
Juliane W. (Umfeld Angeklagte)
ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal
(Tim Aßmann, BR)
Beginn 9.45 Uhr
Zuschauertribüne sehr gut besucht - u.a. mit einer Pfadfindergruppe (aber nicht in Uniform)
(Jana Lange, SWR)
Beate Zschäpe trägt eine helle Hose und einen grauen Pullover, Haare zusammen gebunden, dickes Halstuch.
Zeugin Juliane W., 32 Jahre, Fachverkäuferin für Sanitätshandel, Jena
Zschäpe beobachtet aufmerksam, Wohlleben wirkt unbeteiligt.
Götzl: Es geht uns um die Kontakte zu den Dreien 1997/1998, an was können Sie sich erinnern?
W: Für mich wäre es schöner, wenn Sie mir konkrete Fragen stellen würden.
G.: Wann haben Sie Wohlleben, Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt kennen gelernt?
W: Ralf habe ich kennengelernt als ich 15 war, wir sind dann zusammen gekommen. Die anderen habe ich später im Jugendclub kennen gelernt. Erst haben wir bei unseren Familien gewohnt, später sind wir dann zusammengezogen. Weil Ralf Kontakt zu Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt hatte, waren ja seine Freunde, habe ich sie später auch kennengelernt. Ja, was soll ich sagen?
G.: Wo haben Sie denn damals gemeinsam gewohnt?
W.: In der Brüsingstr. in Jena
G. Wie lange waren Sie zusammen?
W.: Anfang 99 haben wir uns getrennt.
G.: Wann hatten Sie den ersten und den letzten Kontakt zu den anderen?
W.: Ich kann wie gesagt keine genaue Zeit festlegen. Es war wahrscheinlich 1997, aber genauer kann ich es nicht sagen. Wir hatten mal Besuch, waren mal zusammen in der Disko, aber es war jetzt nicht so, dass ich jeden Tag Kontakt zu denen hatte, außer zu Ralf. Die Häufigkeit der Kontakte, das ist so weit weg, für mich war das nicht so einschneidend, deshalb kann ich Ihnen keine genauere Auskunft geben.
G: Letzter Kontakt mit den Dreien?
W.: Der letzte Kontakt war mit Herrn Böhnhardt am Tag des Verschwindens. Sie haben mich abgeholt an meiner Ausbildungsschule und haben gesagt, ich soll mitkommen, sonst muss der Ralf vielleicht ins Gefängnis. Als junger Mensch geht man halt dann mit, es ging alles so schnell. Ansonsten habe ich an dem Tag weder Mundlos noch Zschäpe gesehen, nur Ralf.
G: Sie sprachen von "sie"?.
W.: Ja, Volker H. war noch mit dabei. Sie haben mich mit dem Auto abgeholt, ich glaube es war das von Mundlos. Ich bin dann mit Volker H. nach Erfurt gefahren und habe Ralf mitgeteilt, dass es eine Durchsuchung gibt und er mitkommen soll. Ich bin dann aber mit Volker zurück nach Jena und Ralf ist getrennt gefahren. Soweit ich mich erinnern kann, wurde ich zu Herrn Mundlos an die Wohnung gefahren, wo auch die Polizei war. Ich sollte ursprünglich ein paar Sachen aus der Wohnung holen, ein paar T-Shirts. Weil Polizei vor Ort war, habe ich keine Sachen mitgenommen. Ich konnte mich auch bei der Vernehmung durch die Polizei an vieles nicht mehr erinnern. Ich habe da wohl auch ausgesagt, dass ich zum fernsehgucken gekommen bin. Das wurde ja in der Presse genug hin und her geschoben, ich habe das wohl so ausgesagt.
Ich bin dann ohne Sachen gegangen. Ich kann mich kaum noch erinnern, kann Ihnen das nicht mehr hundert Prozent sagen. Soweit ich mich erinnere, wurde mir gesagt, ich soll noch zur Beate in die Wohnung und Sachen holen.
Irgendwann bin ich nach Hause. Ich kann mich kaum erinnern, kenne nur das, was in der Polizeivernehmung steht, kann mich daran nicht mehr erinnern, in der Vernehmung steht, ich soll bei der Flucht geholfen haben. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass ich bei der Mutti Mundlos war, das hat mir die Polizei dann erst 2011 wieder gesagt. Seit dem Tag hatte ich keinen
Kontakt mehr. Ich habe an dem Tag nur noch den Uwe (Böhnhardt) gesehen. Das war's.
G.: Was meinen Sie denn mit dem Satz "man hat mir gesagt"?
W.: Weiß ich nicht, war halt so.
Götzl belehrt W., dass sie die Wahrheit sagen soll, wird ein bisschen lauter (Rechtsanwältin Schneiders, Verteidigerin Wohllebens, schmunzelt, als W. rumstammelt, sie würde ja sagen, an was sie sich erinnert, sie erinnert sich nur halt nicht)
G.: Was wollten Sie in der Wohnung von Beate?
W.: Sachen holen.
G.: Was für Sachen?
W.: Anziehsachen, nix spezielles.
G.: Wussten Sie, wo die Wohnung war?
W.: Ja
G.: Wie kamen Sie in die Wohnung?
W: Schlüssel bekommen
G: Von wem?
W.: Kann ich nicht mehr sagen.
G: Wie sah die Wohnung aus?
W.: Spärlich eingerichtet, Kleiderschrank, Bett, ist nichts ins Auge gestochen.
G.: Wo befanden sich die Sachen, die Sie holen sollten?
W.: Im Kleiderschrank, lag nichts auf dem Boden.
G: Wie haben Sie die Sachen transportiert?
W.: Mit dem roten Auto. Ich bin dann nach Hause. Ich war an dem Tag nur mit
Volker unterwegs. Der Uwe war da schon lange nicht mehr dabei.
(Christoph Arnowski, BR)
W: Ich hatte keine Fahrerlaubnis. Herr H. war mit mir unterwegs, ich bin nur noch mit dem Herrn H. gefahren.
Ich bin nach Hause gelaufen, von Winzerla nach Göschwitz ist nicht weit, kann sein, dass ich auch zwei, drei Stationen mit der Linie 13 gefahren bin.
G: Was haben Sie mit dem Schlüssel gemacht?
W: Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht. Es ist zu weit her, ich kann nicht Aussage machen, wenn sie dann nicht stimmt. Sie haben mir vorhin gesagt, ich soll die Wahrheit sagen, das ist schwer, das sind Bruchstücke, ich will mir nichts zusammen reimen.
(Jana Lange, SWR)
Langes Schweigen
W. nuschelt ein bisschen, kraftlose Stimme, Dialekt, manchmal leicht weinerlich: Für mich ist es persönlich schwer. Mir werden jetzt hier Fragen gestellt zu was, was vor so vielen Jahren war. Ich soll die Wahrheit sagen, aber ich will mir auch nichts zusammen reimen, was dann nicht stimmt.
G.: Erzählen Sie nochmal. Wo war denn die Schule und wer kam?
W.: Im Norden Jenas. Der Böhnhardt kam halt und hat mich aus dem Unterricht geholt und gesagt, der Ralf könnte ins Gefängnis kommen. Ich bin dann mit und habe mich an dem Tag krank gemeldet.
G: Erzählen Sie mal von morgens. Sind Sie zusammen mit Ralf los?
W.: Er musste früher los, weil er ja Ausbildung in Erfurt gemacht hat. Er ist mit seinem Auto gefahren.
G. fragt sie nach Modell, sie beginnt zu kichern, als Frau merkt man sich
so was nicht, kleines weißes Auto, kichert weiter.
(Tim Aßmann, BR)
G: Wann kam Böhnhardt genau?
W: Neun, halb zehn. Weiß es nicht mehr genau.
G: Wer hat Sie aus der Schule geholt?
W: Na der Herr H. und der Herr Böhnhardt
(Jana Lange, SWR)
G: Wie war das Gespräch mit den beiden?
W: So kurz und knapp, wie ich es Ihnen gesagt habe. Dass Ralf vielleicht ins Gefängnis muss und ich mitkommen soll. Ich habe mich dann krank gemeldet und bin mitgefahren. Der Herr Böhnhardt war dann nicht mehr da. Herr H. hat auf mich gewartet, der Uwe ist da schon gegangen.
(Tim Aßmann, BR)
G: Hat sich Böhnhardt verabschiedet?
W: Also bei mir hat sich keiner verabschiedet.
W: Gespräch war nur kurz und knapp. Haben mich gebeten, dass ich den Ralf informiere. Bin dann mit dem Volker zum Ralf.
(Jana Lange, SWR)
G: Wie war das denn, als gesagt wurde, Ralf muss vielleicht ins Gefängnis?
W: Ich habe mir nichts dabei gedacht, ich hatte ja keine Ahnung, ich wusste auch von keinen Aktionen, die dazu führen könnten, dass jemand ins Gefängnis muss. Ich wusste nicht, um was es geht.
G: Was meinen Sie denn? Was sollten Sie dem Ralf denn sagen? (wird lauter) Was sollte er denn mit dieser Information anfangen?
W. stottert: Das war halt so, ich war sehr jung, ich wollte nur zu meinem Freund, ich habe mir Sorgen gemacht.
(Christoph Arnowski, BR)
G: Zu welchem Zweck fahren Sie jetzt also nach Erfurt?
W: Emotional, weil ich mir Sorgen um meinen Freund gemacht habe, aber wann und was ich mit ihm gesprochen habe, kann ich nicht sagen, weil auch der Volker H. mit ihm gesprochen hat.
(Christoph Arnowski, BR)
G: Welches Auto?
W: Das von Mundlos, an Marke kann ich mich nicht erinnern.
G: Wie kam H. an das Auto von Mundlos?
W: Weiß ich nicht, da müssen Sie ihn selbst fragen.
G: Woher wussten Sie, dass das Auto von Mundlos war ?
W: Weil ich es schon öfter gesehen habe.
G: Fuhr Böhnhardt ein Fahrzeug?
W: Weiß ich nicht.
(Jana Lange, SWR)
G: Woher wussten Sie eigentlich, dass das rote Fahrzeug Herrn Mundlos gehört?
W.: Das stand in der Presse und die Polizei hat mir das auch nochmal gesagt.
G: Also, Sie haben das nur aus der Presse?
W.: Ich kann mich halt nicht mehr so richtig daran erinnern. Die Polizei hat mir vieles gesagt, was ich nicht mehr wusste.
G: Also dann legen Sie doch mal auf den Tisch, was Sie von der Polizei erfahren haben und was tatsächlich Ihre eigene Erinnerung ist.
W.: Die Polizei hat mir gesagt, dass ich bei Mundlos in der Wohnung war, dass ich fernsehgucken wollte usw.
(Jana Lange, SWR)
G: Erzählen Sie doch mal, wie war das in der Wohnung von Herrn Mundlos?
W: Sie machen es mir heute echt schwer.
G.: Ja, Sie machen es mir aber auch schwer. Wir machen es uns beide schwer, aber vielleicht erfahren wir dadurch etwas.
W.: Ich erinnere mich nur, dass ich Sachen holen sollte. Die Polizei hat mir später gesagt: "Ja, Frau W., wir haben Sie doch dort in der Wohnung angetroffen."
G: Aber was haben Sie denn gedacht, als Sie die Sachen herausholen sollten?
W.: Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich habe nicht an Flucht gedacht. Das habe ich später erst im Fernsehen gesehen. Ich habe einfach das gemacht, was mir gesagt wurde. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, wer es mir gesagt hat.
(Christoph Arnowski, BR)
W: Ich war eigentlich gar nicht in der Wohnung drinne. Ich habe mir nicht den Kopf gemacht, dass da jemand flüchten wollte. Ich habe mir keine Gedanken gemacht, ich habe das später aus den Nachrichten erfahren. Ich habe das halt gemacht, ich war jung und naiv. Ich kann das nur zusammenstückeln, ich bin mit dem Volker unterwegs gewesen. Gedanken kamen erst im Nachgang.
G: Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie in Wohnung Mundlos sollten?
W: Ich habe das nicht in Erinnerung.
(Jana Lange, SWR)
G: Mit wem hatten Sie an dem Tag überhaupt Kontakt?
W.: Mit Herrn Böhnhardt, mit Volker und abends dann mit Ralf.
G: Gehen wir es doch mal durch: Morgens kommt Herr Böhnhardt in die Schule. Hat er Ihnen gesagt, Sie sollen zu Mundlos und Zschäpe in die Wohnung?
W.: Weiß ich nicht mehr, kann ich mich nicht erinnern.
G: Hatten Sie an dem Tag mit Andre K. Kontakt?
W: Das kann ich nicht genau sagen. Er war ja öfter bei uns. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob ich an dem Tag Kontakt mit ihm hatte.
Längeres Schweigen.
W.: Sie merken, mir fällt das Schildern schwer. Deshalb habe ich Sie ja gebeten, mir Fragen zu stellen.
G. Ich frage Sie die ganze Zeit.
Rechtsanwalt Stahl (Verteidigung Zschäpe): Also Herr Vorsitzender, Sie sind ganz schön scharf, das finde ich jetzt nicht in Ordnung.
Zeugin wird rausgeschickt und es wird darüber diskutiert, ob es gerechtfertigt ist, dass G. so "scharf" befragt, obwohl sich Zeugin kaum erinnert.
(Christoph Arnowski, BR)
Stahl: Ich würde mir mal wünschen, dass Sie einen BKA-Beamten so befragen würden, der sich nicht erinnern kann. ich gewinne den Eindruck, dass es zweierlei Zeugenbefragungen gibt. BKA-Beamte werden mit Samthandschuhen angefasst.
Götzl ist nun ziemlich sauer
Stahl: Sie müssen mich doch jetzt nicht bewusst falsch verstehen. Ich habe den Eindruck, dass Sie in eine Richtung befragen
Bundesanwalt Herbert Diemer sieht alle Fragen als ok an: "wenn dann nix rauskommt, müssen wir damit leben."
Rechtsanwältin Lex (Nebenklage Boulgarides): Wir hatten hier Zeugen, die eine wesentlich harschere Befragung verdient hätten! So geht es nicht, dass alle sagen: „Daran kann ich mich nicht erinnern.“
Rechtsanwalt Klemke (Verteidigung Wohlleben): Die Jagdsaison auf Zeugen ist eröffnet. Das ist geschlagene 16 Jahre her. Sie hatte damals ein emotionales Erlebnis, inzwischen hatte sie mehrere Partner, auch ein Kind mit jemand anders. Die Polizeibeamten haben alle Zeit der Welt, um ihre Vernehmungen auswendig zu lernen, die Zeugin hat nur ihre Erinnerung.
(Jana Lange, SWR)
Zeugin wird wieder aufgerufen.
G: Wir waren bei Herrn K. stehen geblieben. Gab es an diesem Tag irgendwelche Kontakte zu K.?
W: Das kann ich Ihnen nicht genau sagen, ich weiß es nicht.
G: Dann zum Thema Wohnung Mundlos. Da hatten Sie gesagt, Sie wurden zu der Wohnung gefahren. Wer war noch dabei?
W: Herr H.
G: Hatten Sie telefonischen Kontakt zu irgendwem?
W.: Ich kann mich nicht erinnern, ich kann Ihnen das nicht sagen, ich weiß es wirklich nicht.
G: War Herr Wohlleben telefonisch in Erfurt erreichbar?
W.: Weiß ich nicht.
Es geht noch mehrmals darum, wer mit Ralf gesprochen hat. Diskussion zwischen Götzl und der Zeugin wegen mangelnder Erinnerung. Sei doch ein einschneidendes Erlebnis gewesen, warum Sie sich nicht erinnern könne.
(Christoph Arnowski, BR)
W: Ich hatte Angst. Ich wusste nicht wirklich, um was es ging. Wahrscheinlich werde ich Volker gefragt haben. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, ob ich eine Antwort bekommen habe.
Es war kein einschneidendes Erlebnis wie die Geburt eines Kindes, ich bin nur mitgefahren. Ich wusste doch nicht, was alles hinten dran hängt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich nicht weiß, wann ich mit wem was an diesem Tag besprochen habe. (es geht kein Stück voran)
(Jana Lange, SWR)
W.: Ich kann mich nur erinnern, dass ich dachte, vielleicht soll er wegen einer Demo verhaftet werden oder so. Dass da eine Garage durchsucht worden ist, das habe ich doch erst später aus der Presse erfahren.
G. Wo war Volker zu dem Zeitpunkt, als Sie in der Wohnung von Mundlos waren?
W.: Der hat mich um die Ecke abgesetzt, ist nicht mit, vielleicht weil er sich nicht in Gefahr bringen wollte. Aber wie das alles zusammenhängt, kann ich nicht sagen.
G.: Was ist mit dem Schlüssel von Mundlos passiert?
W.: Ich kann mich nicht genau erinnern. Ich glaube, dass ich den Schlüssel der Polizei geben musste, aber ich weiß es nicht mehr.
G.: Wie war die Situation, als Sie nach Hause kamen?
W.: Ich kann mich erinnern, dass ich erst mal alleine zu Hause war. Aber ich weiß nicht, wann Ralf nach Hause kam.
G.: Was haben Sie an Kontakten an diesem Tag mit Ralf Wohlleben in Erinnerung?
W.: Ich weiß nicht, was ich mit Ralf gesprochen habe, ob ich überhaupt gesprochen habe mit ihm darüber.
G.: Können Sie ich erinnern, ob Ralf Wohlleben überhaupt nach Hause kam?
W.: Ich denke schon.
G.: Aber ob Sie etwas gefragt haben oder miteinander gesprochen haben. Daran erinnern Sie sich nicht?
W.: Nein.
G.: Haben Sie ihn davon informiert, was Sie an dem Tag gemacht haben?
W.: Ich kann mich nicht erinnern. Ich weiß es nicht. Ich nehme an, dass ich mit ihm darüber gesprochen habe, aber ich weiß es nicht.
(Christoph Arnowski, BR)
G: Verhaftung noch mal thematisiert?
W: Nein, er wurde ja nicht verhaftet, damit war das Thema für mich erledigt.
G: Wohnung Mundlos nochmal
W: Ich bin rein, dann war Polizei drin, habe gesagt, dass ich Fernsehen schauen will. So hat es mir die Polizei gesagt. War schon erschrocken, hatte ja wenig Kontakt mit der Polizei, durfte dann wieder gehen.
(es geht nicht vorwärts, Bruchstücke, zu lange her!!)
(Jana Lange, SWR)
G: Was haben Sie dem Volker denn erzählt, als Sie in der Wohnung Mundlos auf die Polizei getroffen sind?
W.: Das kann ich Ihnen nicht mehr genau sagen. Ich denke, ich habe ihm von der Polizei erzählt und dann sind wir weggefahren.
W.: Wir sind dann noch zu Beate in die Wohnung gefahren.
G: Was hat denn Volker dazu gesagt, dass bei Mundlos die Polizei war?
W.: Zu weit her, kann ich nicht sagen.
G: Was können Sie zur Wohnung Zschäpe sagen?
W.: Ich habe ihnen doch schon vorhin gesagt, dass ich mich nicht erinnern kann.
G: Hatten Sie Bedenken, die Wohnung Zschäpes aufzusuchen, da Sie bei Mundlos ja die Polizei getroffen haben?
W: Ich denke ja, aber erinnern kann ich mich nicht mehr.
Pause bis 11.45 Uhr
(Tim Aßmann, BR)
Weiter nach Pause um 11.50 Uhr
Götzl: Wie war das dann Abends mit dem Fahrzeug Wohlleben?
W: Soweit ich mich erinnern kann war das nicht mehr da. Wurde mir gesagt es sei kaputt. Nach einiger Zeit war es wieder da, habe aber nicht konkret nachgefragt.
G: Nach einiger Zeit?
W: Genauen Zeitpunkt kann ich Ihnen nicht nennen. Weiß nicht, ob es ein oder zwei Wochen waren. Es war dann halt wieder da.
G: Hat Wohlleben es dann wieder benutzt?
W: Soweit ich mich erinnern kann ja.
G: Hat Wohlleben damals gearbeitet?
W: Ausbildung in Erfurt gemacht und soweit ich mich erinnern kann, dann da auch gearbeitet. Hat Handelsfachpacker gelernt.
G: Wie kam er dahin?
W: Als das Fahrzeug nicht da war - ich weiß es nicht. Das ist so schwammig in meinem Kopf.
(Jana Lange, SWR)
G: Verhältnis zu den Dreien?
W.: Es waren Freunde vom Ralf, wir haben viel zusammen gemacht, es war schön, also es war normal halt.
G: Beziehung Ralf zu den Dreien?
W.: Na, sie kannten sich halt schon bevor ich sie kennen gelernt haben. Sie hatten ein freundschaftliches Verhältnis. Da war aber nichts Besonderes, sie waren halt Freunde.
G.: Wie war denn jetzt die Situation nach diesem Tag?
W.: Ich hab nie erfahren, wo sich die Drei aufhalten.
G.: Hat er mit Ihnen darüber gesprochen, warum die Drei verschwunden sind?
W.: Das habe ich aus der Presse erfahren, da wurde ja von der Bombenwerkstatt berichtet. Ich habe auch den Ralf mal gefragt, aber Ralf hat zu mir gesagt, er weiß nicht, wo sich die Drei aufhalten. Ich habe meine Informationen aus der Presse erfahren und habe damals nicht noch näher nachgefragt. Ich habe gesagt, mich persönlich geht es nichts an. Ich habe weggeschaut.
G.: Sie haben alles aus der Presse und haben nicht mit Herrn Wohlleben darüber gesprochen?
W.: Nein, ich kann mich daran nicht erinnern. Ich habe Ralf auch nicht so kennengelernt. Ich habe Ralf als netten, jungen Mann kennen gelernt, der anderen immer geholfen hat.
(Tim Aßmann, BR)
G: Was dachten Sie, warum Wohlleben ins Gefängnis hätte gehen müssen?
W: Dachte, hat mit Demo zu tun oder so. Sicherlich werde ich mal gefragt haben, ob er was damit zu tun hat oder so Aber so aus dem Gespräch heraus wüsste ich das nicht. Ist nicht so, dass man mir gesagt hat: So und so sieht's aus. Das und das ist vorgefallen. Habe auch nicht nachgefragt. Habe mir gedacht geht mich nichts an. War dann auch so, dass das Ende der Beziehung langsam nahte.
(Jana Lange, SWR)
G.: Wann ist die Beziehung auseinander gegangen und warum?
W. Anfang 1999, da möchte ich nicht darüber reden, private Gründe
Götzl fragt nach.
W.: Er hat sich von mir getrennt. Ich habe damals gedacht, dass ich schwanger bin, war es dann aber nicht und habe ihm das dann erst viel später gesagt. Deshalb war er menschlich enttäuscht und dann ist auch die Trennung erfolgt.
G.: Hatten Sie weiter Kontakt zu ihm?
W.: Also eine Zeitlang nicht, bestimmt 2-3 Jahre. Dann haben wir uns wieder getroffen und haben dann mal Kaffee zusammen getrunken. Wir haben uns ab und zu mal gesehen.
G: War in der Zeit, als Sie mit ihm zusammen waren, der Aufenthalt der Drei Gesprächsthema?
W. Ich habe zwei, drei Mal nachgefragt.
G: Und danach? Nach der Trennung?
W.: Die Sache war abgehakt, ich hatte andere Interessen, ich habe das nicht mehr gefragt.
G.: Haben Sie in der Wohnung Mundlos ein Protokoll unterschrieben?
W.: Weiß ich nicht,
G.: Was hat die Polizei in der Wohnung gemacht?
W.: Weiß ich nicht. Mir wurde bei meiner Vernehmung 2011 gesagt, dass die Polizei in der Wohnung war, aber was die gemacht haben, weiß ich nicht.
G: Wurden Sie als Durchsuchungszeugin hinzugezogen?
W.: Habe ich keine Erinnerung mehr.
Götzl macht Vorhalt: "Juliane W. kommt zu KDD Jena und hat Vollmacht von Beate Zschäpe dabei."
W: Kann ich mich nicht mehr daran erinnern, das hat mir die Polizei 2011 gesagt.
G.: Vollmacht sollen Sie an Ihrer Wohnungstür gefunden haben.
W: Keine Erinnerung
G: Herr K. kam dann noch zur Polizei
W: Ich habe dazu keine Erinnerung mehr.
G: Wie standen Sie zu Herrn K.? Wie stand Herr Wohlleben zu ihm?
W: Er war ein Freund von Ralf. Kam öfter auf ein Kaffee oder Bierchen. Er hat öfter irgendwelche Spitzen mir gegenüber losgelassen, das wollte ich nicht haben
G.: Wie war Verhältnis K. und die Drei?
W: Gutes Verhältnis, aber mehr kann ich nicht sagen.
G.: Wie sind die Uwes und Beate Zschäpe miteinander umgegangen?
W.: Freundschaftlich. Beate ist halt sehr menschlich, man konnte als weibliche Person mit ihr reden, das war schön. Herr Mundlos ist immer mit gehobenem Kopf rumgelaufen, sehr selbstbewusst. Herr Böhnhardt ist immer mit Uniform rumgelaufen.
G.: Haben Sie Kontakt zu den Eltern Mundlos gehabt?
W.: Das hat mir die Polizei gesagt, dass ich Kontakt zur Mutti hatte. Ich kann mich daran nicht erinnern.
G.: Hatten Sie Kontakt zu den Eltern Mundlos?
W.: Ich weiß, dass der Vater mal bei uns vor der Tür stand. Wollte wissen, wo sein Sohn ist, hat Terror gemacht, hat mich sogar einmal verfolgt, hat sich verkleidet. Dass ich bei der Mutti war, das weiß ich nur von der Polizei.
G.: Hat Herr Wohlleben Kontakt zu Vater Mundlos gehabt?
W.: Also das weiß ich nicht. Nur das eine Mal, als er vor der Tür stand, das weiß ich.
Mittagspause bis 13.30 Uhr
(Jana Lange, SWR)
Weiter 13.40 Uhr
G: Hatten Sie Kontakt zu Verfassungsschutzbehörden?
W.: Ja, im September 1998. Die standen bei mir im Laden. Sie sagten, ich soll mitkommen, wusste nicht, dass es der Verfassungsschutz war. Sie haben mich gefragt, wo die Drei sind. Ich wusste es ja nicht und habe es gesagt. Ich habe 100 Markt bekommen.
Ein zweites Mal haben sie mich auf der Straße angesprochen und haben wieder gefragt, wo die Drei sind. Und sie haben mich gefragt, wo Ralf arbeitet und ob er weiß, wo die Drei sind. Ich habe wieder 100 Mark bekommen. Ich habe das blauäugig angenommen, habe wenig verdient bei der Ausbildung und hab das gerne angenommen. Das war es dann. In der Presse stand, dass zehn oder mehr Treffen waren. Daran kann ich mich nicht erinnern.
G.: Wie viele Personen haben mit Ihnen gesprochen?
W. Zwei Männer waren das, es waren beide Mal dieselben.
G: Wurden Sie gebeten, Kontakt aufzunehmen?
W.: Ja, das haben sie, aber ich konnte ja nichts sagen. Ralf hat gesagt, er weiß nichts.
G.: Wie haben sich die Ihnen denn vorgestellt?
W: Im Laden haben sie nicht gesagt, dass sie vom Verfassungsschutz sind. Sie haben mit meiner Chefin gesprochen und ich bin dann raus mit ihnen. Ich habe es erst kapiert, als sie mir Geld gegeben haben.
G.: Haben Sie mit Ralf Wohlleben darüber gesprochen?
W.: Nein.
G: Hat Sie jemand aus dem Umfeld angesprochen darauf? Wurden Sie verdächtigt?
W.: Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. In der Presse stand, dass ich V-Mann gewesen sein soll, aber ich habe mich nur zweimal getroffen, an 10-15 Mal kann ich mich nicht erinnern.
G: Wie kommt der Verfassungsschutz auf Ihren Spitznamen?
W.: Weiß ich nicht. Das habe ich in der Presse gelesen, dass ich wohl unter meinem Spitznamen geführt worden bin.
Jetzt wird sie weinerlich, weil die Presse ständig vor ihrer Tür stand.
W.: Woher haben die meine Nummer? Mein Recht am eigenen Bild wurde missachtet. Sicherlich muss dieses Verfahren geführt werden, aber es kann doch nicht sein, dass um Umfeld alle nieder gemacht werden und die Polizei zu mir sagt, Frau W., passen Sie auf sich auf.
Götzl fragt nochmal zu den Verfassungsschutzbeamten
G:: Haben Sie nicht darüber nachgedacht, Herrn Wohlleben zu informieren?
W.: Ja sicher, aber die Männer haben gesagt, ich soll nichts zu Ralf sagen. Dafür haben sie mir ja auch Geld gegeben, dass ich nichts sage.
G.: Kennen Sie eine Jana A.?
W.: Nein. Der Name A. sagt mir was, aber nicht der Name Jana
G: Stichwort Geburtstagszeitung André K.?
W.: Nein, weiß ich nicht.
G: Nach dem Verschwinden der Uwes und der Zschäpe, hatten Sie da mal telefonischen Kontakt?
W: Kann mich nicht erinnern, wusste ja nicht, wo die waren.
G: Hat Wohlleben oder K. mal Geld gesammelt für die Drei?
W.: Wenn es so war, haben sie mich fein aus der Sache rausgehalten. Habe nichts mitbekommen. Das war ja dann langsam schon die Zeit der Trennung. Wir hatten ja auch nicht viel zu Hause.
G.: Können Sie mal die Situation zu Hause beschreiben?
W.: Der Ralf ist ein Familienmensch und hat einen guten Kontakt zu seiner Schwester.
G.: Was können Sie über die Biografie von Wohlleben sagen?
W.: Ich habe nie was Negatives gehört. Er hatte viel mit einer Schwester zu tun, es war immer ein schönes, harmonisches Familienumfeld.
G: Können Sie mehr zu den Eltern sagen?
W.: Ich kann kein genaues Alter sagen. Ich gehe davon aus, dass der Vati in Rente ist und die Mutti kurz davor steht. Ich weiß nicht, was sie gearbeitet haben.
G.: Wie heißt die Schwester von Wohlleben?
W.: Muss ich das jetzt so sagen?
G.: Ja.
W.: Ellen.
G.: Wie alt ist sie?
W.: So alt wie Ralf, bisschen jünger
G.: Wie heißen die Eltern?
W.: Bernd, Mutti komme ich gerade nicht drauf.
G.: Welche Schulbildung hat Ralf?
W.: Ich glaube, er hat die Mittlere Reife und hat eine Ausbildung gemacht
G.: Sie hatten die Ausbildung in Erfurt angesprochen. Seit wann gab es die?
W.: Das müsste 1997/98 gewesen sein.
G.: Wissen Sie, ob er in dem Beruf gearbeitet hat?
W.: Bin unsicher.
G.: Kennen Sie seine jetzige Ehefrau?
W.: Ja, die habe ich mal kennen gelernt, aber wir haben keinen Kontakt. Ich weiß, dass er zwei Kinder hat. Mehr weiß ich nicht.
G.: Thema rechte Szene. Was können Sie dazu sagen?
W.: Ich war eher Mitläufer, als dass ich eher in der rechten Szene tätig war. Sicher habe ich mal Aufkleber geklebt, aber ich war nie so involviert, dass ich wusste, wo Veranstaltungen waren.
G.: Wie war das in Bezug auf Wohlleben?
W.: Es war nicht so, dass zu Hause großartig über Veranstaltungen gesprochen wurde. Es war nicht so, dass bei uns eine Konferenz gehalten wurde, auf der alles besprochen wurde.
G.: Was können Sie über politische Aktivitäten Zschäpes sagen?
W.: Kann ich keine Angaben machen.
G.: Wissen Sie nichts oder wollen Sie nichts sagen?
W.: Sie war halt bei Demonstrationen dabei, aber ich weiß nicht, ob sie die organsiert hat.
G.: Mundlos, Böhnhardt?
W.: Genauso
G.: Sagt Ihnen der "Thüringer Heimatschutz" was?
W.: Für mich war das der Oberbegriff für eine Clique.
G: Wer war in der Clique?
W.: K., Tino Brandt mal gesehen, Volker H., Ralf
G.: Tino Brandt? Wie stand er zu Wohlleben?
W.: War halt ein kleiner, kompakter Kerl und hatte einen großen Mund, der immer alles wissen wollte. Bei der einen Demo, bei der ich dabei war, war er halt vorne dran. Sie waren alle rechts angehaucht, hatten halt ne rechte Meinung. Haben halt "Ausländer raus", "Arbeit den Deutschen" auf den Demos gebrüllt. Ich bin nur mitgelaufen. Die wussten schon, was sie machen. Sie haben gesagt, verteilt mal die Aufkleber, und Leute wie ich haben das halt gemacht.
G.: Thema Gewaltanwendungen?
W.: Habe ich nichts mitbekommen.
G.: Haben Sie Waffen gesehen?
W.: Ich habe keine Waffen gesehen.
G.: Gab es in der Wohnung der Frau Zschäpe Waffen?
W.: Ich habe keine gesehen.
Götzl zeigt Bildmappe mit Fotos, Juliane W. soll blättern, ob sie was sagen kann.
Fotos von Wohnzimmer und Waffen:
W.: Wenn ich das so sehe, erinnere ich mich, dass es bei Frau Zschäpe so aussah.
W. geht zu Platz zurück und schaut auf den Boden, ihr Gesicht ist von der Zuschauertribüne so nicht zu sehen.
G.: Nochmal zurück zu dem Tag, als sie zu Wohlleben nach Erfurt zurück gefahren sind. Warum sind Sie eigentlich nicht mit Ralf Wohlleben zurück gefahren?
W.: Weiß ich nicht mehr.
G.: Wurde Ihnen dazu nichts gesagt?
W.: Ich weiß es nicht, ob da was darüber gesagt wurde.
G. hält Aussage von Polizeivernehmung vor: "In Erfurt ging Volker zu Ralf ins Gebäude, hat ihn aber nicht gefunden."
W.: Ja, kann sein, weiß ich nicht mehr.
G.: Hier steht…. (wiederholt nochmal)
W.: Ja, dann beziehe ich mich jetzt auf die Aussage.
G:. Warum?
W.: Weil sie mich in die Ecke drängen. Ich weiß es nicht mehr wie es war, ob ich Ralf gesehen habe. Ich konnte mich damals besser konzentrieren. Hier ist alles so eng und es wäre mir lieb, wenn wir mal unterbrechen könnten, damit ich ein Schluck Wasser trinken kann.
G.: In Ordnung, 10 Minuten Pause.
(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 16.07 Uhr
Weingarten (Bundesanwaltschaft): Woher wissen Sie eigentlich, wie sich die Polizisten auf Zeugenaussagen vorbereiten?
W: Aus der Presse
Weingarten: Wo dort?
W: Aus dem Internet. Kann nicht mehr sagen wo. Berichten so viele.
Rechtsanwältin Lex (Nebenklage Boulgarides): Wie haben Sie sich auf heute vorbereitet?
W: Konnte keinen klaren Gedanken fassen. War so aufgeregt
Lex: Im Internet informiert?
W: Immer mal nachgelesen über das Verfahren, aber nie genaue Aussagen durchgelesen. Wer genau wann als Zeuge vorgeladen war, weiß ich auch nicht.
Lex: Sind gefragt worden, welche Vernehmung Sie kennen. Sie sagten die aktuellste. Wie das?
W: Ist in Erinnerung geblieben, weil ich relativ lange bei der Polizei saß.
Lex: Woher ist Ihnen polizeiliche Vernehmung von Vater Mundlos bekannt?
W: Auch das ist aus der Presse wiedergegeben worden.
Lex: Im Vorfeld mit Anwalt beraten?
W: Nein
Lex: Kontakt mit Verteidigern?
W: Nein
Lex: Vorher Kontakt mit anderen Zeugen?
W: Über soz. Netzwerke mit K., um zu wissen, was auf mich zukommt.
Lex: Wann?
W: Kurz vor pol. Vernehmung
Lex: Mit anderen auch nicht über diesen Termin gesprochen?
W: Mit meinem Lebensgefährten und dessen Eltern, weil die meine Kinder betreuen.
Lex: Hat Wohlleben 1998 mal Kredit aufgenommen?
W: Hatten immer getrennte Konten
Lex will jetzt was über finanzielle Situation der Zeugin wissen und deren unterschiedliche Konten. Diese will nicht antworten. Lex besteht drauf, Klemke moniert, Götzl bittet Lex umzuformulieren.
Lex: Ihre Gehaltskonten interessieren mich nicht, Zahlungen des Verfassungsschutzes schon.
Klemke: Halte Beanstandung aufrecht.
Götzl findet Frage zulässig.
W: Bzgl. meiner Konten. Sie hatten 2008 angesprochen bzw. danach – kann sagen, dass ich kein Geld vom VS erhalten habe.
Lex: Gabs Kontenbewegungen mit Hr. Wohlleben?
W: Nein
L: War vor erstem Kontakt VS schon mal die Polizei bei Ihnen zuhause?
W: Kann mich nicht erinnern.
L: War das Alltag, dass die aufkreuzten?
W: Nein, aber ich war ja auch nicht immer zuhause
W: Ich kann keine weitere Aussage treffen und damit müssen Sie sich zufrieden geben.
Lex (grinst) und hält vor: "Zielfahnder Sven W.: Verdecktes Gespräch mit Juliane W., wobei sie nicht wusste, dass ich Polizeibeamter bin." - Können Sie sich erinnern?
W: Nein
Lex hält weiter vor: "Fahnder W.: Gefragt, ob weiteres Gespräch möglich und dabei einen Vertreter des LfV Thür. mitgebracht."
W: Ich kann Ihnen nichts Genaueres sagen.
W: Bei erstem Gespräch, an das ich mich erinnern kann, wurde ich auf der Arbeit abgeholt und dann im Auto gefragt, ob ich wüsste, wo die Drei sich aufhalten. Zweites Gespräch kann ich keine genauen Angaben machen, war unten an Saalebrücke, wo sie mich gefragt haben, ob ich weiß, wo sie sind und ich wieder nichts dazu sagen konnte.
Lex: So wie Sie das schildern dauerte das nur 30 Sek. Wer hat mit Ihnen gesprochen? Wer hat was gefragt?
W: Ich kann keine genauen Gespräche wiedergeben. In meiner Kurzfassung sind es für sie 30 Sek., aber mehr kann ich dazu nicht sagen.
W. (sehr erregt): Ich möchte nicht, dass Sie mir hier irgendwas vorhalten.
Götzl: Frau W.: Das ist ein technischer Begriff. Das hat mit Vorwurf nichts zu tun.
Lex fragt jetzt nochmal nach Geld vom VS
W: Ich war damals Friseur-Azubi. Man war froh über jedes Geld. Ich habe nicht protokolliert wie viel ich bekommen habe. Ich bin mir sicher, dass ich hundert Mark bekommen habe.
Lex: Quittung unterschrieben?
W: Ich kann mich an keine Quittung erinnern
Lex: Nochmal Geld bekommen. Da Erinnerung besser?
W: Ich kann mich an gar keine Quittung erinnern.
Lex hält aus dem Untersuchungsausschuss in Thüringen und der Vernehmung des V-Mann-Führers Norbert W. dort vor: "Frage: Wie viele Treffen mit Juliane W.? Antwort: 5, 6 oder sowas."
Wr: Ich bleib bei den zweien, an weitere Treffen kann ich mich nicht mehr erinnern.
(Tim Aßmann, BR)
17.15 Uhr
Rechtsanwalt Prosotowitz (Nebenklage Boulgarides): Wohlleben hat Ihnen sinngemäß gesagt, dass die Drei verschwinden mussten. Abends erst gesagt?
W: Keine 100prozentige Erinnerung an den Tag
P: Wohlleben hat gesagt, Sie sollen nicht weiter nachfragen. Warum haben Sie ihn dann später nochmal angesprochen?
W: Das hat mit VS nichts zu tun. Das ist viele, viele Jahre später gewesen. War einfach so.
Prosotowitz und Klemke streiten über eine Beanstandung. Die Zeugin muss raus.
Klemke: Erst muss geklärt werden, ob die Zeugin die Angabe, Sie habe nie Kontakt mit Frau Mundlos gehabt, tatsächlich so gemacht hat bei der Polizei.
Götzl: So hat Prosotowitz das nicht gesagt.
Prosotowitz: Geklärt, Herr Klemke?
Klemke schweigt, die Zeugin darf wieder rein.
W: Ich kann mich an diese Situation nicht erinnern.
P: Wohlleben hat sich von Ihnen getrennt?
W: Ja
P: Warum haben Sie bei der Polizei was anderes gesagt? Vorhalt: "Im Dezember 98 habe ich mich aus pers. Gründen von Wohlleben getrennt." Was ist richtig?
W: Ich habe heute gesagt Ralf hat sich von mir getrennt und dabei bleibe ich. Heute.
P: Sie haben also falsch ausgesagt bei der Polizei. Darf ich das so festhalten?
W: Habe kein Tagebuch geführt wie mein Beziehungsleben abgelaufen ist.
Götzl: Das obliegt nicht Ihrer Bewertung. Muss Sie schon bitten wahrheitsgemäß auszusagen.
Heer will was sagen
Götzl: Was gibt's jetzt fürn Problem?
Heer: Auch Zeugin hat Beanstandungsrecht
G: Wollten Sie die Frage beanstanden?
W: Nein
G: Das haben Sie als einziger so verstanden, Herr Heer.
Prosotowitz: Wie war es nun?
W: Das war die Erinnerung, die ich damals hatte.
P: Danke
Rechtsanwältin Wierig (Nebenklage Tasköprü): Haben Sie Furcht, dass Sie zur Rechenschaft für Aussage gezogen werden?
W: Die hab ich eigentlich gar nicht. Mir geht's eher darum, dass sich Presse und Linke ihre Meinung bilden und ich deshalb in Gefahr bin. Hat nicht mit dem früheren Freundeskreis zu tun.
Wierig zu Fahrt nach Erfurt: Dann fahren Sie dreißig oder vierzig Minuten, wissen von Nichts und fragen nicht nach?
W: Was soll ich jetzt dazu sagen? Habe Ihnen hier alles gesagt und jede Frage wird nicht zu einem "Aha" führen. Das wird's definitiv nicht geben.
W: Kann Ihnen auch nicht sagen, was ich vor drei Wochen gemacht habe?
Wierig: Nee, is schon klar (ironisch)
W: (hört die Ironie nicht): Sehen Sie und von mir wollen Sie wissen, was ich damals wusste.
Wierig: Ich bin nen Tacken älter als Sie und als ich ungefähr so alt war wie Sie, damals bekam ich nen Anruf, dass mein Freund nen Autounfall hatte. Ich weiß alles. Minutiös.
W: Ich kann Ihnen das nicht anders sagen und ich denke dabei wollen wir es belassen.
Wierig: Sie haben diese besondere Fähigkeit, dass Sie manche Dinge erinnern, andere nicht, Sachen bei Polizei anders schilderten. Es passt alles nicht zusammen. Ob wir es dabei belassen ist ne zweite Sache, aber das haben wir nicht zu entscheiden. Ich danke Ihnen.
Rechtsanwalt Scharmer (Nebenklage Kubasik): 97, 98, 99 waren da Observation, Abhören etc. Thema?
Wr: Hab da nie was mitbekommen
S: Nie drüber gesprochen. Auch nicht bei Singveranstaltung?
W: Nein.
S: Da hat sich nie jemand beschwert. Nie drüber gesprochen worden. War das Alltag? (die Polizeikontrolle)
W: Nein
S: Nie drüber gesprochen?
W: Ich denke, wir sind hier in nem Prozess, wo wir was lösen müssen. Sie stellen mir immer Fragen, die ich nicht zuordnen kann.
S: Es geht nicht darum, was ich hören möchte. Es geht darum, was Sie erlebt haben.
W: Ich weiß nicht genau, was gesprochen wurde. So.
G: Gehen Sie halt einfach auf die Frage ein.
S: Ich will gar nicht mit Ihnen diskutieren.
S: Ist mal über das Thema VS gesprochen worden?
W: Nein. Nie. Verfassungsschutz vorher nicht gekannt, nur durch mich persönlich dann mitbekommen.
S: Zu "Pogromly"
W: Hab das Spiel einmal gespielt. Abwandlung von Monopoly halt. So dass der Jude in den Knast soll halt. So halt.
S: Ausschwitz verbinden Sie also mit Knast?
W: Mit Konzentrationslager halt
S: Macht das für Sie nen Unterschied?
W: Ja
W: Ich war damals sehr jung und ich habe das mitgemacht und nicht konkret hinterfragt.
S: Mir gings darum, ob darüber gesprochen wurde schlichtweg?
W: Ich kann da keine Aussage treffen, was genau gesprochen wurde.
Götzl: Wie viele Fragen sind noch?
Etliche NKs haben jeweils wenige Fragen. Pause bis 17.35 Uhr
(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 17.30 Uhr
Götzl: Zeugin bleibt hier. Wir werden morgen Früh weiter machen.
Die Zeugin kommt nun rein und wird von Götzl informiert. Sie fängt nun an zu schluchzen.
W: Bin einfach geschafft. Ist emotional sehr anstrengend für mich.
G: Ja, dann fertig für heute. Morgen um 9.30 Uhr
Schluss
Hinweis
Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.