NSU-Prozess


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113. Verhandlungstag, 20.5.2014 Der entscheidende Tipp

Am 4. November 2011 flog der NSU und die fremdenfeindliche Mordserie kam ans Licht. Zeugen schilderten am Dienstag im Münchner NSU-Prozess, wie der Tag mit einem Banküberfall und wilder Flucht im Wohnmobil begann.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 20.05.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

20 Mai

Dienstag, 20. Mai 2014

Wie unterschiedlich es Menschen doch empfinden, Opfer eines Verbrechens zu werden. Am heutigen 113. Tag im NSU-Prozess wurde das mehr als deutlich. Es ging um den letzten, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zugerechneten, Banküberfall. Tatort: eine Sparkassenfiliale in Eisenach, in der die beiden Täter exakt um 9:30 Uhr auftauchten - maskiert und mit einem Revolver und zwei Pistolen bewaffnet.

Brutal, aber mit mangelhafter Professionalität

Geschildert wurde das heute von dem jetzt 32 Jahre alten Filialleiter der Bank und einer Mitarbeiterin. Für die Frau war es ein traumatisches Erlebnis, in der Hand der Täter gewesen zu sein. Trotz einer psychologischen Betreuung mußte sie ein halbes Jahr später den Dienst in der Sparkasse quittieren. Ihr blieb die Angst vor dem nächsten Überfall. Ganz anders ihr damaliger Chef. Selbstbewußt und flüssig schilderte er heute das Geschehen - durchaus mit Pointen über die aus seiner Sicht mangelhaften Professionalität der Bankräuber. Diese hätten, so der Zeuge, nicht einmal gewußt, dass die Kassen größere Gedmengen nur mit Zeitverzögerung herausgeben. Nachdem ihnen auch noch alle Geldscheine aus den Händen fielen, mussten zwei Bankangestellte auf Knien die Banknoten wieder einsammeln.

Entscheidender Tipp

Im Zeugenstand war auch ein Rentner, der gerade Geld aus dem Bankautomaten holen wollte, als der Überfall begann. Einer der beiden Täter drückte ihm glatt noch die Scheine in die Hand, bevor sich der Kunde zu anderen auf den Boden der Filiale legen mußte. Wie ernst es die beiden Räuber allerdings meinten, bekam der Filialleiter zu spüren. Ihm schlugen die Männer mit voller Wucht ihren Revolver auf den Kopf, so dass der Mann erst einmal zu Boden ging. Das Personal sei zwar geschult worden, wie man sich in solchen Situationen zu verhalten habe.  Als es dann am 4. November 2011 aber tatsächlich soweit war, habe er sich "wie im falschen Film" gefühlt.

Die größte Aufmerkamkeit aber hatte ein heute 78jähriger Schuhmacher aus Eisenach. Er hatte beim Einkaufen die beiden Männer beobachtet, wie sie ihre Fahrräder nach dem Überfall in ihr weißes Wohnmobil verluden. Und er war es, der der Polizei den  entscheidenden Tipp gab. Ohne ihn wäre die beispiellose Mordserie des NSU vermutlich noch heute nicht aufgeklärt.


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