NSU-Prozess


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119. Verhandlungstag, 5.6.2014 Wer war der Kunde mit der Bombe?

Kurz vor Weihnachten 2000 ließ ein Mann einen Korb mit einer Christstollendose in einem Lebensmittelladen in Köln. Wochen später explodierte die Dose. Wer war der unbekannte Kunde? Diese Frage stand im Mittelpunkt des 119. Verhandlungstages.

Von: Tim Aßmann

Stand: 05.06.2014 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

05 Juni

Donnerstag, 05. Juni 2014

Das Gericht befragte den Inhaber des Geschäftes, einen Deutsch-Iraner, seine jüngste Tochter und seine Frau. Der ehemalige Ladenbesitzer konnte sich nun im Zeugenstand noch genau erinnern, wie ein 25 bis 30 Jahre alter Mann zwei, drei Tage vor dem Weihnachtsfest im Jahr 2000 in das Geschäft in der Kölner Probsteigasse kam und - mit einem Korb in den Händen - durch den Laden schlenderte. Er kam mit einer Whisky-Flasche zur Kasse, fand aber sein Portemonnaie nicht. Der Besitzer bot dem ihm unbekannten Kunden an anzuschreiben, doch der Mann bestand darauf sein Geld schnell aus der angeblich nahen Wohnung zu holen. Den Korb lasse er solange da. Der Ladenbesitzer kann sich noch erinnern, wie eilig es der Kunde hatte. Das kam ihm suspekt vor, aber auch nicht mehr. Heute macht er sich deswegen Vorwürfe. Der Kunde kam nicht zurück. Der Korb wurde schließlich in einem Hinterzimmer aufbewahrt.

Die eigene Tochter nicht mehr wieder erkannt

Wochen später hielt die älteste Tochter der Familie die Neugier nicht mehr aus und öffnete die Dose, die explodierte und die damals 19-Jährige schwer verletzte. Sie erlitt Verbrennung und tiefe Schnittwunden im Gesicht. "Was ich da gesehen habe, war ein fremdes Gesicht", sagte die Mutter des Opfers heute im Zeugenstand. Sie habe ihre Tochter nach der Explosion nicht mehr wieder erkannt. "Es wäre mir lieber, ich wäre tot", erklärte die Frau im Gerichtssaal. Es sei ihr nicht gelungen, ihr Kind zu schützen.

Nur noch vage Erinnerungen an den Mann mit der Bombe

Die jüngere Schwester war ebenfalls im Laden, als der Kunde den Korb mit der Bombe zurück ließ. Auch sie erinnert sich, genau wie ihr Vater, an einen Mann mit blonden Haaren und markantem, schmalem Gesicht. Als ihr Lichtbilder vorgelegt wurden, stutzte auch sie kurz beim Anblick des angeklagten mutmaßlichen NSU-Unterstützers Holger G. Doch genau wie ihr Vater zuvor war sich auch die Tochter überhaupt nicht sicher. Der Vater hatte Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in seiner Zeugenaussage klar als Täter ausgeschlossen. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass einer der Männer die Bombe in dem Laden deponierte. Der NSU bekannte sich zu der Tat in der Probsteigasse. Holger G. lässt im Prozess weiter keine Fragen zu seiner Rolle im Zusammenhang mit der Terrorzelle zu.


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