NSU-Prozess


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134. Verhandlungstag, 5.8.2014 Der missverstandene Herr L.

War der Zeuge Jürgen L. an der Beschaffung der Ceska-Pistole beteiligt? Bei seinem ersten Auftritt im NSU-Prozess vor einigen Monaten wollte Jürgen L. gar nichts sagen. Nun wies er alle Vorwürfe zurück.

Von: Tim Aßmann

Stand: 05.08.2014 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR

05 August

Dienstag, 05. August 2014

Der 41-Jährige kam in Begleitung eines Rechtsanwalts, der regelmäßig Rechtsextreme vertritt. Jürgen L. ließ sich von ihm nun als Zeugenbeistand begleiten. Auf die Frage nach der eigenen politischen Einstellung sagte Jürgen L., er sei rechts und links. Lachen im Gerichtssaal. Das Gericht befragte L. vor allem nach seinem Verhältnis zu Andreas S. Der hatte in Vernehmungen eingeräumt, jene Ceska-Pistole beschafft zu haben, mit der nach Ansicht der Ermittler neun von zehn Morden begangen wurden, die dem NSU zugerechnet werden. Jürgen L. wiederum habe ihm die Pistole besorgt, sagte Andreas S. den Ermittlern.

Das sei gelogen, sagte L., ein Mann mit zahlreichen Vorstrafen und Gefängnisaufenthalten, nun im Zeugenstand. Er wisse nicht warum Andreas S. so etwas behaupte. Konfrontiert mit widersprüchlichen Angaben in einer Vernehmung erklärte Jürgen L., die Polizei habe falsch protokolliert. Diese Antwort war symbolisch für sein Aussageverhalten. Glaubt man Jürgen L., so hat er mit der ganzen Sache überhaupt nichts zu tun.

Unangenehme Fragen an den Zeugen

Vor allem die Opferanwälte stellten Jürgen L. viele unangenehme Fragen. Warum bei ihm Sturmhauben und Funkgeräte gefunden worden seien, wollte ein Nebenklagevertreter wissen? Die Sturmhauben waren fürs Motorcross-Fahren und die Funkgeräte fürs Holz holen im Wald, erklärte der Zeuge ungerührt. Ein anderer Opferanwalt konfrontierte den Zeugen mit dem Grauen der Morde. Jürgen L. hatte zunächst angegeben, sich über NSU bei "Gockel" im Internet informiert zu haben. Er dürfte wohl Google gemeint haben. Auf Nachfrage konnte Jürgen L. mit den Namen einiger NSU-Opfer aber nichts anfangen. Ein weiterer Opferanwalt wollte schließlich wissen, ob der Zeuge sich erinnere, dass man sich schon mal begegnet sei. Nach einigem Hin und Her fragte Jürgen L. zurück, ob das da gewesen sei, wo der Anwalt bei seiner, Jürgen L.s, Freundin geduscht habe. Wieder Lachen im Gerichtssaal - und der Vorsitzende Richter erklärte: "Jetzt wird's vielleicht interessant".

Wurde es nicht. Der Zusammenhang blieb unaufgeklärt. Der Anwalt fragte nicht in diese Richtung weiter. Jürgen L. wurde schließlich als Zeuge entlassen. Unvereidigt. Die Wohlleben-Verteidigung hatte eine Vereidigung beantragt. Sie wollte so die Aussage von Andreas S. erschüttern, die Ralf Wohlleben belastet. Der Gesetzgeber stellt aber hohe Anforderungen an eine Vereidigung. Das Gericht sah diese Voraussetzungen nicht erfüllt und lehnte den Antrag ab.


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