NSU-Prozess


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196. Verhandlungstag, 26.03.2015 Nagelbombenanschlag und Banküberfall

Im NSU-Prozess in München ging es heute um den Nagelbombenanschlag in Kölner Keupstraße. Außerdem sagte eine Zeugin zu einem Banküberfall aus. Das Terrortrio soll 15 äußerst brutale Raubüberfälle begangen haben.

Von: Eva Frisch

Stand: 19.03.2015 | Archiv

Die Angeklagte Beate Zschäpe im Oberlandesgericht in München (Bayern). | Bild: picture-alliance/dpa

Wie Geschosse flogen über 700 lange Nägel an diesem 9. Juni 2004 durch die Luft. Die Nagelbombe hatten die Attentäter auf einem Fahrrad vor einem Frisörsalon in der Kölner Keupstraße deponiert. 22 Menschen wurden von den herumfliegenden Nägeln und Splittern verletzt, einige von ihnen schwer. Am heutigen 196. Verhandlungstag im NSU-Prozess hörte das Gericht erneut einen Zeugen zu dem Nagelbombenanschlag.

Fünf Kilogramm Schwarzpulver

„Es war als wäre ich hundert Meter unter die Erde geschleudert worden,“ beschrieb Muharrem S. die Explosion. Der 69-Jährige hatte ein Reisebüro in der Keupstraße und wurde in der Nähe seines Geschäfts von der Wucht der Detonation zu Boden gerissen. Dabei erlitt er ein Knalltrauma am Ohr, sein Geschäft wurde stark beschädigt, wie der heutige Rentner vor Gericht beschrieb. Nach dem Anschlag blieben die Kunden aus und er musste sein Reisebüro 2011 schließen. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe für den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße verantwortlich sind. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen die mit fünf Kilogramm Schwarzpulver gefüllte Bombe vor dem Frisörladen deponiert haben, so die Anklage.  

"Nein, nicht schon wieder"

Im Anschluss beschäftigte sich das Gericht mit zwei Banküberfällen in Stralsund. Der Bundesanwaltschaft zufolge sollen die beiden Täter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen sein. Laut Anklage soll sich das NSU-Trio mit zahlreichen Banküberfällen finanziert haben. Zwei geladene Zeuginnen hatten beide Überfälle miterlebt. Die Bankangestellte Doris M. schilderte zunächst, wie sie am 07.11.2006 von einem maskierten Mann an ihrem Arbeitsplatz gezwungen wurde, die Hände auf den Tisch zu legen und sitzen zu bleiben. Bei dem zweiten Überfall am 18.01.2007 befand sie sich im Raum mit den Kontoauszugsdruckern, als ein Mann mit Kapuze die Sparkasse betrat. „Als ich die Sturmmaske sah, dachte ich, nein, nicht schon wieder.“ Der Täter schrie „Rein, rein, hinlegen“ Diesmal harrte sie mit einer Kundin auf dem Boden liegend aus, bis die zwei Täter die Bank verließen. Sie sei froh, dass sie nicht geschlagen oder getreten worden sei. „Körperlich sind wir nicht verletzt worden, aber psychisch ist das etwas anderes“, sagte Doris M. Die Angst sei immer noch da, wenn jemand mit Mütze die Bank betrete.

Bis heute Angstzustände 

Auch die zweite Zeugin leidet immer noch unter den psychischen Folgen der beiden Überfälle. Marlies B. muss bis heute Psychopharmaka nehmen und ist in psychologischer Betreuung. Beim ersten Überfall ging die Bankangestellte in ihrem Büro in Deckung. Als die Täter aber wenige Wochen später zurückkehrten, bedrohte sie einer der Bankräuber direkt mit einer Waffe. „Keine Verarsche. Ich knall dich ab“, schrie der Maskierte Marlies B. an. Sie erzählte mit stockender Stimme wie sie daraufhin den Tresor aufschließen musste. Sie habe dabei in die Augen des Täters gesehen und die hätten sich überhaupt nicht bewegt. Arbeiten konnte Marlies B. nach dem zweiten Überfall nicht mehr. Sie habe Angstzustände, sagte die heute 60-Jährige im Gerichtssaal. „Ich kann das einfach nicht vergessen. In der Nacht ist es am Schlimmsten.“

Gericht streicht Prozesstermine wegen Zschäpes Gesundheitsproblemen

Es gibt noch viele lose Enden in der Beweisaufnahme. So werden beispielsweise wohl auch noch weitere Zeugen zum Mord in Kassel vernommen, bei dem ein Verfassungsschützer am Tatort war und sich nicht bei der Polizei meldete.

Wie lange der NSU-Prozess noch dauert, hängt auch vom Gesundheitszustand der Hauptangeklagten ab. Aus Rücksicht auf die Verfassung von Zschäpe wird aktuell nur an zwei statt an drei Tagen pro Woche verhandelt. Diesen Modus wird das Gericht möglicherweise auch noch nach der Osterpause Mitte April beibehalten.


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