NSU-Prozess


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Reportertagebuch, 222. Tag, 29.7.15 Keine Ermittlungen gegen Zschäpes Pflichtverteidiger

Enttäuschung bei Beate Zschäpe: Ihre Anzeige gegen ihre drei Pflichtverteidiger wies die Münchner Staatsanwaltschaft zurück. Im Prozess selbst sorgte heute ein Geheimdienstler für Ärger. Am Ende nahm ihm das Gericht einen Aktenordner weg.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 29.07.2015 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

29 Juli

Mittwoch, 29. Juli 2015

Absurd - anders kann man das Spektakel nicht nennen, das heute ein Beamter des brandenburgischen Verfassungsschutzes dem Gericht im Münchner NSU-Prozess bot. Mit Kapuze über dem Kopf und Langhaarperücke - seinen Mund hinter einer Hand verborgen - so saß der Zeuge , der einst den rechten V-Mann "Piatto" führte, auf seinem Stuhl. "Würdelos und unangemessen" - so nannten einge Verteidiger und Nebenklageanwälte die Maskierung und Wolfgang Heer, einer der der nunmehr vier Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten Zschäpe, monierte, er könne das Gesicht des Zeugen nicht sehen. Das aber - so der Strafverteidiger - sei notwendig, um die Glaubwürdigkeit des Zeugen bei seinen Antworten einzuschätzen.

Aktenordner mit angeblich geheimem Inhalt beschlagnahmt

Allerdings gab der Geheimdienstmitarbeiter kaum Antworten auf die brisanten Fragen zur Führung von V-Leuten aus dem Neonazimillieu. Entweder berief er sich darauf, aus dienstlichen Gründen nicht antworten zu dürfen, oder er konnte und wollte sich nicht erinnern. Am Ende wurde die Befragung abgebrochen - nach einem heftigen Streit um einen Aktendeckel voll mit Schriftstücken des Verfassungsschutzes. Herausgeben wollte der Zeuge den Aktenordner nicht, worauf das Konvolut von Schriftstücken schließlich auf Antrag einiger Anwälte beschlagnahmt wurde und nun vom Gericht verwahrt wird - solange bis geklärt ist, wie mit dem angeblich geheimen Inhalt umgegangen werden soll.

Verhalten der Pflichtverteidiger erfüllt keinen Straftatbestand

Begonnen hatte der 222. Prozesstag  mit einer herben Enttäuschung für Beate Zschäpe. Unmitelbar vor Beginn der Verhandlung erfuhr sie, dass die Münchner Staatsanwaltschaft ihre Strafanzeige gegen ihre bisherigen drei Pflichtverteidiger zurückgewiesen hatte. Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl waren von ihrer Mandantin beschulidigt worden, gegen die anwaltliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit über Gespräche mit Mannaten verstoßen zu haben. Allerdings sieht die Münchner Staatsanwaltschaft in den Gesprächen der Verteidiger mit dem Gerichtsvorsitzenden keinen strafbaren Verstoß gegen diese Pflicht und leitete nicht einmal Ermittlungen ein. Wenig gefallen dürfte die Entscheidung Zschäpes neuem, vierten Pflichtverteidiger - wobei unklar bleib, ob er die Anzeige formuliert oder seine Mandantin bei dieser sinnlosen Attacke unterstützt hat.

Vier Wochen Prozesspause stehen bald bevor

Und damit läuft die Verhandlung weiter. In der kommenden Woche steht die Befragung weiterer Zeugen an. Und alle Prozessbeteiligten rätseln, welche neuen Ideen Beate Zschäpe in der bald anstehenden vierwöchigen Prozesspause entwickeln wird, um die von ihr ungeliebten Pflichtverteidiger loszuwerden. Daran, dass die Strafanzeige ihre letzte Attacke war, glaubt keiner der Prozessbeoachter in dieser Verhandlung, die seit Beginn der Woche wieder erstaunlich viele Journalisten und Zuhörer anzieht.


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