NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 240. Verhandlungstag Islamische und christliche Einrichtungen im NSU-Visier

Am 240. Verhandlungstag haben drei Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) über Ziele berichtet, die der NSU ins Visier genommen hatte. Als Beweis dienten Adresslisten und Stadtpläne, die in der konspirativen Wohnung des Trios entdeckt wurden.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 22.10.2015 | Archiv

Dortmund, Mallinckrodtstraße, in der Mehmet Kubasik mutmaßlich vom NSU erschossen wurde | Bild: pa/dpa/Marius Becker

Mehmet Kubasik, 2006 erschossen, war das achte der insgesamt zehn Opfer des NSU. Seine Dortmunder Anschrift fand sich auf der sogenannten "Zehntausender-Liste", die im Brandschutt der zerstörten Zwickauer Wohnung in der Frühlingsstraße gefunden wurde. Diese Liste enthielt aber auch zum Beispiel die Anschrift des Büros der CDU-Politikerin Tanja Brakensiek und Einrichtungen ihrer Partei. Auch die Adressen türkischer Kulturvereine und Moscheen in Dortmund lebender Muslime waren verzeichnet.

Allein 19 Ziele in Kiel

Für das BKA sind die mit markierten Stadtplänen belegten Aufzeichnungen ein klarer Beweis, welche Ziele der NSU ins Visier genommen und wie gut Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt diese ausgespäht hatten. Diese bestätigte am 240. Prozesstag eine Kriminalkommissarin, die mit Kollegen die Liste, Stadtpläne und Computerausdrucke ausgewertet hatte. Außer um Dortmund ging es heute vor dem Münchner Oberlandesgericht auch um Chemnitz, Plauen und Kiel. Allein für Kiel waren 19 türkische Vereine, Einrichtungen der Kirchen und Büros der CDU aufgelistet. Konkrete Hinweise, dass dort Anschläge vorbereitet wurden, habe das BKA aber nicht gefunden, berichtete ein mittlerweile pensionierter Ermittler des Bundeskriminalamtes als Zeuge.

Anwalt Daimagüler rügt Ermittler

Nach den Aussagen der drei BKA-Beamten nannte es der Nebenklageanwalt Mehmet Daimagüler bedauerlich, dass mit dieser sogenannten "Zehntausender-Liste" nicht mehr gearbeitet wurde. Die Aufzählung der vom NSU ausgespähten Objekte gibt aus seiner Sicht tiefe Einblicke in die Denkweise der rechten Terroristen. Die 19 Einrichtungen in Kiel seien zudem ein brauchbarer Hinweis auf mögliche "Helfer vor Ort", die unter Umständen im Auftrag des NSU Ziele ausspähten.


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