NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 244. Verhandlungstag Im Zeichen des Verteidigerstreits

Das Zerwürfnis zwischen Beate Zschäpe und ihren drei Altverteidigern überschattet den NSU-Prozess weiter. Nun wollten die Anwälte eine Zeugenvernehmung verhindern.

Von: Tim Aßmann

Stand: 19.11.2015 | Archiv

Zschäpe-Verteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl, Mathias Grasel (v.l.n.r.) | Bild: pa/dpa/Peter Kneffel

Ist Beate Zschäpe ordnungsgemäß verteidigt? Diese Frage stand auch heute im Raum, als ein Ermittler im Zeugenstand befragt werden sollte. Thema: Fingerabdrücke von Zschäpe auf zwei Zeitungsartikeln über Taten, die dem NSU zugerechnet werden. Die Pflichtverteidiger Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl wollten die Befragung verhindern, denn noch hat das Gericht nicht über den Antrag der beiden Anwälte und ihrer Kollegin Anja Sturm entschieden, vom Mandat entbunden zu werden. Der Zeuge wurde aber schließlich doch befragt, denn Zschäpe selbst habe nichts dagegen, erklärte ihr vierter Pflichtverteidiger Mathias Grasel. Die Anwälte von Ralf Wohlleben versuchten die Situation zu nutzen, sahen sie als Beleg dafür, dass das Vertrauensverhältnis innerhalb der Zschäpe-Verteidigung "nachhaltig und endgültig zerrüttet ist", wie Wohlleben-Verteidiger Olaf Klemke betonte.

Befangenheitsantrag weiter offen

Über das Ablehnungsgesuch des Angeklagten Wohlleben gegen das Gericht ist bisher noch nicht entschieden worden. Es laufen noch Stellungnahmefristen. Nun soll die Entscheidung über den Antrag vor dem nächsten Verhandlungstag am kommenden Dienstag fallen. Prozessbeobachter rechnen mit einem Scheitern Wohllebens. Am Rande des Verfahrens wurde weiter spekuliert, dass neben Zschäpe auch der wegen Beihilfe zum Mord angeklagte Ex-NPD-Funktionär Wohlleben eine Erklärung plane. Dessen Anwälte äußerten sich dazu aber nicht. Wann die angekündigte Zschäpe-Erklärung genau verlesen werden soll, ist weiter unklar. Sie wird aber nicht vor dem 8. Dezember erwartet, weil Zschäpes neuer Wahlverteidiger Hermann Borchert zuvor noch im Urlaub ist.

Weitere NSU-Ziele in Franken, NRW und Niedersachsen?

Das Gericht befragte heute auch zwei Ermittler, die Stadtpläne und Adresslisten ausgewertet hatten, die im Schutt der letzten NSU-Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden wurden. Auf Stadtplänen von Osnabrück, Hamm, Paderborn, Braunschweig und Göttingen waren zahlreiche Adressen markiert, unter anderem von islamischen und jüdischen Einrichtungen, Partei- und Politikerbüros und Bundeswehrstandorten. Anschläge, die dem NSU zugerechnet werden, gab es in den genannten Städten nicht. Allerdings datieren die Markierungen alle aus dem April 2006. Damals wurden Morde in Dortmund und Kassel verübt. Auf einem Nürnberger Stadtplan waren unter anderem Waffengeschäfte markiert, sowie der Tatort des Mordes am Imbissbetreiber Ismael Yasar.


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