NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 251. Verhandlungstag, 16.12.2015
Im Zentrum steht heute die Aussage des Angeklagten Ralf Wohlleben. Im Gegensatz zu Beate Zschäpe sagt er persönlich aus. Zunächst werden im Zeugenstand aber vier Kriminalbeamte befragt.
Bei der Zeugenbefragung geht es zum einen um Bahncards, die von Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt genutzt wurden, zum anderen um weitere Asservate aus der Frühlingsstraße, zum Beispiel weiteres Kartenmaterial. Im Anschluss verließt Wohlleben seine Aussage: Zunächst schildert er seinen Lebenslauf, wie er in die rechte Szene kam und das Trio kennenlernte. Dann äußert er sich konkret zu den Anklagepunkten: Er habe das Trio zwar kurz nach dessen Abtauchen noch unterstützt, sei aber keine zentrale Figur gewesen. Gewalt lehne er grundsätzlich ab und hätte es nie für möglich gehalten, dass Mundlos und Böhnhardt einen Mord begehen könnten. Er hätte die drei nie unterstützt, wenn er von den Morden gewusst hätte und könne damit auch kein Mittäter gewesen sein. Die Tatwaffe habe er zwar gesehen, beschafft habe sie aber der Mitangeklagte Carsten S. Zum Schluss spricht er den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus.
Zeugen:
- Jeanette R. (KHK, Meckenheim, Ermittlungen zu Bahncards)
- Ricarda W. (Kripo Niedersachsen, Ermittlungen zu Bahncards)
- Frank L. (Brandermittlung Zwickau, Auswertung von Asservaten)
- Christian B. (BKA Wiesbaden, Auswertung von Asservaten)
ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal
(Oliver Bendixen, BR)
9.48 Uhr.
Zuhörerraum gut gefüllt, Presseplätze fast ganz.
Unter den Zuhörer erkennbar Neonazi-Clique - etwa acht Personen.
Zschäpe heute mit kariertem Hemd und in fröhlicher Stimmung.
(Eva Frisch, BR)
9.45 Uhr.
Zschäpe heute im Holzfällerhemd. Angeregtes Gespräch mit ihrem Verteidiger Mathias Grasel. Zschäpe dreht ihren "Altverteidigern" Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm den Rücken zu, wendet sich ganz Grasel zu. Zschäpe wirkt gesund und bei Kräften.
Mit auf der Zuschauertribüne: zahlreiche Neonazis, unter ihnen auch Karl-Heinz Statzberger, Führungsfigur der Münchner Neonaziszene. Außerdem dabei: Personen mit tätowierter Glatze, die immer mit Jacqueline Wohlleben [Ehefrau von Ralf Wohlleben] anreisen. Auch sie sitzt heute im Gerichtssaal.
(Oliver Bendixen, BR)
Heute geht es um den noch nicht entschiedenen Entpflichtungsantrag gegen Heer, Stahl, Sturm und die Vernehmung von vier Kriminalbeamten zu verschiedenen Spuren.
(Oliver Bendixen, BR)
9.49 Uhr.
Es geht los.
(Eva Frisch, BR)
Richter Manfred Götzl ruft Zeugin auf.
Zeugin Jeanette R., 39 Jahre, Kriminalhauptkommissarin, Meckenheim.
Es geht um Bahncards von Susann E. [Ehefrau des Mitangeklagten André E.].
Götzl: Berichten Sie von Ihren Ermittlungen!
R: Auskunftsersuchen bei der Commerzbank. Kontoführungsunterlagen, Kontolisten, Kopien der Legitimationspapiere. Unter zwei Kundenstammnummern Konten von André E. Kontokorrentkonto und ein Depotkonto. Seit 8. November 2006. Waltraud S. war verfügungsberechtigt. Und unter den anderen Nummern fand sich auch ein Kontokorrentkonto. Hat einen Gewerbeschein vorgelegt. War selbstständiger Bauhelfer. Geschäftliche Tätigkeiten gab es. Mietausgaben, Zahlungen im Einzelhandel, Versandhandel, zwei Überweisungen, 14. Juni 2011 an die DB. Die Bahncard-Nummern standen im Verwendungszweck. Ich meine, dass ich dazu geschrieben habe, dass die Karte in dem Wohnmobil in Eisenach gefunden wurde. Die Bahncard lief auf André E. Die andere Bahncard lief auf Susann E. Depotkonto: Wertpapiere im Wert von 4.000 Euro wurden gekauft. Und dann in vier Tranchen wieder verkauft. Danach kam es zu Bargeldabhebungen. Nach der letzten Abhebung waren noch 38 Euro drauf und es gab keine Umsätze mehr.
G: Noch Fragen?
RA Bernd Max Behnke (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Turgut): Gab es Unterbevollmächtigte?
R: Für das eine Konto gab es Waltraud S. Für das andere Konto gab es keinen Verfügungsberechtigten.
B: Konnten Sie feststellen, ob Frau S. Zahlungen bekommen oder getätigt hat?
R: Für das Kontokorrentkonto gab es nur Bargeldabhebungen.
G: Vielen Dank.
Zeugin bleibt unvereidigt.
10.03 Uhr.
Zeugin Ricarda W., 32 Jahre, Kriminalbeamtin Niedersachsen, Ermittlungen zu Bahncards.
Götzl: Ermittlungen?
W: Ich war Beamtin beim BKA. Es ging um zwei Bahncards, die auf André und Susann E. liefen. Ich hatte Kontakt zu DB. Erstellung einer Partner-Bahncard. Auf der Karte der Susann E. war das Foto der Beate Zschäpe und auf der Karte von André E. war Uwe Böhnhardt. Auf die Frage, ob ein Personalausweis vorgelegt werden müsse bei der Erstellung hieß es: ja. Aber in einigen Fällen könnten die Mitarbeiter auch darauf verzichten.
Kontaktadresse war in Zwickau. Kontaktadresse wurde dann geändert als die E.s umgezogen sind. Aus den Unterlagen war ersichtlich, dass Folgekarten an die Adressen verschickt wurden. Und die Karten wurden von den Konten von E. bezahlt. Unter anderem von einem Konto der Commerzbank Zwickau.
G: Können Sie etwas zu den Kontonummern sagen?
W: Das ist bei uns getrennt. Das machen die Kollegen von der Finanzermittlung.
G: Zeugin bleibt unvereidigt. Herzlichen Dank.
10.09 Uhr.
Zeuge Frank L., 58 Jahre, Zwickau, Brandursachenermittler Kriminaltechnik.
G: Uns geht es um eine unbekannte Person mit der Ziffer 17. Mir geht es darum, was Sie dazu sagen können. Worum handelt es sich dabei? Um welches Asservat handelt es sich?
L: 2-11-44, was im Keller der Frühlingsstraße gefunden wurde. Es handelt sich um einen Müllbeutel. Er wurde außerhalb des Gebäudes Frühlingsstraße 26 gefunden. Am 5. November 2011 wurde das Asservat im Keller ausgebreitet in der Frühlingsstraße 26. Dort wurde der Müllbeutel aufgemacht und der Inhalt wurde auf dem Betonboden ausgebreitet. Haben damit die Gegenstände getrocknet für die Untersuchung. Unter anderem Zigarettenkippen.
G. legt Zeugen Lichtbildband 10 vor. Zeuge kann den Ort identifizieren, wo er den Müllbeutel ausgebreitet hat. Aber das Foto, wo er den Müllbeutel außerhalb des Gebäudes fand, ist nicht dabei.
G: Zeuge bleibt unvereidigt und wird entlassen.
Sitzung wird bis 10.40 Uhr unterbrochen.
Zschäpe weiterhin im angeregten Gespräch mit Grasel.
(Sebastian Hesse-Kastein, MDR)
Auf der Zuschauertribüne: die Neonazi-Entourage der Jaqueline Wohlleben, die neben ihrem Mann sitzt. Auch der Münchener Neonazi Karl-Heinz Statzberger sitzt dabei. Entsprechend wird unter den Journalisten gemunkelt, Ralf Wohlleben könnte doch schon heute aussagen. Seine Anwälte hatten gestern bekräftigt, dass es dabei bleibe, dass Wohlleben reden will. Zum Zeitpunkt wollten sie sich nicht äußern.
(Sebastian Hesse-Kastein, MDR)
Zeuge Christian B., 29, Beamter beim Bundeskriminalamt (BKA) Wiesbaden.
Auswertung von Asservaten: Kartenausschnitte, Teile von Landkarten; Adressliste München mit handschriftlichen Vermerken; auf München-Karte sechs Abschnitte handschriftlich markiert, die mit der Adressliste korrelieren; dann Kartenausschnitte von Zwickau; Karten hatten Brandspuren; kleine Bereiche mit einem "P" markiert; handschriftliche Vermerke wie Haken / Fragezeichen / Notizen wie "guter Fluchtweg", könnte Verwertung von Vor-Ort-Beobachtungen sein; Bezüge zu zwei Raubüberfällen in Zwickau möglich, aber nicht erwiesen; kein direkter Bezug in München herstellbar; Beispiele: Notiz mit Privatanschrift eines bayerischen Landtagsmitglieds mit dem Vermerk "guter Fluchtweg"; Adresse eines SPD-Büros in München-Moosach, eines türkischen Kulturvereins in München-Pasing, indischer Gemüseladen; Hans-Peter Uhl (CSU), Bundestagsabgeordneter ("sehr gute Lage, Zugang über Garten"); türkisch-islamischer Verein in München-Perlach.
(Eva Frisch, BR)
RA Nicole Schneiders (Wohlleben-Verteidigung): Ralf Wohlleben befindet sich seit vier Jahren in Haft. Die Mitangeklagten Carsten S. und Holger G. belasteten ihn sowie einige Zeugen. Wohlleben will diese Lügen richtig stellen. Wir haben ihm geraten auszusagen. Ralf Wohlleben wird selbst aussagen und Fragen aller Verfahrensbeteiligten beantworten. Die Aussage ist ein Akt der Notwehr gegen Lügen.
Einlassung erfolgt ausschließlich mündlich. Aussage wird ca. eine Stunde dauern.
Wohlleben will seine Aussage mit Asservaten untermauern.
Aussage um 11.40 Uhr.
(Oliver Bendixen, BR)
11.23 Uhr.
Rechte beschweren sich in der Pause über angebliche Provokationen anderer Zuhörer und bitten Justizbeamte um Abhilfe. Die bitten die angeblichen Provokateure sich zurückzuhalten.
(Oliver Bendixen, BR)
11.27 Uhr.
Es geht weiter mit der Erklärung von Wohlleben.
(Oliver Bendixen, BR)
11.42 Uhr.
Götzl bittet Wohlleben laut und langsam zu sprechen.
(Eva Frisch, BR)
Ralf Wohlleben: Mit meiner folgenden Aussage schildere ich alles, an das ich mich erinnere. Ich berichte nur die Dinge, an die ich mich erinnere. Ich habe den Weg der Verlesung einer schriftlichen Erklärung gewählt. 1,5 Jahre Isolationshaft. Belastende Situation. Stottere manchmal. Konzentrationsschwierigkeiten.
Geboren und aufgewachsen in Jena. Normales Verhältnis zu Eltern. Erziehung mitunter streng. 1992 deshalb von zu Hause ausgerissen.
(Oliver Bendixen, BR)
Götzl bittet ihn, langsamer zu sprechen.
(Eva Frisch, BR)
In Jungendheim. Dort eigenes Zimmer. Wollte dort bleiben. Kam in Kinderheim nach Gera. Dort lebte ich in einer Wohngruppe. Danach zu meinen Eltern zurück 1993. Besuch bei Eltern am Wochenende. Bis 1997 mit Eltern zusammen.
(Oliver Bendixen, BR)
Bis 1997 daheim gewohnt. Dann Altbauwohnung in Jena, dann verschiedene Anschriften. "Braunes Haus" wurde durch die linke Szene in Jena geprägt. Das war ein Wohn- und Schulungsobjekt. 2005 geheiratet. 2006 Tochter.
(Eva Frisch, BR)
Schulische Ausbildung: War auf verschiedenen Schulen. Abgebrochene Ausbildung als Verkäufer. Überbetriebliche Ausbildung. Lehre abgeschlossen. Danach wieder arbeitslos. Qualifizierungsmaßnahme in einem Teppichfachmarkt. Auf Grund betrieblicher Umstrukturierung entlassen. Eignungstest für Umschulung zum Fachinformatiker. Berufsumschulung. Gelang ihm aber nicht, einen Job zu finden - auch wegen seiner politischen Einstellung. Absolvierte ein Praktikum, aber die Linke rief dort an und er bekam den Job nicht.
Politisches Interesse: Geschehnisse in der DDR prägten ihn. Rücktritt von Honecker am Radio. Wir hofften auf ein freies Leben. Ich hatte meine erste große Liebe gefunden und 1989 zog sie weg. Ich war bei den Montagsdemos dabei. Nach der Wiedervereinigung versuchte man, irgendwie mit den Verhältnissen zurecht zu kommen. Hatte immer schon einen großen Nationalstolz. War in der DDR so. Ich wunderte mich über Freunde. Wenn man eine BRD-Fahne schwenkte, war man rechts. Ist doch auch bei bestimmten Fußballveranstaltungen so. Rechts zu sein war, "Böhze Onkels" zu hören. Ich durfte bei einer Demo dabei sein. Bei mir bestand kein Interesse, bei einer Partei dabei zu sein. Durch André K. kam ich dazu. Mitgliedschaft in der "Kameradschaft Jena". Aufteilung in Skins und Scheitels. Ich sah mich als Scheitel. Da war mehr Interesse für Politik.
Der Großteil des "Thüringer Heimatschutzes" ging in die NPD. Ich war verwundert, als Tino Brandt dabei war und mir einen Mitgliedsantrag unter die Nase hielt. Er sagte: "André K. ist auch schon dabei." Wir hatten nicht mal einen Kreisvorstand. Brandt suchte dringend einen Vorstand. Ich hatte bisher keine Ahnung, konnte so etwas nicht. Ich sollte Landesschulungsleiter werden. Dabei war die Schulung mit Edda Schmidt [heute Bundessprecherin der NPD-Unterorganisation "Ring Nationaler Frauen"] in der Vorschule. Carsten S. war auch dabei. Ich war sein Stellvertreter. Er war noch sehr jung. Einige hatten deshalb Bedenken. Nicht jeder hatte ein Interesse, seinen Namen in Verbindung mit der NPD gebracht zu werden. Arbeitsplatz, Schule, da bekam man Schwierigkeiten. Bei mir vor der Tür war auch ein Brandanschlag. Wohlleben zeigt Foto von ausgebranntem Golf von Tino Brandt.
Mir lag die Parteiarbeit. Wir hatten immer aktuelles Infomaterial. 2000 sollte Jena-Winzerla einen Ortschaftsrat bekommen. Hürden waren gering, an so einer Wahl teilzunehmen. Ich hatte mich erkundigt. Ich wollte an der Gestaltung des Stadtteils mitwirken. Vorgeschlagen hatte mich Carsten S. Trotz massiver Stimmungsmache der Linken wurde ich gewählt. Wollte Eindruck des Ghettos verändern. Ich wollte dort keine Parteipolitik betreiben. Ich wollte eine wahrnehmbarere Kinder- und Jugendarbeit. Treffpunkte von Jugendlichen besucht: Warum sie nicht Freizeitangebote besuchen. Spielplätze saubergemacht. Treffen Ausländerbeitrat und NPD Jena. Das Treffen fand nicht statt. Sie wollten der NPD kein Forum bieten. Brandt wurde enttarnt. Pressesprecher der NPD. Bekleidete bei NPD verschiedene Ämter: Neue Medien, Familie. Trat dann aus der Partei aus persönlichen Gründen aus: 2010. Aber an seiner persönlichen politischen Einstellung änderte sich nichts.
Holger G. habe ich bereits vor der Wende kennengelernt. 1992 habe ich ihn im Jugendclub wieder getroffen. Wir beide waren spielsüchtig, vor allem an Automaten. Bei mir änderte sich das, als ich einen Automaten geschenkt bekam. Holger hatte damit noch länger zu tun. Er zog dann nach Hannover. Holger fiel durch seine Tollpatschigkeit auf. Er schickte uns auf einer Karte auf die Blaue Straße, war ein Fluss.
(Oliver Bendixen, BR)
Kontakt nach Holger G.s Wegzug reduziert. G. sagte mir dann, dass er Drogen nimmt. Habe dann den Kontakt abgebrochen.
(Eva Frisch, BR)
Uwe Böhnhardt introvertiert, trockener Humor. Axt bis zur Zwille. Er interessierte sich für Waffen. Kaufte sich einen sogenannten Wurfanker. Warum? Er hatte gar keinen Zweck im Sinn.
Uwe Mundlos Schwiegermuttis Liebling. Kontaktfreudig. Auf Demo, Polizeigewahrsam, Party.
Zschäpe: [Mensch], mit dem man gut und lange reden [konnte]. Viel Witz. Schnell Anschluss. Offene und direkte Art. Sehr sympathisch. Gespräche mit ihr im "Winzerclub". Keine Politischen Gespräche.
(Oliver Bendixen, BR)
Zschäpe: Offene und direkte Art und Schlagfertigkeit.
(Eva Frisch, BR)
Carsten S.: Ich sagte ihm mal 2005 oder 2006, dass uns einer wie er fehlte in Jena. Er war ein lustiger Typ. Bei seinen Jungen Nationaldemokraten (JN) sah ich immer viele junge Leute. Fühlte sich sehr wohl. Seine Rolle.
"Kameradschaft Jena": Wann gegründet, weiß ich nicht mehr. Keine Ahnung von Personen. Keine bestimmten politischen Forderungen. Positives Verhältnis zu Heimat. Forderung nach eigenem Jugendclub. Bei Kameradschaftsabenden. Es ging vor allem um Mitgliedsbeiträge oder ob bei Sitzungen getrunken und geraucht wurde. Wir waren nicht völlig unpolitisch. Aber wir griffen lieber auf Werke anderer Organisationen zurück. Oder es gab Schnipsel. "Die Kameradschaft Jena wünscht allen Jenensern Frohe Weihnachten."
Böhnhardt eher nicht Mitglied, Zschäpe auch kein Mitglied, Stefan A. eher nur kurz.
"Nationaler Widerstand Jena": "Kameradschaft Jena" ist eingeschlafen. "Thüringer Heimatschutz". Name geht wohl auf Brandt zurück. Er erstellte Aufkleber. Brandt stellte Speicherplatz für erste Seiten. Übernahm die Kosten für die Seite. Der neue Gruppenname war klar "Nationaler Widerstand Jena". Zusammenschluss national aktiver Menschen in Jena. Wir über uns: NPD mit Kreisverband, Jugendorganisation. "Thüringer Heimatschutz" (THS). Jegliche Art von Gewalt wird abgelehnt. Auf der Seite stand: Das Volk steht im Vordergrund. Kultur vor Verfall schützen. Tief mit unseren Ahnen verwurzelt. Wir bekennen uns zu jedem Teil unserer Geschichte. Wir betonen, dass wir unser Volk nicht über andere stellen. Für ein Europa der Vaterländer. Ich hatte schon Mitte der 1990er Jahre nichts gegen Ausländer. Sondern nur gegen die Politik, die den massenhaften Zuzug von Ausländern förderte. Ich war in Frankfurt und sah, dass ich das für Jena nicht wollte. Parallelwelten. Etablierte Parteien fördern das. Keine Ghettoisierung. Kulturfremde Ausländer.
(Eva Frisch, BR)
12.04 Uhr.
Mittwochsstammtische: Politik spielte eine eher untergeordnete Rolle. Ich erinnere mich nicht, dass da mal jemand eine Rede gehalten hat. Aufgrund der Lautstärke nicht möglich. Wurde auch viel getrunken. Zwei Reifen meines Pkw wurden abgestochen. Zu den Tätern hatte ich nur Vermutungen. Kamerad half mir. Sonntagsstammtische. Welche Gruppe welche Veranstaltungen unterstützt. Koordination der Veranstaltungen. Durch derartige Treffen keine Spaltung des Mobilisierungspotenzials. Rechtliche Schritte wurden besprochen. Sonnwendfeier durch massive Polizeikräfte gestürmt. Für uns erschreckend, in welcher Brutalität die Beamten vorgingen. Leider gehörten solche Vorfälle nicht der Seltenheit an. Sonntagstreffen auch immer wieder Ziel von Angriffen der sogenannten Linken. Überfall auf Pkw des Sandro T. Mit schwangerer Freundin unterwegs. Mit Morgenstern angegriffen. 2002 sind wir mit mehreren Personen in die Hochwassergebiete gefahren und haben geholfen. Auch als "THS". Mario B. hatte Idee, "THS" wieder aufleben zu lassen, denn André K. und ich hatten die Befürchtung, dass das schneller zu einem Verbot führen würde.
Vor dem Untertauchen: Nicht einfach zu rekapitulieren, wann man sich mit den genannten Personen getroffen hatte. Uwe Böhnhardt im Jugendclub an der Tischtennisplatte, 1991/93.
Ende 1993 war meine damalige Freundin dort. Nicht auszuschließen, dass ich Böhnhardt dort getroffen habe.
Hatte Führerschein und Trabant. Fuhr mit André K. herum zu Dorfdiskos. Vielleicht traf er dort Mundlos und Zschäpe. Erstes Skinheadkonzert von Brandt organisiert. K. und Brandt kannten sich. Bekamen Platz auf der Tribüne. Angenehm, weil körperliche Auseinandersetzungen unter Skins unten. K. hatte irgendwann keinen Pkw mehr. Wir fuhren zu den Mittwochsstammtischen. Böhnhardt sah er hin und wieder, aber nicht regelmäßig.
"Winzerclub": 1994 regelmäßiger Treffpunkt. Weil ich kein Fahrzeug mehr hatte aus finanziellen Gründen. Nachmittags fuhr ich mit der Bahn nicht. Dort spielten wir Karten. Zum ersten Mal bewusst Zschäpe als Freundin von Böhnhardt. Mundlos dort auch. Aber eher selten unter der Woche.
(Oliver Bendixen, BR)
Der "Winzerclub" wurde 1994/95 zu meinem Lieblingstreff. Dort häufig Karten gespielt. Habe dort Mundlos getroffen und auch Zschäpe und Böhnhardt.
(Eva Frisch, BR)
Lobeda-West: Großteil meiner Freizeit bei K. und Bruder. Jugendclub "Impuls". Juliane W. lernte er dort kennen. Mit der war er später zusammen. Böhnhardt war auch da. An Mundlos, Zschäpe erinnerte er sich nicht. Zschäpe und Böhnhardt verbrachten viel Zeit bei Uwes Bruder. Holger G. Umschulungsmaßnahme. Böhnhardt Ilmenaukolleg. Ich hatte Ausbildung im Möbelhaus begonnen.
Holger G. sah ich immer seltener. G. schon in Hannover. Unabhängig von den Treffpunkten besuchten wir verschiedene politische Treffpunkte. Rudolf-Heß-Marsch zum Beispiel. Oder Prozess gegen Manfred Röder. Böhnhardt lief schreiend umher und lief dahinter. Mundlos' Auto beschädigt. Wir wurden mit Steinen beworfen. Aktivisten in anderen Städten.
Urlaubsreisen: Spontane Wochenendreisen in die Tschechische Republik. Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt dabei und auch Holger G. Besuchten auch den Balaton.
An Aufhängen des Puppentorsos beteiligt. Bei Beate Zschäpe in der Wohnung. Sie blieb zu Hause und war nicht dabei. Wir sind dann zur Brücke gefahren. Wusste nichts von Bombenattrappe. Besuch von Ignatz Bubis spielte keine Rolle. Journalisten sollten dazu gezwungen werden zu berichten. Sie wollten über rechte Szene nicht mehr berichten. Böhnhardt wollte Sachen in Garage lagern, um Dinge vor Hausdurchsuchungen zu schützen. Ich hatte kein Interesse. Irgendwann hatte ich dann erfahren, dass Böhnhardt eine Garage hat. Ich war mindestens einmal dort, um ein Auto zu reparieren. Dort war aber nichts davon zu sehen, was die Polizei 1998 dort gefunden hatte. Aus meiner Sicht normale Garage. Nie [für] möglich [gehalten], dass Mundlos und Böhnhardt schwere Straftaten begehen würden. Schon gar nicht gegen Ausländer. Darüber sprachen wir gar nicht. Zwischenfall: Menschenauflauf. Böhnhardt sah ich auf der Straße liegen. Von mehreren Menschen bedrängt. Einer sagte: weg hier! Das war Mundlos. K. war dabei. Wo wir Böhnhardt und Zschäpe wieder getroffen haben, weiß ich nicht. Auch von Holger G. weiß ich nichts. Man sagte mir, dass das eine Kneipenschlägerei war.
Über Bombenbau wusste ich nichts. Wir wussten, dass Szene mit Spitzeln durchsetzt war. Ich war zu keiner Zeit ein Spitzel. Von Bombenattrappe aus Medien erfahren. Böhnhardt hatte mir wohl vor Untertauchen erzählt, dass TNT nur drin war, um zu provozieren. Nach meiner Auffassung war es eine Provokation. Böhnhardt mit brauner Uniform. Keine Ahnung von Straftaten. Hätte nie gedacht, dass sie so etwas machen würden.
Nach Untertauchen: mehrere Durchsuchungen. Böhnhardt konnte ungesehen den Ort des Geschehens verlassen. Jemand sagte, sie wollten mein Auto. Ich bekam als Ersatz das Auto von Uwe Mundlos. Durchsuchungen möglich, deshalb Übernachtung bei Jürgen H. Pkw war weg. Fahrten mit Mundlos' Vater erinnere ich mich nicht. Telefonzellensystem. Keine genaue Infos dazu. Sollte Mutter von Mundlos aufsuchen. Warum, weiß ich nicht. Mit Böhnhardt und Mundlos telefoniert. An Zschäpe erinnere ich mich nicht. Weiß auch nicht mehr, wie oft. Später erhielt ich eine Funknummer, die ich anrief und dann bekam ich die Nummer der Telefonzelle. Jürgen H. stellte Anschluss zur Verfügung. Uwes erzählten, dass mein Auto liegengeblieben sei. Andere Kennzeichen. Wie wären nach Hannover gefahren und nur knapp einer Polizeikontrolle entkommen. Mit Jürgen H. nach Sachsen, um Auto zu holen. Kennzeichen im Auto. Getriebedefekt. Abschleppseil. Schlüssel auf Hinterreifen. Zuvor Kennzeichen wieder angebracht. Auto an Tankstelle gelassen. Auto wurde dann mit Hänger geholt. Stand defekt hinter meinem Haus.
(Ina Krauß, BR)
Sandro T. wollte mein Auto zum Reparieren, schleppte ihn nach Rudolstadt, zwei Tage repariert, danach funktionierte er wieder.
Nach Chemnitz gefahren, um die drei zu treffen. Weiß nicht mehr, ob das mit einem der Uwes war. Sollte an Tankstelle mit Person treffen, Glatzkopf forderte mich auf, in Polo einzusteigen. Er sagte sinngemäß: Dein Auto fährt ja wieder. Altbauwohnung in Chemnitz - die drei das erste Mal wiedergesehen. Kleine Wohnung mit Schlauchzimmer hinter Wohnzimmer, außer den dreien und Fahrer und mir niemand da. Keine Bitte um Hilfe.
(Eva Frisch, BR)
12.35 Uhr.
Wohnung in Chemnitz. Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos wieder gesehen. Keine Ahnung mehr, was gesprochen wurde. Transporte Jürgen H. und seine Hilfe mit Telefonen hat er selbst angeboten. Die meisten Transporte mit H. Möglicherweise Waffe. Die meisten Sachen für die drei kamen von Böhnhardts Eltern. Ob von Frau Mundlos etwas ausgehändigt bekam, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich an Zip-Laufwerk erinnern.
"Pogromly": Brandt hat Spiele aufgekauft. 20 Stück. Ich habe es auch einmal gespielt. Fand es aber nicht besonders toll.
Mit Pkw nach Chemnitz: Von Zschäpe eine Vollmacht für anwaltliche Vertretung, vielleicht Mundlos und Böhnhardt auch Vertretung. Treffen mit den dreien nahe eines Einkaufszentrums. Böhnhardt äußerte den Wunsch nach einer scharfen Waffe. Ich kannte mich nicht damit aus. Deutsches Fabrikat. Woher Geld, fragte ich. Er sagte, ich könne bei Tino Brandt anfragen. Warum scharfe Waffe, weiß ich nicht. Wollte aber nicht schuld sein, wenn Böhnhardt nach Entdeckung Selbstmord begeht.
Irgendwann übernahm Carsten S. Telefonate. Rief von Telefonzelle Funknummer an und dort lief ein Anrufbeantworter mit genauen Anweisungen. Auftrag in Zschäpes Wohnung einzubrechen und persönliche Dinge zu stehlen. S. stand Schmiere. H. und ich. Hinter Fliegerscheune vergraben und weggeworfen. Mit Carsten S. stahl Wohlleben ein Motorrad. Sprang nicht an und wir versteckten es unter Autobahnbrücke. War dann aber nicht mehr da
Mögliche Unterbringung im Ausland ein Thema. Im Laufe der Zeit kam nichts mehr zusammen. Wie Gelder zu ihnen kamen, weiß ich nicht mehr. Ich war zu der Zeit nicht kreditwürdig. Weitere Gelder außer die 500 Euro für Tino Brandt nahm ich nicht entgegen. Aus Geldgeschichten hielt ich mich raus. Ich wollte keinen Ärger. Der Posten als Kassenwart war immer sehr undankbar. Mögliche Verstecke im Ausland. Südafrika. Kontaktaufnahme.
"Stern"-Interview: große Summe im Gespräch. Zschäpe wollte nicht ins Ausland. Böhnhardt wollte ins Ausland. Rechtskräftig verurteilt. Vermittlung von Telefonaten mit Familie Böhnhardt und Brandt. Zettel in Briefkasten mit Terminen. Mundlos nur Grüße an Eltern. Mundlos hatte Angst, dass Vater zur Polizei geht.
Carsten S. trat Rückzug an. Ich übernahm wieder. Ich rief die bekannten Funknummern aus Telefonzellen ab und hörte Anrufbeantworter ab. Viel Redebedarf nach Brandts Enttarnung. Wollte nicht schuld sein, dass die drei auffliegen. Angst vor Entdeckung. Ich wurde gefragt, ob Brandt etwas zum Aufenthaltsort der drei wusste. Kann gut möglich sein. Überlegung, Zschäpe alleine stellen.
(Ina Krauß, BR)
War der Meinung, dass man über Brandt die drei hätte finden können. Habe bei letztem Treffen nicht erfahren, wo sie jetzt wohnen.
(Eva Frisch, BR)
Anklagevorwürfe:
Kopf der Unterstützerszene: Unzutreffend. Keiner der Chemnitzer Unterstützer kannte mich. Gewisse Unterstützung zum Beispiel mit der zur Zurverfügungstellung meines Pkw. Ich habe mir meine Unterstützung nicht ausgedacht. Wurde von Uwes darum gebeten. Carsten S. sagte aus: Wohlleben und ich hofften, dass die drei nichts wollten. Waffenbeschaffung durch Carsten S. Komisch, dass S. nichts mehr wusste. Ich habe schon vorher den Auftrag zur Waffenbeschaffung bekommen. Angst vor Überwachung. Wollte nicht am Suizid Böhnhardts schuld sein. Dann Carsten S.
Ich verwies Carsten S. an Andreas S. Wusste nicht, dass er dort fündig werden würde im "Medley". Dass er 2.500 DM von mir bekam, stimmt nicht. Ich war nicht im Stande, so eine Summe aufzubringen. Gehe davon aus, dass das Geld von Brandt kam. Generalbundesanwalt geht davon aus, dass Geld aus Spenden gekommen ist. Ganz im Gegenteil. Gelder wurden gleich weitergeleitet. Verbringen der Waffen von Carsten S. zu mir. S. hatte keinen Auftrag, mir die Waffe zu zeigen. Hatte permanent das Gefühl, überwacht zu werden. Vom Schulgebäude gegenüber. Erschrocken als S. mit der Waffe vor meiner Tür stand. Ich bin mir sicher, dass wir uns Waffe im toten Winkel meiner Wohnung angesehen haben. Ich war über Schalldämpfer überrascht. Ich habe aus reiner Neugier den Schalldämpfer aufgeschraubt. Normalweise Zubehör. Mit einem Lächeln die Waffe auf S. gerichtet - daran kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mich an die Waffe erinnern. Kurzer Schalldämpfer. Klobiger als Ceska, anders als in den Akten.
Weist zurück, dass mir Taten recht gewesen seien - aufgrund meiner rechten Gesinnung. Ich ging davon aus, dass sich Böhnhardt bei einer Festnahmen selbst töten wollte. Ich lehnte Gewalt zu jeder Zeit ab.
Wurde von der sogenannten Antifa angegriffen. Eine Zeugin soll angegeben haben, sie dachte ich sei totgeschlagen worden. Sitzung des Stadtrats. Waren auf Nachhauseweg. Täter nicht ermittelt. Pkw wurde angezündet. Meine Kinder haben das Auto gesehen. Meine Ablehnung der Gewalt bedeutet auch keine Mordtaten.
Keine Gedanken an schwere Straftat: Ich hätte nie damit gerechnet, dass sie sich bei dem Fahndungsdruck noch größerer Gefahr durch weitere Taten aussetzen würden - vor allem nicht Böhnhardt.
Carsten S. hat anscheinend vergessen: Im Nachgang an seine Waffe gab es Beschwerden. Böhnhardt sagte, die Waffe sei Schrott und würde nicht funktionieren. S. reagierte mit Unverständnis und sagte: Jetzt regen die sich auch noch auf.
"Turner-Tagebücher" habe ich nie gelesen.
Wohlleben liest aus Aufruf zum Fest der Völker Europas vor. Er liest flüssig. An einigen Punkten stockt er allerdings, zum Beispiel bei Kapitalismuskritik.
Wohlleben spielt Video ab. Junge Nationale mit Sonnenbrillen und Kapuzen tragen die Kapitalismuskritik vor. "Wir achten jedes Volk. Richte deine Wut auf das ausbeuterisches System usw."
Weist Anschuldigung von Holger G. zurück. Auch G. sollte Waffe besorgen. Will verschleiern, von wem er die Waffe tatsächlich hatte. Depot von 10.000 DM: Ich habe nie einen Betrag in der Höhe erhalten. Ich kann ausschließen, dass ich das vergessen habe. Eine solche Summe vergisst man nicht.
Bewaffnungsdiskussion: Daran kann ich mich nicht erinnern. Höchstens Abwehr wie Pfefferspray. Keine scharfen Waffen. Provokantere Haltung?
Vorwürfe der Körperverletzung von André K. und mir: Brandanschlag auf Christian K.s Auto. K. wurde von zwei Frauen angesprochen. Sie sagten, wie es denn seinen neuen Schonbezügen gehe. Treffen mit den beiden. Wir vermuteten Täterwissen. Wir trafen die beiden. André forderte die beiden auf, sich auszuweisen. Eine der beiden wurde an einen Zaun gedrückt. Kurze Zeit. Dann wieder Gespräch. Die beiden beteuerten, sie wüssten nichts von den Tätern. Ich ging zu meinem Auto. Angeblich noch im Winzerla. Die beiden hatten Anzeige erstattet. Ich sagte, ich sei der Unbekannte.
Anschuldigung von Carsten S., die haben jemanden angeschossen: Hierbei ging es um Afrika-Urlaub von Marc S. Dort auf einer Schießübung ist das passiert. Carsten S. will mich belasten. Gibt zu, an einer Körperverletzung beteiligt gewesen zu sein. Verteidiger versuchen, ihren Mandanten zu entlasten und seine Aussagen in diese Richtung zu steuern.
Wie alle anderen habe ich erst im November 2011 vom NSU erfahren. Ich bin entsetzt, dass Böhnhardt und Mundlos so kaltblütig Menschen getötet haben. Ich kann es kaum glauben. Ich war mit ihnen jahrelang befreundet. Nur deshalb unterstützt. Hätte ich von den Morden gewusst, hätte ich nicht geholfen. Ich bedaure jede Gewalttat. Den Angehörigen der Opfer gilt mein Mitgefühl.
Eine Stunde Pause bis 14.20 Uhr.
(Eva Frisch, BR)
14.37 Uhr.
Götzl: Wir fahren fort. Befragung kann heute noch nicht stattfinden. Muss erst einmal vorbereitet werden.
G: Stellungnahme zu Entpflichtungsantrag.
RA Heer: Bewusste Verbreitung von Unwahrheiten von RA Mathias Grasel [vierter Verteidiger von Zschäpe]. Wir treten Zschäpes Antrag entgegen. Wir haben ihre Aussage nicht blockiert. Weder haben wir uns einer Diskussion mit ihr verschlossen noch gesagt, dass wir sie dann nicht mehr verteidigen würden. Wir haben keinen Anlass zu der Annahme gegeben, unser Mandat abzulegen. Dies gilt auch bei der Behauptung einer rigorosen Ablehnung einer Zusammenarbeit. RA Grasel wurde in Kenntnis gesetzt. Wir verschlossen uns nicht einem Treffen mit Frau Zschäpe und ihm. RA Grasel wurde noch einmal Kooperationsbereitschaft bei Einarbeitung in den Verfahrensstoff angeboten. Dann gaben wir ihm Hinweise auf den richtigen Weg. Wir boten uns an für ein Treffen am Sonntag. An der Einarbeitung mitzuarbeiten, boten wir auch nach Antrag auf Entpflichtung von Heer, Stahl, Sturm weiter an. Wir stünden unverändert zur Verfügung. Noch am 8. Dezember eine Besprechung mit Grasel und Hermann Borchert [fünfter Verteidiger von Zschäpe]. Am Ende sagte Borchert, das Gespräch sei sehr angenehm gewesen. RA Grasel hätte sich in der sitzungsfreien Zeit einarbeiten können. Unsere Unterlagen sind nicht einmal für den Mandanten bestimmt. Keine Veranlassung gesehen, sie weiterzugeben. Er hatte auch einmal gesagt, er hätte damit wahrscheinlich eh nichts anfangen können. Schriftliche Anträge wurden an sie weitergegeben. Wir hatten Frau Zschäpe gesagt, dass wir weiterhin mit ihr zusammenarbeiten wollen würden. Von einer Blockade der Verteidigung kann keine Rede sein. Dass eine effektive Verteidigung so nicht möglich ist, haben wir bereits hinreichend erklärt.
(Oliver Bendixen, BR)
Solange das Mandat besteht, werden wir unseren Pflichten als Verteidiger nachkommen. Dass das derzeit nicht einfach ist, ist aber deutlich.
(Eva Frisch, BR)
Götzl: Zum weiteren Prozedere.
RA Alexander Hoffmann (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Festplatte, Passwort?
Götzl: Wollen Sie sich dazu verhalten?
Wohlleben: Halte ich nicht für sinnvoll. Daten auf der einen Festplatte identisch mit der anderen Festplatte, von der die Videos kamen.
Götzl: Morgen Fragen?
Wohlleben: Fragen zu den persönlichen Verhältnissen morgen. Alles andere nach Weihnachten.
Götzl: Schluss für heute.
Hinweis
Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.