NSU-Prozess


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262. Verhandlungstag, 18.2.2016 Ein Prozess ohne Ende

Am Wort "Straftaten" hängt sich aktuell die Wohlleben-Verteidigung im NSU-Prozess auf. Sie stellte einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter des Strafsenats. Die Chancen, das Mammutverfahren gegen Beate Zschäpe und ihre vier Mitangeklagten könne bis zum Sommer zu Ende gehen, tendieren inzwischen gegen null.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 18.02.2016 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

17 Februar

Mittwoch, 17. Februar 2016

Als Olaf Klemke, der Verteidiger von Ralf Wohlleben, am Mittag endlich seinen Befangenheitsantrag gleich gegen alle Richter des Strafsenats formuliert und vorgetragen hatte, begann unter den Gerichtsreportern erst einmal das Rätselraten. Keiner konnte mehr sagen, der wievielte Antrag dieser Art es nun eigentlich in dem seit nunmehr knapp drei Jahren laufenden Verfahren war.

Ziel war es zum wiederholten Mal, den Richtern nachzuweisen, dass sie gegenüber den Angeklagten voreingenommen und deshalb nicht zu einem fairen Urteil fähig seien. Kein Wunder, dass sich der neue Anwalt des Vertrauens der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, Matthias Grasel, dem Antrag gleich anschloss. Diesmal versuchen die Verteidiger die angeblich mangelnde Objektivität des Gerichts an einer Formulierung festzumachen. Mit der war am Vortag ein Beweisantrag abgelehnt worden.

Aufregung um das Wort "Straftaten"

Aus den Worten "begangene Straftaten" leiten nun die Anwälte die Vermutung ab, das Gericht  gehe bereits jetzt - noch vor dem Ende der Beweisaufnahme - von einer Schuld der Angeklagten aus. Vor Gericht sind solche Einwände mitunter durchaus angebracht. In Serie abgeschossen erwecken sie aber den Eindruck, hier solle ein ohnehin langer Prozess ganz einfach weiter in die Länge gezogen werden. Nun muss ein anderer Senat des Münchner Oberlandesgerichts entscheiden, ob der Vorsitzende Richter Manfred Götzl und seine Kollegen noch in der Lage sind, die Schuld und Unschuld der Angeklagten objektiv zu beurteilen. Bis zum nächsten, dem 263. Verhandlungstag, wird das entschieden sein.

Und dann kann man getrost auf den nächsten Ablehnungsantrag warten. Die Chancen, das Mammutverfahren gegen Beate Zschäpe und ihre vier Mitangeklagten könne noch vor der Sommerpause des Gerichts zu Ende gehen, tendieren inzwischen gegen null. Der Hauptangeklagte, die mal fröhlich, mal indigniert dem Prozessverlauf folgt, scheint das egal zu sein. Das Gefühl, dass sie einer längeren Haftstrafe entgegensieht, konnten ihr offensichtlich auch ihre beiden neuen Anwälte nicht nehmen.


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