NSU-Prozess


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296. Verhandlungstag Mordfall Yozgat - das Gericht legt sich fest

Die Aussage des ehemaligen Verfassungsschutzbeamten Andreas Temme war glaubhaft - mit dieser Einschätzung hat heute der Münchner Staatsschutzsenat klargestellt, dass allein der NSU für den Mord an Halit Yozgat verantwortlich ist. Für den weiteren Prozess ist das von großer Bedeutung.

Von: Christoph Arnowski

Stand: 12.07.2016 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

12 Juli

Dienstag, 12. Juli 2016

Die Stimme von Manfred Götzl ist leise und monoton. Doch das, was der Vorsitzende des Münchner Staatsschutzsenates nach der Mittagspause vorträgt, ist von großer Brisanz. Prozessbeobachter sprechen danach sogar von einem "vorweggenommenen Urteil". Dabei hat Götzl formal gesehen nur erläutert, warum das Gericht eine Reihe von Beweisanträgen ablehnt. Inhaltlich aber hat er dabei klar Stellung bezogen. Zumindest was den Mord an Halit Yozgat angeht: Das Oberlandesgericht folgt der Anklage der Bundesanwaltschaft.

Der Mordfall Yozgat

Der Mord an dem türkischstämmigen Internetcafé-Besitzer Halit Yozgat lieferte im NSU-Komplex von Anfang an mit den meisten Stoff für Spekulationen. Denn zum Tatzeitpunkt am 6. April 2006 war auch ein Beamter des hessischen Verfassungsschutzes in dem Internetcafé: Andreas Temme. Dies und die Tatsache, dass sich der Mann erst Tage nach dem Mord bei den Behörden als Zeuge meldete, machten ihn anfangs auch in den Augen der Polizei - zumindest vorübergehend - zum Tatverdächtigen. Inzwischen freilich ist für die Behörden nur noch ein Zeuge. Viele Nebenkläger sind aber noch heute davon überzeugt, dass der Verfassungsschutz über den Mord an Yozgat mehr weiß als er zugibt. Manche halten es sogar für möglich, dass der Dienst an der Tat in irgendeiner Form daran beteiligt war.

Welche Rolle spielte der hessische Verfassungsschutz

Doch diesen Verdachtsmomenten will das Münchner Oberlandesgericht nicht mehr nachgehen. Insgesamt sechsmal hatte es im NSU-Prozess den ehemaligen Verfassungsschutzbeamten als Zeugen gehört. Die Ablehnung weiterer Beweisanträge begründete Götzl heute damit, dass sie "für die Entscheidung des Gerichts tatsächlich ohne Bedeutung seien". Dabei betonte der Richter, die Darstellung von Andreas Temme, er habe aus privaten und dienstlichen Gründen zunächst seine Anwesenheit am Tatort verschwiegen, sei "plausibel, glaubhaft und nachvollziehbar". Mit anderen Worten: Das Gericht sieht das Tatgeschehen genauso wie die Bundesanwaltschaft. Danach haben Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos allein den Mord an Yozgat begangen. Wichtigste Beweismittel dafür sind die Tatwaffen und das Video, in dem der NSU seine Verbrechen selbst dargestellt hat.

Das Gericht folgt der Anklage

Für das weitere Verfahren scheint das von großer Bedeutung. Denn bei kaum einem anderen angeklagten Mord gab und gibt es größere Zweifel. Haben nicht doch lokale Helfer vor Ort an den Verbrechen mitgewirkt? Und: Waren die Verfassungsschutzbehörden durch V-Leute in irgendeiner Form sogar darüber informiert? Wenn das jetzt das Gericht gerade in diesem Fall durch den bisherigen Verhandlungsverlauf als ausgeschlossen ansieht, liegt es auf der Hand, wie es die anderen Taten beurteilen wird: Alle angeklagten Verbrechen wurden allein vom NSU begangen.


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