346. Verhandlungstag, 14.2.2017 NSU-Prozess
Beate Zschäpes sogenannte Altverteidiger geben sich größte Mühe das psychiatrische Gutachten von Prof. Henning Saß zu entkräften – ihre Motivation dafür ist wohl nicht nur das Schicksal der Hauptangeklagten.
14. Februar
Dienstag, 14. Februar 2017
Es ist schon eine sehr sonderbare Konstellation auf der Anklagebank im NSU-Prozess: da Sitzt Beate Zschäe neben fünf Verteidigern und drei von ihnen, Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl, arbeiten offenbar völlig losgelöst von jeglicher Legitimation durch ihre Mandantin.
Erneut überdeutlich wurde dies am vergangenen Verhandlungstag, als Zschäpe einen Befangenheitsantrag gegen Richter Manfred Götzl nicht unterstützen wollte. Doch die drei Altverteidiger lassen sich davon nicht beirren und verfolgen ihre Strategie weiter – auch wenn Zschäpe daran keinerlei Interesse zu haben scheint.
Fleißarbeit im NSU-Prozess
Immer wieder offenbaren die drei Pflichtverteidiger außerordentliches Engagement, besonders rund um das Gutachten des Psychiaters Saß. Im Vorfeld wurde alles versucht um die Methodik des Gutachtens anzufechten, nun geht es um die Vorbereitung zur Anfertigung eines eigenen Gegengutachtens.
Stundenlang befragten heute Anja Sturm und Wolfgang Stahl den Sachverständigen. Sie geben einfach nicht auf, schließlich steht auch ihre Reputation als Strafverteidiger bei diesem medienwirksamen Mammutverfahren auf dem Spiel.
Keine Zusammenarbeit zwischen Zschäpes Verteidigern
Heute haben sich die Altverteidiger in der Befragung von Henning Saß allerdings etwas verrannt. Es ging lang und breit darum, welche Fragen Saß an Zschäpe gestellt hätte, wenn diese sich auf eine Befragung eingelassen hätte – eine doch sehr hypothetische Fragestellung. Die Antwort des Gutachters: "Das kann ich Ihnen nicht sagen, da würden wir morgen noch hier sitzen.“
Dies zeigt wie schwer sich die drei Pflichtverteidiger trotz allen Engagements tun, das Gutachten des bundesweit renommierten Sachverständigen Henning Saß anzugreifen. Anstatt seinen Kollegen beizukommen, begann Zschäpes Wahlverteidiger Hermann Borchert seine Befragung des Sachverständigen in einem komplett anderen Themenbereich.
Ein interessanter Schachzug
Deutlicher kann man es kaum betonen, dass die beiden Verteidigungstaktiken offenbar nichts miteinander zu tun haben. Borchert wollte wissen, ob Saß die Gefangenenakte von Beate Zschäpe aus der JVA Stadelheim seinem Gutachten zu Grunde gelegt hat. Saß verneinte, dies sei während eines laufenden Strafverfahrens nicht üblich.
Schließlich kündigte Borchert für morgen einen Beweisantrag an, es geht um die Ladung eines Zeugen, vermutlich eines Angestellten der JVA. Ein interessanter Schachzug.
Nichts Halbes und nichts Ganzes
Das inhaltliche Gerangel zwischen den Verteidigern könnte diese also möglicherweise sogar anspornen, was Beate Zschäpe zugute käme. Es könnte der Angeklagten aber genauso gut erheblich schaden, denn irgendwie wirkt die Verteidigungsstrategie insgesamt wie nichts Halbes und nichts Ganzes.
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