350. Verhandlungstag, 22.2.2017 Zschäpe und der Facebook-Freund
Beate Zschäpe, Hauptangeklagte im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht hat einen Verehrer. Er schickt ihr regelmäßig 100 oder 200 Euro auf ihr Häftlingskonto in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim.
22. Februar
Mittwoch, 22. Februar 2017
Besuchen darf der Mann seine verehrte Beate aber nicht. Das hat sie ausdrücklich verboten. Stattdessen schmachtet der unerbetene Verehrer nun auf Facebook und baut dort Collagen mit Rosen und dem Bild der Inhaftierten. Das alles wissen wir, seit heute eine Abteilungsleiterin aus der Haftanstalt München Stadelheim als Zeugin ausgesagt hat. Befragt wurde sie nach den sozialen Kontakten von Zschäpe im Gefängnis und mit Personen außerhalb der Haftanstalt. Und da trat eben auch jener Enrico K. ans Tageslicht, dessen Facebook-Profil ein wirres Sammelsurium von Neonazi-Parolen zu bieten hat. Für die Anwälte der Nebenkläger im NSU-Verfahren ist dies ein klarer Beweis dafür, dass sich die Hauptangeklagte eben doch nicht von der Neonazi-Szene und deren Gedankengut losgesagt hat.
Zeugin: Zschäpe in der Haft kooperativ
Belege dafür, dass Zschäpe in der Haft ihr Image als Rechtsextremistin pflege, gibt es nach Darstellung der Justizbeamtin aus der Frauenabteilung aber nicht. Natürlich habe sie aufgrund der zahlreichen Presseveröffentlichungen eine Art "Promistatus" im Gefängnis und sei eben auch - der langen Haftzeit geschuldet - eine "außergewöhliche Gefangene". Im Umgang mit den Beamtinnen und anderen Mitarbeitern der JVA - so die Zeugenaussage - sei Zschäpe aber stets höflich und kooperativ. Ärger habe es mit ihr nicht gegeben - allenfalls unterschiedliche Meinungen darüber, wie viele private Gegenstände sie in ihrem Haftraum aufbewahren dürfe. Das - so die Beamtin - habe mit den Kontrollen der Zellen zu tun, was Zschäpe dann auch eingesehen habe.
Gutachter: Kooperatives Verhalten ist im Untergrund erlernte Anpassung
Ob Zschäpes angepasstes Verhalten in der Justizvollzugsanstalt etwas mit "Camouflage" zu tun habe, wollte das Gericht später von dem psychatrischen Gutachter Henning Saß wissen. In all den Jahren im Untergrund - so der Sachverständige - habe Zschäpe gelernt, sich anzupassen und zu verstecken. Das sei es nichts Außergewöhnliches, wenn jemand in der Haft ein ähnliches Verhalten an den Tag lege. Weitere Schlüsse wollte der Gutachter aus den Schilderungen aber nicht ziehen. Seine Vernehmung wurde nun am heutigen 350. Prozesstag abgeschlossen. Was vor allem von seinem Gutachten bleibt, ist die zentrale Boschaft des Sachverständigen: Er hält Bate Zschäpe für voll schuldfähig.