NSU-Prozess


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382. Verhandlungstag, 12.9.2017 Eiskalt berechnend und immer noch gefährlich

Die Bundesanwaltschaft hat im NSU-Prozess ihr langes Plädoyer mit der Strafmaßforderung abgeschlossen. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe halten die Ankläger immer noch für gefährlich - der mutmaßliche NSU-Helfer André E. soll außerdem sofort in Untwersuchungshaft.

Von: Alf Meier

Stand: 12.09.2017 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

12 September

Dienstag, 12. September 2017

Für Yvonne Boulgarides, ist der heutige Prozesstag ein guter Tag.  Die Bundesanwaltschaft fordert eine lebenslange Freiheitsstrafe für Beate Zschäpe, das versöhnt sie ein wenig. Ihr Mann Theodorus  war im Juni  2005 im Laden seines Schlüsseldienstes in München von den Terroristen des NSU erschossen worden.

"Wir sind heute mit wenigen Erwartungen in diesen Tag gestartet und deswegen finde ich ihn toll."

Yvonne Boulgarides, Nebenklägerin

Beate Zschäpe habe sich nie selbst die Finger schmutzig gemacht, aber alles gewusst und mitgeplant, sagt die Bundesanwaltschaft. Deswegen sei sie Mittäterin bei den zehn Morden, den Sprengstoffanschlägen und den Raubüberfällen

"Ich meine, dass klar geworden ist, dass es sich bei der Angeklagten tatsächlich um einen eiskalt kalkulierenden Menschen handelt , bei dem Menschenleben zur Durchsetzung wirtschaftlicher und ideologischer Ziele keine Rolle spielen und dass sie auch eine bedeutende und eine wichtige Rolle in der terroristischen Vereinigung NSU gespielt hat."

Herbert Diemer, Bundesanwalt

Neben der lebenslangen Freiheitsstrafe hält die Bundesanwaltschaft zudem die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und die Anordnung einer Sicherungsverwahrung für angebracht.  Zschäpe sei immer noch gefährlich, argumentieren die Ankläger.  Folgt das Gericht den Anträgen, muss sie wohl für lange Zeit ins Gefängnis.

"Das bedeutet, dass Frau Zschäpe im Grunde genommen auf Jahrzehnte keine Chance hat, in Freiheit zu geraten. Da müsste bei ihr im Vollzug eine Entwicklung eintreten, die heute noch nicht einmal ansatzweise erkennbar ist."

Doris Dierbach, Nebenklagevertreterin

Bundesanwaltschaft: 12 Jahre Haft für Wohlleben

Für den mitangeklagten Ralf Wohlleben fordert die Anklage wegen Beihilfe zum Mord zwölf Jahre Haft. Wohlleben soll die Waffe beschafft haben, mit der der NSU neun Menschen umbrachte.

Milde für Geständnis

Auch Carsten S. soll an der Beschaffung der Mordwaffe beteiligt gewesen sein. Für S., der zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt war, beantragt die Bundesanwaltschaft eine dreijährige Jugendhaft . Carsten S. hat als einziger Angeklagter von Anfang an umfassend ausgesagt.

Der mutmaßliche NSU-Unterstützer Holger G. soll für fünf Jahre in Haft. Ihm wird vorgeworfen, dem NSU Ausweispapiere überlassen zu haben. Auch soll er eine Waffe besorgt haben, die aber nicht zum Einsatz kam.

Paukenschlag im Gerichtssaal

Zwölf Jahre und damit überraschend lange soll nach dem Willen der Ankläger der mutmaßliche NSU-Helfer André E. ins Gefängnis. E., der sich bislang in Freiheit befand, wurde heute in Gewahrsam genommen. Die Bundesanwaltschaft hatte wegen drohender Fluchtgefahr einen Haftbefehl gefordert. Über den Antrag soll am Mittwoch entschieden werden


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