408. Verhandlungstag, 31.1.2018 NSU-Prozess tritt weiter auf der Stelle
Die Verteidigung von Ralf Wohlleben will ihren Beweisantrag zur angeblichen Mordwaffe doch noch durchsetzen. Das Gericht nimmt sich viel Zeit für einen weiteren Beschluss. Der Verhandlung wird deshalb bereits nach eineinhalb Stunden unterbrochen.
31. Januar
Mittwoch, 31. Januar 2018
An Verhandlungstagen wie diesen erscheint die tägliche Routine des NSU-Prozesses auf Außenstehende fast absurd. Am Morgen stehen Fotografen und Fernsehteams bereit, um Beate Zschäpe und die anderen vier Angeklagten beim Betreten des Gerichtssaals abzulichten. Das Klicken der Fotoapparate verleiht der Szene eine gewisse Bedeutung, so als wäre Spektakuläres zu erwarten.
Doch an Verhandlungstagen wie diesen ist klar, dass dieses Mammutverfahren wieder nur in kleinen Schritten vorankommen wird. Das Klicken der Kameras am Morgen ist schon fast der Höhepunkt des Tages. Denn was folgt ist lediglich die Verlesung einer zweiseitigen sogenannten Gegenvorstellung durch die Anwälte von Ralf Wohlleben, dem mutmaßlichen Waffenlieferanten des NSU. Danach braucht die Bundesanwaltschaft etwa eine Stunde Pause, um eine Stellungnahme zu formulieren. Diese wird wiederum in wenigen Minuten verlesen, dann wird die Hauptverhandlung unterbrochen. Das Gericht muss auf die Gegenvorstellung der Verteidigung reagieren und nimmt sich dafür bis morgen 11 Uhr Zeit.
Bundesanwaltschaft: Zeugen nicht überzeugend
Es geht in dieser juristischen Auseinandersetzung um die Herkunft der Ceska 83, also der Waffe, mit der neun Geschäftsleute mit türkischen bzw. griechischen Wurzeln erschossen worden sind. Die Bundesanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass der ehemalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben und der ebenfalls angeklagte Carsten S. die Pistole an den NSU geliefert haben. Die Verteidigung von Ralf Wohlleben wollte nun - ein halbes Jahr nach Ende der Beweisaufnahme - nachweisen, dass nicht Wohlleben, sondern zwei andere Neonazis aus Thüringen besagte Ceska 83 an den NSU übergeben haben. Nach Ansicht des Gerichts aber erfüllt der Antrag nicht die Kriterien eines Beweisantrags. So sieht es auch die Bundesanwaltschaft. Die Zeugen, die die Verteidigung Wohlleben laden wollte, könnten nicht bekunden, dass sie die Tatwaffe übergeben haben, so Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten in seiner Stellungnahme.
Der Prozess gerät durch die Auseinandersetzung um den Beweisantrag der Wohlleben-Verteidigung mal wieder ins Stocken. Eigentlich sollten die Nebenkläger längst ihre Plädoyers abschließen. Doch das dürfte noch dauern. Viele Verfahrensbeteiligte vermuten, dass die Anwälte von Ralf Wohlleben von Anfang an auf einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht hinauswollen. Das würde dann wieder tagelange Verzögerungen bedeuten.