22. Verhandlungstag Grausame Details
Am 22. Verhandlungstag war der inzwischen pensionierte Leiter der Münchner Mordkommission Josef Wilfling als Zeuge geladen. Er schilderte grausame Details im Mordfall Habil Kilic. Der 38-jährige Türke wurde im August 2001 in München im Obst- und Gemüseladen seiner Frau getötet. Auch sie sagte aus.
Es war ein sehr emotionaler Auftritt: Die Witwe des Opfers erklärte vor dem Oberlandesgericht München, sie sehe nicht wirklich ein, dass sie alles über ihren Mann und ihre Lebensumstände erzählen müsse. Sie fragte in Richtung der Angeklagten Beate Zschäpe, ob es nicht wichtiger sei, dass "diese Frau" bestraft werde. Zum Mordtag selbst konnte die Witwe kaum Angaben machen, da sie zu der Zeit in der Türkei war. Sie beschrieb, wie die Tat ihr Leben veränderte und wie schlimm die Tage nach dem Tod ihres Mannes für sie waren.
"Das Blut war im ganzen Laden. Wir mussten das alles selbst sauber machen."
Witwe von Habil Kilic
Der Freundeskreis sei zerbrochen, sie habe das Geschäft aufgeben müssen. Ihre ganze Familie sei jahrelang unter Verdacht gestanden.
Mordermittler Wilfling schildert Details
Von einer "absolut professionellen Hinrichtung" sprach Wilfling vor dem Oberlandesgericht München. Mit Schüssen in den Kopf sei Kilic getötet worden. Gezeigt wurden Bilder vom Tatort und der Leiche. Früh gingen die Ermittler davon aus, dass die Schüsse durch eine Plastiktüte abgegeben wurden, um Spuren zu vermeiden. Laut Wilfling wurde in dem Laden außer den Projektilen keine einzige tatrelevante Spur gefunden.
"Wir hätten alle die Serie gerne geklärt. Wir sind keine, die auf dem rechten Auge blind sind"
Josef Wilfling, früherer Leiter der Münchner Mordkommission
Wilfling äußerte sich auch zu den weiteren Ermittlungsansätzen. Ein Raubmord konnte schnell ausgeschlossen werden, da noch das ganze Geld in der Kasse war. Überprüft wurde, ob die Tat im Zusammenhang mit den anderen Morden an türkischen Mitbürgern stehen könnte. Zunächst habe auch der Verdacht nahe gelegen, dass das Drogenmilieu eine Rolle spielen könnte. Heute wisse man vieles besser.
Heftiger Wortwechsel
Deutliche Kritik an Wilfling gab es von Seiten der Nebenklagevertreter. Rechtsanwalt Adnan Erdal sagte, der Zeuge hantiere mit Halbwahrheiten. Erdal hatte den Ermittlern vorgeworfen, sie hätten nicht ausreichend rechtsradikale Hintergründe der Tat geprüft.
Neue Unterlagen: Carsten S. als V-Mann umworben
Der Thüringer Verfassungsschutz hat Anfang 2001 versucht, Carsten S., den Kronzeugen im NSU-Prozess, als V-Mann anzuwerben. Das belegen geheime Unterlagen des Thüringer Verfassungsschutzes, die dem MDR vorliegen. Der Anwerbeversuch stand unter dem Decknamen "Delhi", weil Carsten S. 1980 in Neu Delhi geboren worden war.
Aus den Dokumenten geht nicht eindeutig hervor, ob die Anwerbung erfolgreich war. Die Schriftstücke belegen aber, dass Verfassungsschützer Carsten S. 2001 in Jena mehrere Tage lang überwachten. Nach eigenen Angaben ist Carsten S. im selben Jahr aus der rechten Szene ausgestiegen.