NSU-Prozess Codewort "Bücherkauf"
Am 157. Verhandlungstag des NSU-Prozesses wurde die Vernehmung von Norbert W. fortgesetzt. Die Befragung des ehemaligen Mitarbeiters des Thüringer Verfassungsschutzes drehte sich hauptsächlich um Kontakte eines V-Manns zum NSU-Trio nach deren Abtauchen im Frühjahr 1999.
Norbert W. war der V-Mann Führer von Tino Brandt, und der hatte telefonischen Kontakt zum NSU, als dieser schon im Untergrund lebte. Tino Brandt war Mitglied des rechtsradikalen "Thüringer Heimatschutzes". Zu dieser Gruppe gehörte auch die "Kameradschaft Jena" mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Brandt war aber auch V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes und nach Einschätzung seiner V-Mann-Führer jahrelang einer der wichtigsten Informanten in der Szene.
Mehrere Anläufe
Das Telefonat zwischen Brandt und Böhnhardt war immer wieder verschoben worden. Grund sei Unruhe in der Thüringer Neonazi-Szene gewesen, man fühlte sich vom Staat beobachtet, so der V-Mann Führer. Vier oder fünf Termine hätten nicht eingehalten werden können. Der im NSU-Prozess wegen Beihilfe angeklagte Ralf Wohlleben soll nach den Angaben von Norbert W. Tino Brandt mit der Kontaktaufnahme beauftragt haben. Brandt sollte in Coburg, wo er arbeitete, zu einer bestimmten anrufbaren Telefonzelle gehen. Als letzter Termin sei dann der 08. März 1999, 18:00 Uhr vereinbart worden, sagte der ehemalige Verfassungsschutzmitarbeiter. Brandt habe ihm erzählt, dass er als Grund für die Kontaktaufnahme Geldnöte des untergetauchten NSU-Trios vermutete.
Es ging ums Geld
Ein Telefonat mit Uwe Böhnhardt sei dann unter dem Codewort "Bücherkauf" um den 8. März herum tatsächlich zustande gekommen. Norbert W. hatte Tino Brandt beauftragt, eine Aktennotiz des Gespräches mit Böhnhardt anzufertigen. Demnach ging es im Telefonat immer wieder um die Geldnöte der abgetauchten Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt, aber auch um den Vertrauensverlust hinsichtlich des Neonazis André K. Auch ein Streit in der "Kameradschaft Saalfeld" habe eine Rolle gespielt. Die Kameradschaft soll später zum "Saufverein" verkommen sein.
Zschäpe wollte sich angeblich stellen
Obwohl Ort und Zeitraum der Kontaktaufnahme mit den gesuchten Neonazi-Trio also bekannt waren, reagierten die Behörden nicht. So gab es beispielsweise keine Fangschaltung, um den Standort des zweiten Telefons zu bestimmen. Offensichtlich wurden in Chemnitz, wo der NSU vermutet wurde, drei Telefonzellen observiert, doch davon wusste der V-Mann-Führer nichts. Tino Brandt soll Norbert W. im Jahr 1999 außerdem berichtet haben, dass sich Beate Zschäpe den Behörden stellen wolle. Ralf Wohlleben habe darum den Kontakt zu einem Anwalt vermittelt. Mundlos und Böhnhardt sollen derweil überlegt haben, ins Ausland zu gehen.