49. Verhandlungstag, 23. Oktober Mordfall Turgut weist auf Ortskenntnisse hin
Der NSU-Mord an Mehmet Turgut in Rostock könnte auf gute Ortskenntnisse der Täter hindeuten. Der Kebab-Stand, in dem der 25-Jährige am 25. Februar 2004 erschossen wurde, befand sich an einer entlegenen Stelle zwischen Wohnblöcken. Das sei auffällig, sagte ein Kriminalkommissar, der am 49. Verhandlungstag als Zeuge geladen war.
"Ich als Einheimischer war noch nie an diesem Ort. Der ist sowas von abgelegen", sagte der Zeuge vor dem Oberlandesgericht (OLG) München aus. "Wir haben uns gefragt: Was sucht jemand hier in diesem Bereich?" Turgut hatte zum Tatzeitpunkt rein zufällig in dem Imbiss gearbeitet, er war kurzfristig für einen Freund eingesprungen. Der Inhaber des Stands sagte dem OLG, er habe weder Werbung geschaltet noch einen Eintrag in den Gelben Seiten. "Können Sie sagen, wie jemand, der nicht aus dem Viertel kam, auf den Imbiss aufmerksam geworden sein könnte?", fragte Wolfgang Stahl, Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Die Antwort war knapp: "Nein."
Brutalität der Täter
Nach Einschätzung des Kommissars müssen die Täter den 25-Jährigen überwältigt und zu Boden gedrückt haben, bevor sie ihn mit Schüssen in den Nacken töteten. Das folgerte er daraus, dass nur am Boden Blutspuren waren, es aber keine Blutspritzer weiter oben gab.
"Die Menschen, die hier reingegangen sind, die wollten nicht rauben oder zerstören. Die wollten einfach nur töten."
Zeuge vor dem OLG
Olaf Klemke, Anwalt des Angeklagten Ralf Wohlleben, stellte diesen Tathergang allerdings infrage: "Gibt es Anhaltspunkte, dass das Opfer fixiert wurde?", wollte Klemke wissen. "Er könnte sich ja auch freiwillig hingelegt haben." Eine Hypothese, die der erfahrene Beamte allerdings für unwahrscheinlich hielt.
Auch Turgut-Brüder im Gerichtssaal
Im Gerichtssaal erschienen auch zwei Brüder von Mehmet Turgut: Mustafa und Yunus. Sie waren eigens für den Prozess nach Deutschland gereist. "Ich will und ich muss glauben, dass das Gericht gründlich arbeitet", sagte Yunus Turgut in einer Verhandlungspause.
Laut Anklage begingen die Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Tat. Die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) sollen neun Geschäftsleute ausländischer Herkunft und eine deutsche Polizistin ermordet haben. Beate Zschäpe ist als Mittäterin an sämtlichen Anschlägen angeklagt. Sie soll für die legale Fassade der Gruppierung gesorgt haben.