NSU-Prozess


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65. Verhandlungstag, 05.12.2013 Befangenheitsantrag hält Verfahren auf

Ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl hat den NSU-Prozess am Donnerstag stundenlang aufgehalten. Erst nach mehrfachen Unterbrechungen wurde die Verhandlung fortgesetzt.

Stand: 05.12.2013 | Archiv

NSU-Prozess: Ex-Verfassungsschützer wird weiter vernommen

Es ist derzeit eine extrem zähe Beweisaufnahme im NSU-Prozess. Beate Zschäpe machte Konzentrationsschwierigkeiten geltend. Ihre Verteidiger gaben an, dass ihre Mandantin über Kopfschmerzen klage und unter Konzentrationsschwierigkeiten leide. Ein Gerichtsarzt attestierte daraufhin zwar die Verhandlungsfähigkeit Zschäpes zumindest für rund eine halbe Stunde. Nach längeren Debatten der Verteidiger mit dem Arzt unterbrach Götzl das Verfahren aber doch.

Befangenheitsantrag gegen Götzl

Zuvor hatten die Anwälte des Angeklagten Ralf Wohlleben die Befragung des Ex-V-Manns Benjamin G. durch eine Nebenklagevertreterin kritisiert. Die Anwältin hatte G. auf der Basis handschriftlicher Notizen Vorhalte aus Ermittlungsakten machen wollen, die bei der Bundesanwaltschaft einsehbar sind, vom Gericht aber nicht beigezogen wurden. Eine solche Befragung sei nicht akzeptabel, weil den Prozessbeteiligten die Akten nicht vorlägen, sagte Wohllebens Verteidiger Olaf Klemke - sonst werde dies immer verlangt. Weil Götzl die Befragung dennoch zulassen wollte, stellte Klemke einen Befangenheitsantrag gegen Götzl. Über den Befangenheitsantrag - den ersten im Prozess seit fast drei Monaten - muss der Senat nun bis zum übernächsten Verhandlungstag am kommenden Dienstag entscheiden.

Welche Rolle spielte der Verfassungschutz?

Das Gericht hat sich zuletzt weiter bemüht, die Rolle des ehemaligen Verfassungsschützers Andreas T. beim Mord an Halit Yozgat in Kassel zu klären. Doch es gab wenig Erhellendes. Heute wurde der V-Mann Benjamin G. weiter befragt. Ähnlich wie T. konnte er sich nur wenig erinnern.

Der 33-jährige Gebäudereiniger war bis 2007 V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes. Er soll die Rolle des Verfassungsschützers Andreas T. erhellen. Wie schon Andreas T. hat er sich zuletzt immer wieder auf Erinnerungslücken berufen. Erst nach Vorhaltungen des Richters berichtete er von einem letzten Treffen mit Andreas T. Sein V-Mann-Führer sei nervös geworden und habe angefangen zu stottern, als er ihn auf den Mord angesprochen habe. Kurz darauf sei ihm mitgeteilt worden, dass T. beurlaubt worden sei.

V-Mann unter Verdacht

T. war nach dem Mord in Kassel selbst unter Tatverdacht geraten. Er saß 2006 im hinteren Raum des Internet-Cafés in Kassel, in dem der 21-jährige Yozgat ermordet wurde. Seine Anwesenheit war Anlass für Spekulationen - er hatte sich nicht als Zeuge bei der Polizei gemeldet und kurz vor der Tat mit einem Informanten aus der rechten Szene telefoniert. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

T. gab an, nichts von dem Mord mitbekommen zu haben. Er habe sich auch später nicht als Zeuge gemeldet aus Angst, seine Frau könne von seinen Besuchen in Internet-Flirtforen erfahren. In seiner Vernehmung am Dienstag hatte er sich in Widersprüche verwickelt - ob er möglicherweise wissentlich die Unwahrheit gesagt hatte, war ihm jedoch nicht nachzuweisen.

Unzuverlässiger V-Mann-Führer

Benjamin G. schilderte "Alex" als recht unzuverlässigen V-Mann-Führer, der immer wieder Termine vergaß - vor allem, wenn G. sein Geld bekommen sollte. Um was es bei dem Telefonat am Tag des Mordes ging, konnte G. nicht mehr sagen. Auch, was den letzten Kontakt mit T. anging, blieb G. vage. Zunächst sagte er, es sei ein Telefonat gewesen, dann erinnerte er sich doch an ein Treffen in einem Restaurant.

Der Mord an Halit Yozgat am 6. April 2006 war der letzte von insgesamt neun Morden an Geschäftsleuten, die aus der Türkei und Griechenland stammten. Insgesamt werden dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge zur Last gelegt. Beate Zschäpe, die derzeit in München vor Gericht steht, ist als Mittäterin an allen Anschlägen angeklagt.


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