NSU-Prozess


0

87. Verhandlungstag, 20.2.2014 Wichtiger Zeuge verweigert Aussage

Im NSU-Prozess hat am 87. Verhandlungstag ein wichtiger Zeuge aus dem Umfeld der Terrorgruppe die Aussage verweigert. Im Ermittlungsverfahren hatte Max-Florian B. noch umfangreiche Angaben gemacht.

Stand: 24.02.2014 | Archiv

Blick in den Saal 101 im Strafjustizzentrum in den Nymphenburger Straße in München, wo der NSU-Prozess stattfindet. | Bild: picture-alliance/dpa

Seine Aussagen füllen einen ganzen Aktenordner und hatten die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wie auch den Mitangeklagten André E. belastet. Auf einen Anwalt hatte er damals verzichtet - er wolle sich nicht verstecken. B. habe sich "sehr kooperativ verhalten von Anfang an", sagte ein BKA-Beamter am Donnerstag. Irgendwann muss Max-Florian B. seine Meinung geändert haben. Zu seiner Vernehmung vor Gericht erschien der 36-Jährige in Begleitung eines Anwalts. Wie vorher angekündigt, berief er sich auf das Recht, die Aussage zu verweigern, um sich nicht selbst der Strafverfolgung auszusetzen. Stattdessen wurden Vernehmungsbeamte gehört. B. ist nicht der erste Zeuge, der sich vor Gericht deutlich schweigsamer zeigt als in den Vernehmungen zuvor.

Neue Identität für Mundlos

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen B. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Er hatte Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach deren Untertauchen 1998 eine Zeit lang Unterschlupf gewährt. Zeitweise teilte er seine Zwei-Zimmer-Wohnung in Chemnitz mit den drei mutmaßlichen Neonazi-Terroristen. Nachdem sich Böhnhardt und Mundlos am 4. November 2011 umgebracht hatten, wurde ein auf B. lautender Pass in dem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. Das Passfoto zeigt jedoch Mundlos. B. hatte zugegeben, dass er den Dreien seinen Ausweis geliehen hatte, damit sich Mundlos einen Pass ausstellen lassen konnte. Auch eine Geburtsurkunde von B. wurde in der Zwickauer Wohnung der drei gefunden. Mundlos trat unter B.s Namen auf; von Bekannten ließ er sich "Max" nennen. Ähnlich wie bei dem Mitangeklagten Holger G. hielten die Drei Kontakt zu B. - wohl auch, um über sein Leben auf dem Laufenden zu bleiben. Auf der Rückseite der Geburtsurkunde waren die Namen und Geburtsdaten von B.s Kindern notiert.

Sparschweine für die Kinder

Einmal hätten die drei mutmaßlichen Mitglieder der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ihm Sparschweine für seine Kinder geschenkt, mit jeweils 100 Euro darin, erzählte B. den Beamten. B. war auch bei Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zu Besuch in Zwickau. Die Wohnung sei "spießig und kitschig" eingerichtet gewesen, erzählte er. "Ich habe weder Nazi-Symbole, noch Waffen, noch besondere Sicherungen oder sonstige Auffälligkeiten außer einem Hometrainer festgestellt", heißt es in dem Protokoll, aus dem der Vorsitzende Richter vorlas.

Zschäpe war gleichberechtigt

Zschäpe habe in der Gruppe eine "gleichberechtigte Stellung" gehabt, heißt es in den früheren Aussagen B.s. Sie sei auf keinen Fall ein "Mäuschen" gewesen, das den beiden Männern nur das Essen kochte. Diese Aussagen belegen der Anklage zufolge die wichtige Rolle Zschäpes und den Vorwurf der Mittäterschaft bei den Anschlägen der Terrorgruppe. Auch zum Mitangeklagten André E. hatte der gelernte Steinmetz B. den Ermittlern einiges gesagt - die drei mutmaßlichen Terroristen hätten zu E. offenbar engeren Kontakt gehalten. Ihm selbst scheint E. irgendwann eher auf die Nerven gegangen zu sein - nach einer Weihnachts-SMS mit dem Gruß "Heil Odin!" habe er den Kontakt abgebrochen. Der Prozess soll am kommenden Dienstag fortgesetzt werden.


0