Tageszusammenfassung, 339. Tag, 24.01.17 Zschäpe meldet sich zum zweiten Mal zu Wort
Das Gezerre um das psychiatrisch-forensische Gutachten über die Hauptangeklagten geht weiter. Heute hat Beate Zschäpe sich dazu sogar selbst eingelassen.
Es ist das zweite Mal in fast vier Jahren das die Hauptangeklagte Beate Zschäpe sich im NSU-Prozess persönlich zu Wort meldet. Zwei Sätze nur, in denen es um einem Brief geht, den sie aus dem Gefängnis an einen anderen inhaftierten Neonazi geschrieben hat. Was Zschäpe konkret sagt, ist vergleichsweise unbedeutend, dass sie sich aber überhaupt einlässt, dass sie selbst das Wort ergreift, zeigt deutlich, dass es für sie im NSU-Prozess derzeit um sehr viel, wenn nicht sogar alles geht.
Stundenlange Wortgefechte
Fast den ganzen Verhandlungstag versuchte Zschäpes neuer Wahlverteidiger Hermann Borchert heute, das psychiatrisch-forensische Gutachten von Professor Henning Saß auseinanderzunehmen – denn der Sachverständige bescheinigt Zschäpe volle Schuldfähigkeit und zieht auch eine mögliche Wiederholungsgefahr in Betracht. Das Gutachten könnte die Grundlage dafür sein, dass Beate Zschäpe nicht nur zu einer hohen Haftstrafe verurteilt, sondern anschließend sogar in Sicherungsverwahrung genommen wird – dass sie also tatsächlich lebenslang eingesperrt werden könnte.
Um das zu verhindern, hat Zschäpe heute sogar selbst gesprochen. Ihr Anwalt Borchert versuchte zudem die Selbstdarstellung seiner Mandantin zu untermauern, wonach sie keinesfalls emotionslos sei. Vielmehr sei sie von ihren Altverteidigern Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl dazu angehalten worden, vor Gericht keine Aussage zu machen und keine Gefühlsregungen zu zeigen. Außerdem insistierte Borchert darauf, dass Beate Zschäpe sich glaubhaft vom Rechtsextremismus distanziert habe. Trotz stundenlanger Debatten, die teils in Wortklaubereien ausarteten, gelang es der Zschäpe-Verteidigung jedoch nicht, die Aussagen, die Saß in seinem Gutachten gemacht hat, zu erschüttern. Am Nachmittag wurde die Befragung des Sachverständigen unterbrochen, morgen haben dann Zschäpes Alt-Verteidiger Sturm, Stahl und Heer die Möglichkeit, ihre Fragen zu stellen.