NSU-Prozess


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NSU-Prozess Er kam, sah und ließ unterbrechen

Der Münchner Jurist Mathias Grasel ist vierter Pflichtverteidiger der Hauptangeklagten im NSU-Prozess. Das Oberlandesgericht (OLG) München gab einem entsprechenden Antrag Beate Zschäpes statt. Wie erwartet wird der Prozess nun erst einmal unterbrochen.

Von: Tim Aßmann

Stand: 06.07.2015 | Archiv

Beate Zschäpe am 11.05.2015 im Gerichtssaal des Landgerichts München | Bild: imago/Sebastian Widmann

Der zuständige Senat habe entschieden, ihn als weiteren Pflichtverteidiger von Zschäpe zuzulassen, schrieb der 30-jährige Jurist in einer kurzen Pressemitteilung. Zschäpe habe ihn darum gebeten. Grasel hatte die Hauptangeklagte in der Haft in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim besucht. Seinen Einstieg in das seit mehr als zwei Jahren laufende Mammutverfahren mit bisher 215 Verhandlungstagen nannte der Anwalt eine "große Herausforderung". Er werde dabei im Hintergrund von einem renommierten Strafverteidiger mit langjähriger Erfahrung unterstützt. Damit meint er möglicherweise einen Kollegen, der Zschäpe ebenfalls in der Haft aufsuchte. Grasel selbst ist erst seit rund vier Jahren Anwalt.

Neubesetzung führt zur Verhandlungspause

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat den NSU-Prozess unterbrochen. Alle drei Verhandlungstermine dieser Woche wurden abgesetzt. Außerdem strich das Gericht zwei weitere Termine im Juli. Es folgte damit teilweise einem Antrag des neuen, vierten Verteidigers von Beate Zschäpe, Mathias Grasel. Dieser hatte sogar eine dreiwöchige Verhandlungspause verlangt, um sich in den Prozessstoff einarbeiten zu können. Dem folgte das Gericht aber nur teilweise und machte geltend, dass die Angeklagte weiterhin auch von ihren drei bisherigen Anwälten verteidigt werde.

Zschäpe: Schlechtes Verhältnis zu Verteidigertrio

Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer, Anja Sturm (v.l.n.r.)

Das Verhältnis der Hauptangeklagten zu ihren bisherigen drei Anwälten gilt als belastet. Zuletzt hatte sie versucht, Verteidigerin Anja Sturm vom Mandat entbinden zu lassen. Der entsprechende Antrag scheiterte aber am OLG. Es sah keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Verhältnis zwischen Zschäpe und Sturm so zerrüttet sei, dass die Anwältin ihr Mandat als Pflichtverteidigerin nicht mehr ausüben kann. Zschäpe hatte Sturm und den beiden Mit-Verteidigern Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl vorgeworfen, sie unter Druck zu setzen. Sie überlege, "etwas auszusagen", erklärte Zschäpe in einem Brief an das Gericht, ohne konkreter zu werden. Ihre Anwälte hätten aber gedroht, sie dann nicht mehr vertreten zu wollen. Die drei Juristen wiesen diesen Vorwurf zurück.

Mathias Grasel im Kurzporträt

Grasel studierte nach eigenen Angaben Rechtswissenschaften in Konstanz und München. Während seines Studiums und dem anschließenden Referendariat arbeitete er in einer namhaften Münchener Strafrechtskanzlei. Im Anschluss an das Studium leistete er das zweijährige Rechtsreferendariat beim OLG München ab. Nach der Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2011 war er zunächst als angestellter Rechtsanwalt in einer ebenfalls ausschließlich auf das Strafrecht ausgerichteten Kanzlei tätig. Im Jahr 2014 gründete er eine eigene Kanzlei - mit Schwerpunkt Strafrecht.

Im Internet ist Grasel auf mehreren Webportalen als juristischer Experte registriert, der Fragen zu rechtlichen Problemen beantwortet. Auf einer dieser Seiten war er bis in die letzten Tage besonders aktiv. Dort wird er mit 126 Beiträgen gelistet - meist zu Alltagsthemen wie Betrug bei Internetgeschäften, Blitzer-Knöllchen oder Streit unter Nachbarn. 


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