"Houston, wir ham Geburtstag!" 50 Jahre Deutsches Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen
Sobald ein Satellit in die Erdumlaufbahn startet, muss er von Spezialisten am Boden betreut werden. In Deutschland ist dafür das Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen bei München zuständig. Vor 50 Jahren, am 1. März 1968, ging es los. Damals mit einem kleinen Team.
Deutsches Raumfahrtkontrollzentrum GSOC in Oberpfaffenhofen: Wenn Dr. Dieter Sabath eine spektakuläre Aussicht haben will, wie sie sonst nur Astronauten vorbehalten ist, dann zieht es ihn auf die Besucherbrücke. Von der verglasten Galerie aus kann er in die einzelnen Kontrollräume sehen.
Rund um die Uhr Live-Bilder von der ISS
Im Kontrollraum K4 laufen auf einer riesigen Projektionswand rund um die Uhr Live-Bilder von der Internationalen Raumstation ISS. Der Projektleiter für den Betrieb des europäischen Forschungsmoduls Columbus gerät beim Anblick der Erde ins Schwärmen: "Das sind natürlich die schönsten Bilder, die man sonst nicht sieht. Das genieße ich, wenn ich hier vorbeigehe."
Seit zehn Jahren kreist Columbus als Teil der ISS um die Erde. Und genauso lange ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR mit dem GSOC, dem German Space Operations Center, für das Weltraumlabor zuständig: in drei Schichten, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
Das Team in Oberpfaffenhofen koordiniert das wissenschaftliche Programm im Weltraumlabor und sorgt dafür, dass die Ressourcen für die Versuche ausreichen. "Wir sind dafür verantwortlich, dass das Columbus-System funktioniert", erklärt Sabath. "Wir sind diejenigen, die Strom und Kühlung für die Experimente zur Verfügung stellen, die Messdaten zur Erde leiten und an die Wissenschaftler weiterverteilen."
Start unter Zeitdruck – Das Raumfahrtkontrollzentrum entsteht
Vor 50 Jahren war allerdings nicht absehbar, dass das Kontrollzentrum einmal so intensiv mit bemannter Raumfahrt beschäftigt sein würde. Als am 1. März 1968 das erste Team aus fünf Physikern und Ingenieuren seine Arbeit aufnahm, ging es erst einmal darum, in kürzester Zeit ein Satelliten-Kontrollzentrum zu planen und einzurichten.
Knapp ein Jahr später stand bereits der Rohbau. Und ab November 1969 hatte die inzwischen mehr als fünfzigköpfige Mannschaft ihre erste Bewährungsprobe zu bestehen: Acht Monate lang steuerte sie AZUR, den ersten deutschen Forschungssatelliten. Es folgten immer anspruchsvollere Missionen, darunter die Sonnensonden Helios 1 und 2.
Doch ab Mitte der 1970er-Jahre blieben neue Projekte aus. und das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum geriet in eine Krise. Bis es in das Spacelab-Programm eingebunden wurde.
Vertrauensbeweis – Das GSOC kontrolliert Spacelab-Experimente
Beim Jungfernflug des europäischen Raumlabors Spacelab mit dem deutschen Astronauten Ulf Merbold Ende 1983 betreute das GSOC von Oberpfaffenhofen aus die Experimente europäischer Materialwissenschaftler. Damit überzeugte man offenbar auch die Verantwortlichen der NASA.
Zwei Jahre später, bei der ersten Spacelab-Mission unter deutscher Federführung, durfte das GSOC alle Experimente kontrollieren. Ein großer Vertrauensbeweis, wie Astronaut Prof. Reinhold Ewald betont, der mehrere Jahre für das Raumfahrtkontrollzentrum gearbeitet hat: "Das war das erste Mal, dass die NASA das so aus der Hand gegeben hat. Und das war natürlich auf die gute Vorarbeit mit den anderen Missionen zurückzuführen."
Auch bei der zweiten deutschen Spacelab-Missionen D 2 herrschte Hochbetrieb in Oberpfaffenhofen. Zusätzlich zur Betriebsmannschaft waren die Wissenschaftler vor Ort, deren Experimente im Raumlabor liefen.
Immer im Blick – Satelliten brauchen Kontrolle
Parallel zu den ersten Astronautenmissionen begann das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum ab Mitte der 1980er-Jahren auch wieder verstärkt Satelliten und Sonden zu betreuen. Darunter das Röntgenteleskop ROSAT, das mehr als 100.000 neue Röntgenquellen im All entdeckte. Über ein eigenes Kontrollzentrum in Köln war das GSOC auch für die Kometen-Landesonde Philae zuständig.
Im Moment steuert das Kontrollzentrum neben Columbus sechs Satellitenmissionen, darunter das Satelliten-Paar TerraSAR-X und TanDEM-X. Die beiden Radarsatelliten erstellen ein digitales Höhenmodell unseres Planeten. Dazu rasen sie im engen Formationsflug um die Erde. Gleichzeitig schrauben sich ihre Bahnen umeinander.
"Als wenn Vettel in Monaco durch die Straßen fetzt"
Dr. Martin Wickler, den stellvertretenden Leiter im Missionsbetrieb des GSOC, erinnert das an ein Formel-1-Rennen: "Die Satelliten fliegen in 200 Meter Abstand mit 27.000 Stundenkilometern Geschwindigkeit. Es ist fast so, als wenn Vettel in Monaco durch die Straßen fetzt. Man sollte schauen, dass die Satelliten nicht irgendwie zusammenstoßen." Denn das wäre das Ende der Mission. Entspannt zurücklehnen kann sich die Mannschaft des Deutschen Raumfahrtkontrollzentrums auch nach 50 Jahren und mehr als 70 Missionen nicht.