Asylbewerber in Kabul gelandet "Keine Sicherheit, keine Arbeit, kein Leben"
Wider Willen zurück in der Heimat: Die von München ausgeflogenen 15 abgelehnten Asylbewerber aus Afghanistan sind in Kabul gelandet. Sie seien wütend und müde, hieß es. Das bayerische Innenministerium verteidigt die umstrittene Sammelabschiebung.
Das Flugzeug mit den 15 Migranten an Bord erreichte die afghanische Hauptstadt am Dienstagmorgen um kurz vor 7.00 Uhr (Ortszeit). Die Ankunft sei ruhig verlaufen, sagte der Sprecher des Flughafens in Kabul. Er fügte hinzu: Die Ankömmlinge hätten einen müden und wütenden Eindruck gemacht.
Viele der abgeschobenen Flüchtlinge verstehen nicht, warum sie Deutschland verlassen mussten: Obaid R. aus der ostafghanischen Provinz Nangarhar, sagte, er habe sieben Jahre lang in Landshut gelebt. Er habe Arbeit gehabt, habe Computer repariert.
Als der 24-Jährige von seiner bevorstehenden Abschiebung gehört habe, sei er geflohen, aber die Polizei habe ihn wieder eingefangen und drei Wochen lang festgehalten. Er werde trotzdem versuchen, nach Deutschland zurückzugehen. "Hier gibt es keine Sicherheit, keine Arbeit, kein Leben", sagte R.
Herrmann verteidigt Sammelabschiebung
Für Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gibt es keinen Anlass, die Abschiebungen nach Afghanistan in Frage zu stellen. Es gebe dort gesicherte Provinzen, in die abgelehnte Asylbewerber zurückgeführt werden könnten, so laute die korrekte Bewertung der Lage durch den Bund. Bedrohungen durch radikale Kräfte seien nicht allein ein Problem Afghanistans, sondern in vielen Teilen der Welt, sagte der CSU-Politker.
"Bei den Abgeschobenen handelte es sich ausnahmslos um allein stehende Männer. Einige von ihnen waren in ihrem Gastland auch straffällig geworden", teilte das bayerische Innenministerium mit. Es war die insgesamt vierte Sammelabschiebung, seit Dezember sind nun insgesamt 92 Männer nach Afghanistan zurückgeflogen worden.
Protest von Demonstranten und den Grünen
Etliche Demonstranten waren zuvor zu einer Protestaktion am Münchner Flughafen gekommen, zu der der bayerische Flüchtlingsrat aufgerufen hatte. Sie bildeten eine Menschenkette, verteilten Flyer und brachten mit Transparenten und Redebeiträgen ihren Unmut gegen die Abschiebungen zum Ausdruck. Unterdessen hat auch die Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtags-Grünen, Katharina Schulze, gegen die Abschiebung protestiert:
"Afghanistan ist kein sicheres Land. Wir fordern Ministerpräsident Seehofer auf, einen Stopp einzureichen, dass keine geflüchteten mehr nach Afghanistan abgeschoben werden, und darüber hinaus muss endlich der SPD-Außenminister eine Neubewertung der Sachlage in Afghanistan vornehmen."
Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der bayerischen Landtags-Grünen
Wie sicher ist Afghanistan?
Die Bundesregierung sieht die Lage in Afghanistan anders, ebenso die bayerische Staatsregierung. Vor "normalen" Reisen nach Afghanistan warnt das Auswärtige Amt allerdings eindringlich. Aus Sicht der Abschiebungsgegner ist das ein Widerspruch. Dennoch wollen Bayern und Bund bei Abschiebungen und auch bei Sammelabschiebungen die Schlagzahl deutlich erhöhen.